Kleve, Kranenburg,Bedburg-Hau, Goch: Offener Brief von Prof. Dr. Wolfgang Lamers zu den Ereignissen und Vorgängen um die Lebenshilfe Kleve

23.02.2014
Sehr geehrte Politikerinnen und Politiker im Kreis Kleve,

mit dem angehängten offenen Brief, den ich auch an die Medien weiterleiten werde, möchte ich Sie einerseits über die Situation in der Lebenshilfe Kleverland informieren, aber Sie gleichzeitig auch um Ihre Unterstützung bitten. Ich hoffe, dass Sie die Zeit finden, meinen etwas ausführlicher formulierten Analysen, Überlegungen und Schlussfolgerungen zu folgen. Bitte entschuldigen Sie, wenn Sie diese Mail über mehrere Kanäle erhalten. Gerne dürfen Sie den Brief auch an Ihre Parteifreunde weiterleiten.
Sie freundlich grüßend
Prof. Dr. Wolfgang Lamers

Sehr geehrte Damen und Herren,
Ihnen allen werden die aktuellen Ereignisse und Vorgänge um die Lebenshilfe Kleve mehr oder weniger vertraut sein; vielleicht sind Sie ja sogar als Gemeinde unmittelbar davon betroffen. Ich schreibe Ihnen heute, weil ich auf Ihre Unterstützung hoffe. Ich weiß, dass mein Vorgehen eher ungewöhnlich ist und ich Ihnen eine längere Lektüre zumute. Aber die Vorgänge der letzten Woche machen mich nicht nur als Vereinsmitglied betroffen, sondern erschüttern mich auch als Wissenschaftler, der in diesem Fachgebiet lehrt und forscht.
Ein Blick zurück
Als ich 1975 mit meinem Studium der Sonderpädagogik begann, hörte ich zum ersten Mal in den Seminaren und Vorlesungen von der 'Lebenshilfe' und ich war zutiefst beeindruckt, was diese engagierte Elternschaft erreicht hatte. Nach der Zeit der Naziverbrechen, in der viele Menschen mit Behinderung (auch aus dem Kreis Kleve) getötet und für medizinische Experimente missbraucht worden waren, hatten Eltern nicht nur den Mut, sondern auch die Kraft, nicht selten gegen politische und gesellschaftliche Widerstände, für eine bessere Zukunft ihrer geistigbehinderten Kinder zu kämpfen. Als Elternverein ‚Lebenshilfe für das geistigbehinderte Kind‘, der 1958 gegründet wurde, schufen sie Frühförderstellen, Kindergärten, Werkstätten und setzten sich erfolgreich dafür ein, dass geistigbehinderte Kinder überhaupt eine Schule besuchen konnten. Bis zu dieser Zeit galten sie nämlich als ‚bildungsunfähig‘.
Während meines Studiums lernte ich auch Haus Freudenberg kennen. Ich absolvierte mehrere Praktika in der Werkstatt und in der gerade gegründeten Schule für Geistigbehinderte. Vor allem aber lernte ich die dortige Lebenshilfe kennen, die 1972 im Kreis Kleve gegründet worden war. Hier fand sich der Geist der Gründungsmütter und -väter der Lebenshilfe wieder, die ich bisher nur aus den Lehrveranstaltungen kannte. Die Eltern der Lebenshilfe in Kleve arbeiteten mit dem gleichen Nachdruck daran, eine bessere Zukunft für ihre geistigbehinderten Kinder zu gestalten. Dieses Engagement, aber auch so beeindruckende Persönlichkeiten wie Willi Böing oder Günter Elstner, die damals in der Lebenshilfe aktiv waren, trugen dazu bei, dass ich Mitglied in der Lebenshilfe Kleve wurde. Dies ist der einzige Verein, dem ich jemals beigetreten bin und er liegt mir nach wie vor am Herzen. Zu den damaligen Aktivitäten der Lebenshilfe gehörte auch die Gründung der ersten Wohnfamilie für Menschen mit einer geistigen Behinderung, die heute im gesamten Kreisgebiet zu finden sind. Diese neue Wohnform war absolut innovativ und hatte für die Fachwelt bundesweit Vorbildcharakter. Mehrere Sonderpädagogikstudentengenerationen machten Exkursionen in die Wohnfamilien in Kleve, es wurden zahlreiche wissenschaftliche Abschlussarbeiten und zwei Dissertationen über die herausragende Arbeit der Lebenshilfe in Kleve geschrieben.
