Einzelhandelskonzept Bedburg-Hau
Offener Brief zur Beteiligung der Öffentlichkeit am „Einzelhandelskonzept der Gemeinde Bedburg-Hau"

Bereits im Integrierten Handlungskonzept 2017 wurde das Gelände der ehemaligen Grundschule als Fläche für den Einzelhandel dargestellt. Im Januar 2019 forderte die SPD „Einzelhandel statt Schule“. Seit einigen Wochen liegt nun das Einzelhandelskonzept Bedburg-Hau vor. "Das Schulgelände ist als wichtige Entwicklungsfläche des zentralen Versorgungsbereiches zu bewerten, das städtebaulich den Lückenschluss zwischen Klosterplatz und Alter Bahn ermöglicht und versorgungsstrukturell die Voraussetzungen zur Konzentration weiterer Versorgungseinrichtungen im zentralen Versorgungsbereich schafft. Als Potenzialfläche für eine Ansiedlung weiterer Einzelhandelsbetriebe steht der Entwicklungsbereich des ehemaligen Schulgeländes südlich des Rosendahler Weges zur Fortentwicklung des zentralen Versorgungsbereichs im Vordergrund. Der Entwicklungsbereich bietet aufgrund seiner Größe und Zuordnung die Möglichkeit, marktübliche Lebensmittel- und sonstige Fachmärkte und die notwendigen Stellplatzkapazitäten im Umfeld des innerörtlichen Geschäftsbereiches anzusiedeln."
Dagegen wendet sich Ratsmitglied Stephan Billen in einem offenen Brief. Hier ungekürzt: 

