Steengracht: Aus für Moyland, aus für Baron?

Abb.:"Chronik Schloß Moyland", Herausgeber: Stephan de Lange in Zusammenarbeit mit Johannes Hidding, Franz-Josef Lensing; Franz Weyers, Druck: B.o.s.s Druck und Medien GmbH Kleve 2001, ISBN 3-933969-17-4
  • Abb.:"Chronik Schloß Moyland", Herausgeber: Stephan de Lange in Zusammenarbeit mit Johannes Hidding, Franz-Josef Lensing; Franz Weyers, Druck: B.o.s.s Druck und Medien GmbH Kleve 2001, ISBN 3-933969-17-4
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„Museum Moyland droht das Aus“
Und zum Ende des Berichts mal wieder: „Einer kann sich übrigens zurücklehnen – Adrian Baron von Steengracht. Im Falle der Auflösung der Stiftung geht das Schloss wieder in seinen Besitz über.“ (Kurier am Sonntag)
Wenn schon Steengracht, dann Familie oder Herr Steengracht. Warum?
Hier die Erklärung:

Friedrich II. König von Preußen (Alter Fritz) verkaufte Schloss Moyland am 29. Dez. 1766 an Jonkheer Adriaan Steengracht (*3.2.1720 †3.12.1773). Fünfzehn Jahre zuvor, am 2. Nov. 1751, erhielt Adriaan Steengracht per Kabinetts-Ordre den preußischen Freiherrentitel „Baron“ verliehen. Adriaan Steengracht nannte sich selbst „Grand Ballies Steengracht“ („Grand Ballies“ ist der Großmeister eines Ritterordens). Der Freiherrntitel „Baron“ wurde nicht vererbt, da Baron Adriaan Steengracht (er blieb Junggeselle) keine leiblichen Nachkommen hatte.
Grand Ballies Steengracht, der Baron, vererbte Moyland an den Sohn seines Vetters Adriaan Steengracht an Galenus Dignus Steengracht (*3.12.1763 †26.8.1839). Auch Galenus Dignus Steengracht blieb kinderlos. Er vererbte Moyland an…
Hier mal eine Denkpause: Der Baron-Titel wurde also nicht weitervererbt. Und nur durch Erbfolge konnte dieser Titel weitergegeben werden.
…seinen Vettersohn Jonkheer Johan Steengracht (*11.7.1782 † 17.12.1846). Dieser Johan Steengracht ist der direkte Vorfahr von den heutigen Steengrachts.
Jonkheer Johan Steengracht vererbte an seinen ältesten Sohn Nicolaas Johan Steengracht (*13.6.1806 †4.10.1866).
Nicolaas Johan Steengracht vererbte an seinen ältesten Sohn Nicolaas Adriaan Steengracht (*13.3.1834 †29.6.1906).

Nicolaas Adriaan Steengracht erhielt mit dem Königlichen Beschluss vom 19. Dezember 1888 den (niederländischen) Titel Baron bei Erstgeburt. Baron Nicolaas Johan wurde 1902 in Preußen naturalisiert. Nach niederländischem Adelsrecht vererbte er denTitel Baron auf seinen ältesten Sohn, Baron Hendrik (*1869 †1932) und nachher auf seinen Enkel Baron Henry Adolf Adriaan Gustav (*1905 †1977) und Urenkel Baron Henry Nicolaas Antony Westrouw Nigel ( *1930). Der Baronstitel ging also nicht an seinen Sohn Gustav, der Moyland erbte und somit auch nicht an die heutige Familie Steengracht.

Nicolaas Adriaan Steengracht vererbte an seinen Sohn aus zweiter Ehe Gustav Adolf von Steengracht (*15.11.1902 †7.7.1969). Seinen ältesten Sohn aus erster Ehe enterbte er. Das Enterben ging jedoch nur indem er die deutsche Staatsangehörigkeit annahm. Dadurch verlor sein Sohn aus zweiter Ehe, der Erbe Gustav Adolf, der nun ebenfalls deutscher Staatsbürger war, alle Titel.
Nochmals eine Denkpause: „Von Steengracht“? Wie kann das? Stephan de Lange (Hrsg.) schreibt dazu in mehreren Passagen in seinem Buch „Chronik Schloß Moyland“ folgendes:
„Der Namenszusatz „von“ bei den zuletzt genannten Personen ist, wie der gelegentlich in der Presse benutzte Zusatz „von Moyland“ kein ererbter oder verliehener Adelstitel. Er wurde vermutlich der Geburtsurkunde aus dem Jahre 1902 irrtümlich zugefügt.“ An anderer Stelle schreibt de Lange, dass der Zusatz „von“ absichtlich hinzugefügt wurde.
Gustav Adolf von Steengracht vererbte an seinen Sohn den heutigen „Baron“ Adriaan Nicolaus Adolf von Steengracht. Er nennt sich und lässt sich nennen: Adrian Baron von Steengracht oder Baron Steengracht von Moyland.
Halten wir mal fest: Sein Vater Gustav Adolf hatte die deutsche Staatsangehörigkeit angenommen. Nach deutschem Recht von 1919 verlor er damit alle Adelstitel. Adelstitel dürfen seitdem nur als Namenszusatz geführt werden. Wenn man korrekt ist, kann nur der Titel „Jonkherr“ als Namenszusatz verwendet werden. Den Freiherrentitel „Baron“ kann er nicht führen, auch nicht als Namenszusatz.
De Lange schreibt in seinem Buch unter „Die Familie Steengracht und der Adel: „Unverständlich ist der großzügige Umgang der Familie Steengracht mit dem Freiherrntitel sogar in öffentlichen Bekundungen und Dokumenten. Nur der Erwerber von Schloß Moyland Adriaan Steengracht erhielt von Friedrich dem Großen den Freiherrntitel. Da er keine leiblichen Nachkommen hatte und auch keine Information über eine Adoption vorliegt, hatten die Nachfolgenden Eigentümer von Moyland nicht das Recht, sich Freiherrn nennen zu lassen. Da diese zwar Eigentümer aber nicht Grundherr der Herrlichkeiten Moyland und Till wurden, stand ihnen als Niederländer nur der Titel Jonkheer zu. Nach Annahme der deutschen Staatsangehörigkeit fiel auch dieser, zusammen mit allen dazugehörigen Pflichten und Rechten, weg…“