Was ist daraus geworden?
Schauen wir uns zunächst wieder die Bundesvereinigung Lebenshilfe an, die vor kurzem ihr 55-jähriges Jubiläum feiern konnte. Einen guten Eindruck über die Entwicklung seither bekommt man auf der entsprechenden Homepage.
Wenn man die Seite der Bundesvereinigung öffnet, sieht man auf den ersten Blick, warum es ihr heute geht: Es stehen immer noch die Menschen im Mittelpunkt. Ein großes Foto mit sehr unterschiedlichen Personen vermittelt dies sehr eindrucksvoll. Man versteht nach kurzer Lektüre, was für die Lebenshilfe heute zentral ist: Sie will Menschen mit geistiger Behinderung so stärken, dass sie in die Lage versetzt werden, ihre Interessen selbst zu vertreten. Zu den vielen anderen innovativen Zielen des Grundsatzprogramms gehört, dass Menschen mit einer geistigen Behinderung in den Gremien des Vereins vertreten sind und mitentscheiden. Konsequent existieren die meisten Informationen auf der Homepage (auch das Grundsatzprogramm) in einfacher Sprache und können vorgelesen werden. Man spürt auf diesen Seiten, dass die Grundidee von Inklusion, Teilhabe und Demokratie wirklich ernst genommen wird. Die Bundesvereinigung Lebenshilfe hat sich in den letzten 55 Jahren kontinuierlich weiterentwickelt. Ein modernes und professionelles Management mit exzellenter Öffentlichkeitsarbeit und profunder Fachlichkeit gestaltet für Menschen mit geistiger Behinderung, unabhängig von Alter und von der Schwere der Behinderung, Zukunftsperspektiven für eine umfassende gesellschaftliche Teilhabe. Der Geist der Gründungsmütter und –väter lebt hier mehr denn je.
Ein vergleichender Blick auf die Internetseite der Lebenshilfe Kleverland e.V. erweckt zunächst außerordentliches Erstaunen, denn es existiert gar keine eigenständige Homepage, sondern man wird auf die Seite der Lebenshilfe gGmbH geführt. Hier findet sich dann lediglich eine einzelne Unterseite, die einige wenige und kaum substanzielle Aussagen über den Verein macht.
Schwerpunkt der Internetpräsenz der Lebenshilfe gGmbH sind dagegen die einzelnen Geschäftsbereiche. Dort, wo auf der Seite der Bundesvereinigung Menschen im Zentrum stehen, finden sich hier im Wesentlichen breitbandige Fotos von Dienstleistungen. Im Mittelpunkt steht eine Sache, eine Geschäftsidee. Hier spürt man zwar, dass sich ein wirtschaftlich erfolgreiches Unternehmen darstellen will (was ich durchaus legitim finde), aber die Darstellungen unterscheiden sich nicht von vergleichbaren Internetauftritten anderer Pflegedienste, Wohnanbieter oder Kindergartenträger.
Was hat das alles mit den aktuellen Tarifauseinandersetzungen zu tun?
Auf den ersten Blick zunächst nichts. Aber bei genauerer Betrachtung, zeigen sich auf verschiedenen Ebenen Zusammenhänge, die einen dramatischen Veränderungsprozess mit erheblichen Konsequenzen deutlich machen.