An die
Gemeinde Bedburg-Hau
Bürgermeister, Fraktionen, Presse Rathausplatz 1
47551 Bedburg-Hau
Mittwoch, 26. August 2020
Offener Brief zur Beteiligung der Öffentlichkeit am „Einzelhandelskonzept der Gemeinde Bedburg-Hau"
Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren,
der Rat der Gemeinde hat in seiner Sitzung vom 25.06.2020 die Fortschreibung des
Einzelhandelskonzeptes zur Kenntnis genommen. Die Offenlage ist bis zum 09.09.2020 terminiert. Deshalb möchte ich von der Gelegenheit zur Äußerung und Erörterung Gebrauch machen.
Der Ortskern der Gemeinde soll nicht zum Einkaufszentrum umgestaltet und es sollen keine weiteren Großmärkte angesiedelt werden.
1. Das Einzelhandelskonzept spricht davon, dass im Ortskern Schneppenbaum ein „zentraler Versorgungsbereich mit gesamtgemeindlichen Versorgungsfunktionen" entsteht. U.a. wird die Ansiedlung eines weiteren Lebensmittelmarktes genannt. Das bedeutet nichts anderes als ein Einkaufszentrum. Wir brauchen aber keinen weiteren Lebensmittelmarkt - zumindest nicht im Ortskern! Wir brauchen keine Doppelung des bisherigen alten Gemeinde-Zentrums.
2. Jahrelang wurde der Leerstand des bisherigen Gemeindezentrums beklagt. Es wurde auch beklagt, dass es keine Einflussmöglichkeiten auf die Besitzer gab. Nur mit viel Mühe ist es gelungen, den Leerstand zumindest teilweise zu beheben. Nun sollen wiederum Ortskernflächen veräußert und mit Geschäftsflächen versehen werden. Sollten Geschäftsinhaber aus dem bisherigen Gemeindezentrum in die Neubauten umsiedeln, droht wiederum weiterer Leerstand im alten Gemeindezentrum.
3. Großflächige Märkte führen dazu, dass dort abends und an Sonn- und Feiertagen — salopp ausgedrückt - „tote Hose", Vandalismus oder Randale ist.
4. Ein Markt benötigt außerdem nächtliche Zulieferung, die auch jetzt schon zu Ruhestörungen führt.
5. Durch Neubausiedlungen in Hasselt ist die empfohlene Nahversorgung neben Hau und Schneppenbaum auch in Hasselt sinnvoll.
6. Corona hat gezeigt, dass viele Menschen auf Onlineeinkäufe gewechselt sind. Dies wird langfristig zu Veränderungen im Einkaufsverhalten führen. Vieles wird auch zukünftig online eingekauft. Sollte sich dieser Prozess weiterentwickeln, könnte das zu großem Leerstand führen.
7. Es gibt im Kreis Kleve keine Gemeinde, deren Ortskern ein Einkaufszentrum mit mehreren Supermärkten ist. In allen Städten und Gemeinden sind Einkaufszentren ausgelagert.
Für die Entstehung des Einkaufszentrums soll die ehemalige Hauptschule abgerissen werden.
1. Das Gebäude hat einen Wert in mehrfacher Millionenhöhe. Ein Abriss vernichtet Vermögen der Gemeinde in großem Umfang. Aus dem Vermögenshaushalt der Gemeinde wären mit dem Abriss mehrere Millionen herauszustreichen! Ein Ausgleich durch den entstehenden Gegenwert ist zweifelhaft. Der Verlust trifft jeden Bedburg-Hauer.
2. Der Rat hat bisher noch nicht darüber diskutiert, was mit der ehem. Hauptschule bzw. dem Gebäude alternativ geschehen könnte. Das sollte doch zunächst passieren. Aber es gibt schon Planungen sie abzureißen, ohne dass über Alternativen diskutiert wurde!?
3. Noch vor 3 Jahren wurde bei der Vermietung des Gebäudes betont und vom Kreis Kleve bestätigt, in welch gutem Zustand das Gebäude ist. Ökologisch und ökonomisch ist es ein Armutszeugnis, wenn eine Gemeinde nicht in der Lage ist, ein solches Gebäude sinnvoll zu nutzen.
4. Die Grundschule in Schneppenbaum hat zu wenige Plätze, um Fachunterricht, erweiterte Ogata, Einzelförderung etc. angemessen durchzuführen. Die ehemalige Hauptschule bietet alle
Möglichkeiten, die die Grundschule braucht. Eine Anpassung des Gebäudes an
Grundschulbedingungen ist weitaus kostengünstiger. Das jetzige Grundschulgebäude ist z.B. für den Umbau zu Seniorenwohnungen bestens geeignet.
5. Alternativ denkbar wäre außerdem die teilweise Nutzung der Hauptschule für Vereine, VHS oder FBS.
6. Der Abriss soll dazu dienen, verlorene Kaufkraft zu kompensieren: von 35 Mio. fließen 2,7 Mio nicht in die Gemeinde, sondern wandern ab. Die Kompensation verlorener Kaufkraft ist unverhältnismäßig zum Verlust dieses Gebäudes.
7. In der Hauptschule ist die Heizung untergebracht, die auch Grundschule und Turnhalle beheizt. Für diese Einrichtungen wäre ein kostenaufwändiger Ersatz zu schaffen.
Das Leben im Ortsteil Schneppenbaum darf nicht weiter belastet werden. Wir brauchen gesellschaftliches Leben.
Der Ortskern einer Gemeinde soll das gesellschaftliche Leben der Gemeinde widerspiegeln. Er soll als Aushängeschild der Gemeinde zum Verweilen, sich Wohlfühlen, Willkommen-Sein einladen. Das ist in Zeiten von Isolation und Individualisierung besonders wichtig.
Nach dem vorliegenden Konzept geht es vor allem um Kommerz und „gesamtgemeindliche Versorgung".
Schneppenbaum als Ortschaft ist dabei ebenso wenig im Blick wie die Symbolkraft dieses Zentrums für Bedburg-Hau. Welche Aussage trifft eine Gemeinde, wenn sie eine (ehemalige) Schule abreißt, den Jugendtreff „Lupe" aus dem Ortskern entfernt und stattdessen einen Supermarkt ansiedelt!?
Hier sollte es möglich sein, nicht nur auf Konsum und Kommerz zu fokussieren, sondern Räume und Möglichkeiten für gesellschaftliches Leben, Treffpunkt, Austausch bereitzustellen.
Was wir für Bedburg-Hau/Schneppenbaum brauchen ist ein Ort, an dem gesellschaftliches Leben möglich ist, an dem sich Menschen treffen und austauschen oder gemeinsame Feste feiern können.
Denkbar wären z.B. ein Platz für Wochenmarkt, Adventsmarkt, Volksfeste, ein abendlicher Treffpunkt mit Dorfkneipe oder Biergarten, Grünanlagen, Kinderspielplatz, Jugendtreff. Der Hang an der Turnhalle könnte terrassenförmig angelegt und wie ein Amphitheater für Konzerte, Open-Air-Veranstaltungen, Sankt Martin etc. genutzt werden.
Das Einzelhandelskonzept soll in Abstimmung mit dem städtebaulichen Konzept Leitlinien für das
Gemeindegebiet aufzeigen. Ich möchte deshalb anregen, in Ergänzung zum Einzelhandelskonzept ein städtebauliches Konzept für den Ortskern in Auftrag zu geben (bzw. das alte fortschreiben zu lassen), das dann öffentlich besprochen und diskutiert wird.
Mit freundlichen Grüßen
Stephan Billen
PS: Dieses Anliegen wird von vielen Menschen unterstützt. Als symbolisches Zeichen dafür habe ich in wenigen Stunden über 40 Unterschriften gesammelt.

Autor:

Günter van Meegen aus Bedburg-Hau

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