Siehe auch: "Die Titulierung „Baron“ (Freiherr) ist insoweit nicht richtig..." in Wikipedia: hier klicken

In dem vom Deutschen Adelsarchiv herausgegebenen Adelslexikon ( Band XIV Limburg a. d. Lahn 2003) wird ein Baron Steengracht nicht genannt. Dies wurde mir von dort aus auch schriftlich bestätigt.

Sollte das Geschlecht „Steengracht“ in jüngerer Zeit in den niederländischen Freiherrenstand (= Baron) erhoben worden sein?
In der „veertiende adelslist“, so wie auch in der „vijfde list van veranderingen of vermeederingen van adellijke“, gibt es keinen Eintrag. Diese Listen werden: Op grond van het K.B. van 26 januari 1822 (Stb. 1), art. 2, worden met een zekere regelmaat zogenaamde adelslijsten vastgesteld en gepubliceerd van personen aan wie adeldom is verleend ten behoeve van de bekendheid bij publiekrechtelijke instellingen.

Tiel und Anrede:
Kaiser, „Kaiserliche Majestät“
König, „Königliche Majestät“
Erzherzog, „Kaiserliche Hoheit“ und „Königliche Hoheit“
Grossherzog, „Königliche Hoheit“
Kurfürst, „Königliche Hoheit“
Herzog, „Königliche Hoheit“
Grossfürst, „Königliche Hoheit“
Markgraf, „Hoheit“ oder „Durchlaucht“
Fürst, „Hoheit“ oder „Hochfürstliche Durchlaucht“
Graf, „Erlaucht“
Freiherr / Baron „Hochwohlgeboren“
Vizegraf, „Hochwohlgeboren“
Ritter „Hochwohlgeboren“
Edler, „Hochwohlgeboren“
Junker, „Hochwohlgeboren“

Im Jahr 2000 lud Steengracht zur Hochzeit seiner Tochter. Auf der Einladung stand: Baronin und Baron von Moyland. Auf der Antwortkarte stand: Seine Hoheit und Ihre Hoheit. So schnell wird man vom Junker zum Baron zum Herzog zum ?

Fassen wir mal zusammen:
Den Titel „Baron“ kann Herr Steengracht nicht vom Jonkheer Adriaan Steengracht, der 1766 das Schloss vom König von Preußen kaufte, herleiten. Auch von seinem Großvater, Nicolaas Adriaan Steengracht, der den Baronstitel nach niederländischem Recht an seinen ältesten Sohn Nicolaas Johan (Halbbruder von Gustav Adolf) vererbte, ist der Titel nicht abzuleiten. Der Großvater, Nicolaas Johan, nahm dann noch die deutsche Staatsangehörigkeit an um seinen ältesten Sohn Nicolaas Johan zu enterben. Dadurch wurde der Großvater vom heutigen Steengracht, zusätzlich zu dem verlorenen Baronstitel, auch alle anderen Titel genommen. Einzig und alleine kann Herr Steengracht den Namenszusatz „Jonkheer“ oder „Junker“ führen. Auch das „von“ Steengracht ist nicht korrekt. Dieses von kann nur als Herkunft angeführt werden, also vor dem Namen Moyland. Demnach wäre folgende Betitelung richtig:
Jonkheer Adriaan Nicolaus Adolf Steengracht von Moyland

Quellennachweise:
- ADELSLEXIKON (Band XIV [Buchstaben Stae-Tra], Limburg a.d. Lahn 2003)
- HOGE RAAD VAN ADEL in NL
- Opmerkingen over de geslachten (Nederlands Adelsboek von W.J.J.C.Bijleveld)
- Wikipedia
- Adelsforum R.-D. Krause
- Chronik Schloss Moyland Stephan de Lange (Hoge Raad van Adel, Kirchengemeinde Moyland, Rijks Archif Zeeland, Rijks Archif Arnhem, Henry Nicolaas Antony Westruw Nigel Steengracht von Moyland, Rijksbureau in s`Gravenhage uvm.)

Autor:

Günter van Meegen aus Bedburg-Hau

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