Die Lebenshilfe gGmbH gehört vermutlich mit ihren 450 MitarbeiterInnen zu den größeren Arbeitgebern im Kreis. Deshalb ist es auch in keiner Weise verwerflich, wenn die gGmbH wirtschaftlich verantwortlich handelt, im Gegenteil, es ist deren Pflicht. Und wenn die Zahlen, die in den letzten Wochen in der Presse zu lesen waren, nur halbwegs stimmen, dann steht dieses Unternehmen wirtschaftlich sehr ordentlich da. Allerdings hat dies einen Preis, der aus meiner Sicht mit zu den Hauptursachen der derzeitigen Auseinandersetzungen zu zählen ist.
Die Lebenshilfe hat, ohne es vermutlich zu merken, ihr Selbstverständnis verändert. Nicht mehr die Menschen stehen im Mittelpunkt (und damit meine ich sowohl die behinderten
Menschen als auch die MitarbeiterInnen), sondern die Leitprinzipien eines Wirtschaftsunternehmens. Dies musste zwangsläufig irgendwann zu Problemen führen, was sich jetzt eigentlich nur exemplarisch in der aktuellen Tarifauseinandersetzung niederschlägt. Es liegen noch zahlreiche andere Minen im Feld, die jeder Zeit explodieren können (Mitsprachemöglichkeiten der MitarbeiterInnen und der behinderten Menschen, Transpa-renz, konzeptionelle Versäumnisse, Partizipation und Inklusion...). Die MitarbeiterInnen in den Einrichtungen, ob in den Kindergärten, den Wohneinrichtungen oder den anderen Tätigkeitsfeldern der gGmbH, spüren, dass durch die Dominanz wirtschaftlichen Denkens und den damit verbundenen Veränderungen im Selbstverständnis der Lebenshilfe ihre konkrete praktische Arbeit, aber auch die Menschen mit Behinderung selbst, an Bedeutung verloren haben. Es scheint nicht mehr zentral zu sein, sich Tag für Tag für eine gute Zukunft der behinderten Menschen einzusetzen, sich für Veränderung, für Weiterentwicklung stark zu machen, innovativ wie in den Anfängen zu sein, wenn der wirtschaftliche Erfolg die ursprünglichen Leitprinzipien verdrängt hat.
Sind die Gehaltserhöhungen der MitarbeiterInnen der Kindertagesstätten berechtigt?
Man müsste am Verstand der MitarbeiterInnen zweifeln, wenn sie in einem so wirtschaftlich erfolgreich agierenden Unternehmen nicht auf die Idee kämen, in Form von Forderungen nach Lohnerhöhungen an diesem Erfolg zu partizipieren. Solche Forderungen sind keine Auswüchse postsozialistischer Wallungen! Im Gegenteil: Jedes kluge Unternehmen, das lernt ein Wirtschaftsstudent im ersten Semester, weiß, dass die Zufriedenheit seiner MitarbeiterInnen ihr größtes Kapital ist. Und ihre Zufriedenheit hängt natürlich auch mit einer Entlohnung zusammen, die dem wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens ent-spricht. Forderungen nach Mitbestimmung und angemessener Beteiligung am wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens sind wahrlich kein Privileg der Gewerkschaften. Sie sind auch Grundpfeiler einer christlichen Soziallehre, wie sie von Joseph Kardinal Höffner oder Oskar Nell-Breuning schon vor Jahrzehnten vertreten wurden. Wenn Papst Franziskus, dem man ja nun keine Nähe zu Frank Bsirske unterstellen kann, in seinem Apostolischen Schreiben "Evangelii Gaudium" vom 24. November 2013, eine kapitalistische Wirtschaftsordnung geißelt, die töte und eine Wegwerfkultur fördere, in der die Ausgeschlossenen nicht nur Ausgebeutete, sondern Müll und Abfall seien, dann kann man der Lebenshilfe Kleve, ohne zu unterstellen, dass sie in dieser drastischen Weise agiert, nur dringend empfehlen ihr Selbstverständnis zu überprüfen.
