Befreiung von Auschwitz
"Dass Auschwitz nicht noch einmal sei" - Gedanken zur Befreiung des KZ-Auschwitz
Der folgende Text basiert auf einer Rede welche am 27.01.2024 zum Gedenken an die Befreiung des KZ-Auschwitz in Siegen gehalten wurde. Die Rede wurde für die Publikation leicht abgeändert und überarbeitet.
Am 27. Januar 1945, heute vor 79 Jahren, wurde das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz von der Roten Armee befreit. Die Befreihung des Konzentrationslagers makierte einen entscheidenden Sieg gegen das Nationalsozialistsiche Deutschland. Deswegen Gedenken wir heute der Opfer der Shoa und stehen in Solidarität mit den Überlebenden und ihren Nachfahren.
Jedoch leben Menschenfeindliche Ideologien in der deutschen Gesellschaft fort. Dieses Fortleben zeigt sich in der Kontinuität von Menschenfeindlichen Übergriffen. Aus dem Gedenken muss die Konsequenz gezogen werden, dass so etwas nie wieder geschehen darf. Der KZ-überlebende und Schriftsteller Primo Levi brachte es folgendermaßen auf den Punkt: "Es ist geschehen, und folglich kann es wieder geschehen."
Daraus ergibt sich die Notwendigkeit konsequent einzustehen gegen jede Form von Menschenfeindlichkeit. Diese Notwendigkeit erodiert jedoch im Hinblick auf die ausufernde Gewalt, welche maginalisierte Gruppen zur Zeit wieder verstärkt trifft. Rassismus und Antisemitismus sind nur zwei strukturelle Benachteiligungen, welche tief in der deutschen Gesellschaft verwurzelt sind. Dass eine offensichtlich rechtsextreme Partei wie die AfD über 20% der Wähler*innenstimmen auf sich vereint, ist Wasser auf die Mühlen derer, welche die Erinnerung an die Verbrechen der Nationalsozialisten und die Shoa schmälern und nevelieren wollen.
Der Essayist Max Czollek sagte in einem Interview mit der taz: "Das zeigt, einmal mehr, dass diese Gesellschaft keine Lust hat, Erinnerungskultur als ein Instrument der Selbstkritik zu verstehen, sondern eher als ein Instrument der Disziplinierung der vermeintlich Anderen oder Fremden einsetzt." Was bedeutet dass? Wer jüdisches Leben nicht als Selbstzweck versteht, sondern als Mittel nutzt, um die eigene MIgrations- und Islamfeindliche Politik durchzusetzten, der schützt jüdisches Leben nicht, sondern instrumentalisiert es. Die Anhänger dieses instrumentellen Denkens haben der Barbarei nichts entgegenzusetzten. Im Gegenteil. Dieses instrumentelle Denken ist einer der Grundpfeiler der Barbarei.
Es geht in der Bürger*innengesellschaft nicht um eine Aufarbeitung der Vergangenheit, sondern um eine Verneinung der Vergangenheit. Um das schlichte und stumpfe Vergessen. Die Erzählungen der "Sauberen" Wehrmacht und die Lüge des "Wir haben von all dem nichts gewusst" sind durch historische Forschung klar wiederlegt aber halten sich noch immer hartnäckig im kollektiven Gedächnis der "wiedergutgewordenen Deutschen". Nichts ist wieder gutgeworden, nichts wurde Aufgearbeitet. Die Konsequenzen aus dem Nationalsozialismus wurden nicht gezogen. Der Soziologe und Philosoph Theodor W. Adorno schrieb in seinem Essay Was bedeutet Aufarbeitung der Vergangenheit heute?: "Der Nationalsozialismus lebt nach, und bis heute wissen wir nicht, ob bloß als Gespenst dessen, was so monströs war, daß es am eigenen Tode noch nicht starb, oder ob es gar nicht erst zum Tode kam; ob die Bereitschaft zum Unsäglichen fortwest in den Menschen wie in den Verhältnissen, die sie umklammern." Die gesellschaftlichen Bedingungen welche den Nationalsozialismus hervorbrachten, wirken bis heute nach. Wir sind also dazu angehalten auf der Hut zu sein. "Es ist geschehen, also kann es wieder geschehen" Das Nachleben des Nationalsozialismus zeigt sich ganz aktuell in den Enthüllungen des Recherchekollektivs 'Korrektiv'. Ein Zusammenschluss aus Ultra-Konservativen und Faschisten aus der AfD und der 'Identitären Bewegung' fantatsierten bei einem Geheimtreffen über Pläne zur Deportation von all jenen welche nicht in das zutiefst rassistische und antisemitische Weltbild hineinpassen wollen.
Die Forderung an eine demokratische Zivilgesellschaft ist klar und deutlich. Sie muss sich einsetzen gegen Hass und Hetze. Gegen jeden Antisemitismus. Gegen jeden Nationalismus und gegen jeden Faschismus. Eine progressive Zivilgesellschaft muss Solidarität sowie einen konsequenten Antifaschismus zum höchsten gut erklären und diejenigen schützen, welche sich nicht schützen können.
Nie wieder ist jetzt!
Autor:Luca Hermsen aus Bedburg-Hau |
4 Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.