Sechs Kilo Leben
Andreas Howald macht kein großes Aufheben von der Sache. Und doch lässt sich spüren, dass ihn „die Sache“ tief berührt. Andreas Howald hat im zu Ende gehenden Jahr etwas Besonderes erlebt: Seine Bereitschaft, Knochenmark zu spenden, hat einem Kind in den USA hoffentlich das Leben geschenkt.
Ob das Kind überlebt, ob die Krankheit überwunden ist, das wird Andreas Howald zwar erst in ein paar Wochen erfahren - doch seine Gedanken sind in den USA, sind bei den Eltern, die um das Leben ihres Kindes bangten. „Ich bete manchmal, dass alles gut geht“, gesteht der Bedburg-Hauer Feuerwehrmann, selbst auch Vater.
Begonnen hat alles so: „Eines Tages fand ich in meinem Briefkasten einen Flyer von der Deutschen Knochenmarkspenderdatei - ich habe mir die Information durchgelesen und dachte, dass das eine gute Sache wäre.“
Andreas Howald beließ es nicht beim Denken. Er forderte ein Typisierungsset an - ein Wattestäbchen im Glas, nahm selbst einen Mundabstrich vor und schickte alles an die entsprechende Adresse. „Ich bin auch regelmäßiger Blutspender - 118 Mal habe ich inzwischen gespendet - ich halte diese Spenden für wichtig“, so der Bedburg-Hauer.
Als Andreas Howald Ende September aus dem Urlaub zurückkam, wartete ein Brief auf ihn: Seine Spende würde passen, ob er noch bereit sie, Knochenmark zu spenden, stand darin. „Ja, sicher, ich war bereit dazu“, sagt Andreas HowaldEr ging zum Hausarzt, ließ sich Blut abnehmen, bekam die Bestätigung, dass seine Spende tatsächlich passen würde. Am 30. Oktober ging es dann zum Vorgespräch nach Köln. „Ich bin noch nie so gründlich untersucht worden“, lacht Howald. Der Operationstermin wurde festgelegt, genau erklärt, was gemacht werden würde.
Die Ärzte punktieren den Beckenkamm, entnehmen dort Knochenmark - bis zu eineinhalb Liter sind möglich. Während des Gespräches erklärte der Arzt, dass die Operation nicht gar zu lange dauern würde, denn: „Er sagte, der Empfänger wiege sechs Kilogramm - da war mir klar, dass der Empfänger ein kleines Kind sein müsse.“ Der Arzt habe die Gewichtsangabe wiederholt. Das Gedankenkarussell ging los. „Ich bin auch Vater. Was, wenn eines meiner Kinder so krank und auf eine Spende angewiesen wäre?“, fragte sich der Bedburg-Hauer auf dem Heimweg. „Da wurde mir ganz klar, dass es hier keine Fragen mehr geben könne, kein Abwägen des Für und Wider.“ Ja, sagt Andreas Howald, da seien auch Tränen geflossen.
Von vier Empfängern in den USA bekäme einer eine Spende aus Deutschland. „Der Prozentsatz ist so hoch, weil früher viele Deutsche nach Amerika auswanderten und das genetische Material sich dementsprechend sehr ähnlich ist“, hat Andreas Howald erfahren.
Am 20. November wurde das Knochenmark gespendet. „Es war nicht sehr schlimm - sicher hatte ich hinterher Schmerzen, aber das war alles auszuhalten.“
100 Tage nach der Spende wird Andreas Howald erfahren, ob es dem Empfänger besser geht, ob seine Spende Leben retten konnte.
Andreas Howald hat einen Brief geschrieben. Anonym. An die Eltern des Kindes. Das geht über die Knochenmark-Spenderdatei. „Meine Gedanken sind in den USA - meine Gedanken sind bei der Familie.“ Im kommenden Jahr will Andreas Howald seinen 22 Feuerwehrkameraden des Löschzuges Schneppenbaum die Knochemarkspende vorstellen - und sie alle bitten, sich typisieren zu lassen. Eine Aktion, von der er sich vorstellen kann, sie auch über den Schneppenbaumer Löschzug hinaus vorzustellen.
Autor:Annette Henseler aus Kleve |
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