Ein seltener Akt der Schäbigkeit
Der Streik der MitarbeiterInnen der Lebenshilfe Kindertagesstätten dauert jetzt schon mehrere Wochen an. Eltern sind verzweifelt, für manche geht es um die nackte Existenz. Auch wenn Kinder, unabhängig davon, ob sie behindert sind oder nicht, sehr viel mehr verkraften können, als wir manchmal annehmen, kann man aus fachwissenschaftlicher Perspektive nicht mehr ausschließen, das langjährige mühevolle pädagogische Arbeit verloren geht.
Ich gestehe, ich bin in meiner nachfolgenden Darstellung parteiisch. Ich bin auf der Seite der Kinder, der Eltern und auch der MitarbeiterInnen, wenngleich ich auch hier sicher die eine andere kritische Anmerkung machen könnte.
Die schon vor langer Zeit geführten Gespräche der Erzieherinnen mit der Geschäftsfüh-rung der Lebenshilfe gGmbH zur Verbesserung ihrer Einkommenssituation erbrachten kei-nerlei Erfolg und haben dazu geführt, dass sie ihre Interessen nun durch die Gewerkschaft verdi vertreten lassen. Das ist eigentlich ein ganz normaler Vorgang und Teil unserer De-mokratie. Wir erleben und kennen alle die Rituale, die alljährlich bundesweit stattfinden. Die Gewerkschaft stellt Gehaltsforderungen, die Arbeitgeber empören sich mit immer wieder den gleichen stereotypen Argumenten. Dann empört sich wiederum die Gewerk-schaft über gerade diese Argumente und das zu geringe Gegenangebot. Irgendwann sit-zen alle am Tisch, und irgendwann kommt man zu einem Ergebnis, bei dem keiner sein Gesicht verliert und alle sich als Gewinner der Auseinandersetzung präsentieren können.
Diese Spielregeln scheint man bei der Lebenshilfe in Kleve nicht verstanden zu haben. Seit Wochen tobt ein unerbittlicher Arbeitskampf, der am Ende viele Verlierer haben wird.
Aktuell sind dies schon die Kinder und ihre Eltern. Verlierer wird aber auch der Arbeitgeber Lebenshilfe gGmbH sein, der, sollte es irgendwann zu einer Einigung kommen, größte Schwierigkeiten haben wird, wieder eine Vertrauensbasis zu seinen MitarbeiterInnen her-zustellen. Und auch das wird ihnen jeder Wirtschaftsfachmann bestätigen können: Misstrauen innerhalb eines Betriebs ist eine der größten Verhinderungsgewalten für wirt-schaftlich erfolgreiches Agieren. Dass das Ansehen der Lebenshilfe Kleve weit über die Grenzen des Kreises umfassend und nachhaltig geschädigt wurde und immer noch wird, muss ich nicht weiter ausführen.
Wer ist eigentlich verantwortlich für die Eskalation des Streiks?
Nun, das ist sicherlich eine Frage der Perspektive, aber aus meiner Sicht gibt es eindeutige Belege für Hauptverantwortlichkeiten. Ohne Zweifel verfolgt die Gewerkschaft direkte und indirekte Ziele und Interessen. Aber das gehört nun mal zu den Aufgaben einer Inte-ressensvertretung, auch wenn dabei so agiert wird, dass nicht nur lokale Anliegen in den Blick genommen, sondern auch übergeordnete Ziele, wie z. B. eine generelle Verbesse-rung der Gehaltssituation im sozialen Bereich verfolgt werden. Dass sich hier nun gerade der Streik der Lebenshilfe als öffentlichkeitswirksames Agitationsfeld anbietet, ist doch mehr als nachvollziehbar und konsequent. Die breite und seit Wochen anhaltende Präsens des Themas (ich kann mich an kaum ein Thema im Kreis erinnern, bei dem dies so der Fall war) in den Medien nicht zu nutzen, wäre aus Sicht der Gewerkschaft nicht nur dumm, sondern fast schon fahrlässig.
Wie sich die Arbeitgeberseite präsentiert, ist allerdings in keiner Weise nachvollziehbar, sondern im Gegenteil widersprüchlich, hochgradig unprofessionell und in extremer Weise schädlich. Wenn Sie sich die Berichterstattung der letzten Wochen anschauen, verging vermutlich kaum ein Tag, an dem Sie sich nicht erstaunt die Augen reiben mussten. Da lesen wir z. B. von nicht vorhanden finanziellen Spielräumen für Lohnerhöhungen, erfahren sogar, dass aus wirtschaftlichen Gründen ein Kindergarten geschlossen werden muss, es werden uns Drohkulissen in Form von Abgabe der Kindergärten an andere Träger präsentiert usw. Und dann präsentiert die Lebenshilfe gGmbH in einem vertraulichen Gespräch unter Ausschluss der Gewerkschaft ein Angebot, bei dem sogar eine Lohnerhöhung für alle Mitarbeiter der Lebenshilfe vorgeschlagen und der gerade noch aus wirtschaftlichen Gründen zur Schließung anstehende Kindergarten nicht nur weitergeführt, sondern sogar ausgebaut werden soll. Man könnte eine lange Liste von solchen Ungereimtheiten und Beispielen von unprofessionellem Agieren aufführen. Eins ist jetzt schon sicher: Sollte
es irgendwann zu einer Einigung zwischen den Tarifpartnern kommen, wird es für die Lebenshilfe sehr viel teurer als sie sich das jemals gedacht hat, und dabei lässt sich der Imageschaden nicht einmal pekuniär quantifizieren.
Wer sind eigentlich die verantwortlichen Akteure?
Wer die Presse aufmerksam verfolgt hat, hat schnell den Schuldigen gefunden. Hermann Emmers als Geschäftsführer der Lebenshilfe gGmbH wird uns von der Presse und zu Beginn auch von der Gewerkschaft immer wieder als Verantwortlicher präsentiert. Diese Verantwortlichkeit wurde auch immer wieder, ja fast schon gebetsmühlenartig, vom Vorsitzenden der Gesellschafterversammlung, Herrn Spreen, in die Medien transportiert. Aber ist das wirklich so? Zweifelsohne trägt der Geschäftsführer qua Amt eine Mitverantwortung für die Situation! Aber die Hauptverantwortung liegt für mich eindeutig beim Vorsitzenden der Gesellschafterversammlung, der in Personalunion auch noch Vorsitzen-der des Lebenshilfe-Vereins ist. Und in dieser Funktion agiert Herr Spreen nach Gutsherrenart und entzieht sich der persönlichen Verantwortung, indem er ständig die Rolle und Funktion wechselt, in der er gerade argumentiert und agiert. Da sind 50 verschiedene Funktionen, die er übernommen hat, schon ein großes Kapital mit vielen Variationsmöglichkeiten. Ich will nachfolgend ein paar Beispiele aus dem Geschehen der letzten Wochen skizzieren, anhand derer Sie sich selbst ein Bild machen können, wer wirklich verantwortlich ist. Vorweg noch ein Zitat aus dem Gesellschaftervertrag:
§ 11
Zustimmungsbedürftige Geschäfte
(1)
Die Geschäftsführer bedürfen der Zustimmung der Gesellschafterversammlung zu folgenden Rechtshandlungen:
[…]
7. Einstellung und Höhergruppierung von Angestellten, deren Vergütungshöhe oberhalb der Vergütungsordnungen der Lebenshilfe gGmbH- Leben und Wohnen liegt,
• Als vor einigen Tagen die NRZ berichtete, dass der Geschäftsführer Emmers keinerlei Zusagen bei den Tarifverhandlungen machen könne und nur die 5- köpfige Gesellschafterversammlung unter Vorsitz von Landrat Spreen dies darf, ließ Spreen eine Gegendarstellung drucken und drohte der Journalsitin juristische Konsequenzen an, falls sie dies nochmals behaupten würde. In der Gegendarstellung heißt es: „Wolfgang Spreen weist darauf hin, dass Geschäftsführer Hermann Emmers zu jeder Zeit uneingeschränkt vertretungsbefugt war und auch Tarifverträge abschließen darf.“ Grundsätzlich hätte die Gesellschafterversammlung dem Geschäftsführer diese umfassende Befugnis erteilen können. Das hat sie aber nicht getan, das weiß ich aus dem Kreis der Gesellschafterversammlung, sie hat ihm lediglich eine allgemeine Befugnis zur Verhandlung erteilt, nicht aber zum Tarifabschluss. Wenn dem so wäre, wäre ja kaum erklärbar, warum jetzt, bei allen drohenden Interessenkonflikten, Herr Spreen bei den Tarifverhandlungen mit am Verhandlungstisch sitzt.
• Bemerkenswerter Weise haben der Vorsitzende und der Geschäftsführer den streikenden Erzieherinnen ohne Beteiligung der Gewerkschaft ein schriftliches Tarifangebot unterbreitet, das ebenfalls nicht vorher mit der Gesellschafterversammlung abgestimmt war. Den Erzieherinnen wurde unter Androhung von Konsequenzen, nämlich der sofortigen Schließung der Tagesstätten, untersagt, mit diesem Angebot an die Öffentlichkeit zu gehen. Die Lebenshilfe hat noch am gleichen Abend dieses Verhandlungsangebot an die Presse weiter gegeben!
• Vor einigen Wochen lasen wir an einem Wochenende zunächst, dass der Kindergarten in Kranenburg aus wirtschaftlichen Gründen geschlossen werden müsse, und am nächsten Tag erfuhren wir, dass die vier weiteren Kindergärten an andere Träger abgegeben würden. Das könnte die Gesellschafterversammlung durchaus beschließen, hat sie aber definitiv nicht, denn die nächste Gesellschafterversammlung war erst in der darauf folgenden Woche.
• Am letzten Samstag war in der RP zu den anstehenden Verhandlungen von Herrn Spreen zu lesen: "Ich freue mich sehr, dass sich beide Parteien in einer ganz schwierigen Verhandlungssituation auf Tarifverhandlungen verständigt haben. Im Interesse der betroffenen Kinder und Eltern hoffe ich jetzt auf ein für die Lebenshilfe auch wirtschaftlich machbares Ergebnis am Montag." Auch wenn ich ihm seine Freude durchaus gönne, treibt mich doch ein gewisses Unbehagen, ob nicht auch das wieder eine der üblichen spreenschen Inszenierungen mit ungewissem Ausgang ist. Man muss sich doch verwundert die Augen reiben, wenn er sich jetzt über Verhandlungen freut. Warum sind diese nicht früher zielstrebig angegangen worden. Es wurden mehrfach neutrale Vermittler von Seiten der Gewerkschaft vorgeschlagen, die konsequent abgelehnt wurden. Die Bundesvereinigung Lebenshilfe hat in Person der Bundesgeschäftsführerin Frau Prof. Dr. Nicklas Faust nachdrücklich ihre Hilfe bei der Lösung des Konflikts angeboten. Diese wurde mit Hinweis auf die Autonomie der Ortsverbände genauso abgelehnt wie ein gleiches Unterstützungsangebot der Landesvereinigung Lebenshilfe durch den Landesgeschäftsführer Herrn Jürgen Wagner.
Diese Liste könnte ich noch um zahlreiche Punkte ergänzen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendjemand von Ihnen glauben kann, dass der Geschäftsführer Emmers solch weit-reichende Aktivitäten eigenmächtig und ohne Abstimmung unternommen hätte. Er hätte so gravierend gegen den Gesellschaftervertrag verstoßen, dass er jederzeit kündbar wäre. Da die Gesellschafterversammlung an vielen Punkten nicht involviert war, kann man nur davon ausgehen, dass dies alles auf Direktive von Spreen hin geschah, Emmers aber immer wieder öffentlich seinen Kopf hinhalten musste. Ich empfinde es mehr als perfide, dass Spreen zulässt, dass Herr Emmers öffentlich demontiert und anhaltend beschädigt wird, ja er sogar bewußt persönliche Nachteile des Geschäftsführers in Kauf nimmt. Grundsätzlich habe ich großen Respekt vor Menschen, die sich politisch engagieren, auch wenn sie andere Positionen vertreten als ich. Ich verabscheue jedoch Politiker, unabhängig von der Parteizugehörigkeit, die die Bürger, die sie wählen, als eine dumme, dumpfe Masse sehen, der man alles unterjubeln kann.
‚Kollateralschäden‘ sind mehr als wahrscheinlich
Mach eine(r) von Ihnen, der meinen Brief bis hierher gelesen hat, wird sich vielleicht fragen, was habe ich eigentlich damit zu tun, da sich in meiner Gemeinde, in meiner Stadt keine Lebenshilfeeinrichtungen befinden.
Dies halte ich allerdings für einen Trugschluss, da ich der festen Überzeugung bin, dass diese tarifrechtliche Auseinandersetzung in Kürze auch andere soziale Einrichtungen erreichen wird. Wesentlich gravierender werden allerdings die politischen Auswirkungen sein. Die Kommunalwahlen stehen vor der Tür und auch nur vor diesem Hintergrund lässt sich das Agieren von Herrn Spreen aus meiner Sicht erklären.
Den Mitgliedern der Christlich Demokratischen Union möchte ich nahelegen, einmal dar-über nachzudenken, ob die Ereignisse um die Lebenshilfe im anstehenden Wahlkampf nützen oder schaden können. Ich brauche Sie wohl nicht daran erinnern, dass die Affären um Poffalla und Linsen die Sympathiewerte Ihrer Partei in der Öffentlichkeit nicht unbedingt in die Höhe haben schießen lassen. Können Sie jetzt noch eine ‚Lebenshilfe-Affäre‘ gebrauchen? Oder setzten Sie darauf, dass bis zur Wahl alles wieder ‚unter dem Deckel‘ ist.
Die PolitikerInnen aus den diversen Oppositionsparteien werden sich vermutlich klamm heimlich die Hände reiben, erhofft man sich doch, von dieser Situation stimmenmäßig bei der Wahl profitieren zu können. Da sollten Sie sich allerdings nicht so sicher sein. Denn das was da gerade geschieht, fällt insgesamt auf die Politik zurück und leistet einen weiteren Beitrag zur Politikverdrossenheit der Bürgerinnen und Bürger.
Ich empfehle den Politikern aller Parteien, einen Blick in die diversen sozialen Netzwerke und regionalen Blocks sowie die Foren im Internet. Hier erfahren Sie sehr eindrücklich, wie Ihre potenziellen WählerInnen den Tarifstreit und das Handeln der Beteiligten und der Politik bewerten.
Eigentlich müsste es auch im Eigeninteresse aller politisch Verantwortlichen liegen, dass der Tarifstreit zwischen der Lebenshilfe und ihren MitarbeiterInnen so schnell wie möglich beendet wird.
Im Namen der Kinder und der Eltern möchte ich Sie alle, insbesondere aber die Mitglieder der CDU, abschließend sehr herzlich und inständig bitten, Ihr ganzes politisches Gewicht und alle demokratischen Möglichkeiten einzusetzen, damit nicht nur der Streik beendet wird, sondern auch die Kindertagesstätten in Trägerschaft der Lebenshilfe erhalten bleiben. Würden die Kindergärten an andere Träger abgegeben, wäre dies sicher der Anfang des Untergangs der Lebenshilfe Kleve.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und grüße Sie, verbunden mit großen Hoffnungen, freundlich.
Prof. Dr. Wolfgang Lamers
Ervelensteg 120
47574 Goch
02823 – 98381

Autor:

Günter van Meegen aus Bedburg-Hau

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