Bedburg-Hau: Rat bringt Integriertes Handlungskonzept (IHK) auf den Weg
Das IHK, dass bereits im Frühjahr vorgestellt wurde, online jedoch nur wenige Seiten davon einsehbar waren, wurde nochmals überarbeitet und erst drei Tage vor der Ratssitzung den Ratsmitgliedern ausgehändigt. Diese mussten dann im Schnellgang die 56 Seiten verarbeiten um dann einstimmig in der Ratssitzung das Jahrhundert Werk für Bedburg-Hau auf den Weg zu bringen. Bereits im Dezember vergangenen Jahres beschloss der Rat die Aufstellung eines Flächennutzungs- und Bebauungsplanes für den Klinikbereich auf Grundlage der Rahmenplanung aus dem Jahr 2003.
Bürgerunfreundlich
Besonders Bürgerunfreundlich war, dass das IHK erst wenige Stunden vor der Ratssitzung öffentlich (online) für die Bedburg-Hauer Bürger*innen einsehbar war.
Die Einwohner gemäß der Gemeindeordnung NRW und Hauptsatzung der Gemeinde über allgemein bedeutsame Angelegenheiten der Gemeinde frühzeitig zu unterrichten, wurde nicht nachgekommen. Bürgernähe Fehlanzeige. Muss man sich noch über Protestwähler wundern?
Umstrukturierung des noch zu privatisierenden Nordteils des Klinikgeländes
Die wesentlichen Merkmale des IHK ist die vorgesehene Wohnbebauung des nördlich an das Gemeindezentrum angrenzenden sog. Rieselfeldes; die Anbindung der LVR-Klinik an den neuen Kreisverkehr mit Durchgangsverkehr und die Umstrukturierung des noch zu privatisierenden Nordteils des Klinikgeländes. Zum Klinikgelände siehe Abb. 2 und 3. Hier sollen die mit 1 und 2 gekennzeichneten Flächen für Wohnbebauung (Neubauten) ausgewiesen werden. Die Fläche 4 soll in eine ortskernrelevante Mischnutzung umgewandelt werden, s. Abb. 4. Diese drei Flächen mit einer Gesamtgröße von rd. 4 Hektar sind laut Forst Waldflächen und es wird auch ausdrücklich erwähnt „Waldflächen weichen“. In einem anderen Satz: „...Wiederherstellung der Parkstrukturen und punktuelle Durchforstungsmaßnahmen“. Wohlwissend, dass es sich um Wald laut Forstgesetz handelt, wird versucht, zu suggerieren es sei ein Park. So wird dann auch nur die Erstellung eines Grünflächenkonzeptes erwähnt und da auch wissend, dass ein Waldumwandlungsverfahren und sehr wahrscheinlich auch eine Umweltverträglichkeitsprüfung erfolgen muß.
Die auf der mit 3 gekennzeichneten Fläche stehenden Klinikhäuser sind für Wohnen und Mischnutzung vorgesehen, keine Neubauten, sondern max. Erweiterung der Gebäude. Der Wald in diesem Bereich soll in einen Park umgewandelt werden.
Die Kosten
Am Ende des IHK werden die Projektjahre bis 2023, dem Ende aller Maßnahmen vorgestellt. Dazu gibt es auch einen Überblick welche Kosten auf die Gemeinde zukommen.
Begleitende Instrumente 275.000 €
Vorbereitende Planungen 470.000 €
Ost-West-Verbindung durch die Klinik 800.000€
Bahnhofsumfeld ÖPNV 300.000€
Anpassung/Übernahme Infrastruktur Klinik 5.000.000 €
Ergänzung Versorgungsfunktion Gemeindezentrum 3.600.000 €
Gesamt: 10.355.000 € davon 50 Prozent Förderanteil und 50 Prozent Gemeindeanteil
Umnutzung Kirche Bürger-Kultur-Integrationszentrum 2.065.000 €
Geschlechtergraben Aufenthalts- und Kunstraum 400.000 €
Gesamt: 2.465.000 € davon 90 Prozent Förderanteil und 10 Prozent Gemeindeanteil
Kosten für ein Waldumwandlungsverfahren bzw. für die laut Gesetz verpflichtende Ausgleichsmaßnahme sind nicht aufgeführt. Dazu muss die Gemeinde in der Größe der beanspruchten Waldflächen eine Fläche kaufen oder pachten und Aufforsten. Der Ausgleich dauert Jahrzehnte und die Flächen können auch außerhalb Bedburg-Haus liegen.
Umwandlung von Wald in Bauland noch zeitgemäß?
Bauland ist ausreichend vorhanden!
Im Zeitalter des Klimawandels und seit kurzem bekanntem Insektensterben sollte die Umwandlung von Wald in Bauland tabu sein. Und gerade auch in Bedburg-Hau wo der Waldanteil nur bei 9 Prozent und die Erholungsflächen bei 3 Prozent liegen (Quelle IHK). Auch besteht keine dringende Notwendigkeit weil ansonsten kein Bauland zur Verfügung steht. Im September beschloss der Rat, dass es an der Ziegelhütte in Hasselt weiter gehen soll. Hier stehen 5 Hektar Bauland zur Verfügung. Das direkt am Gemeindezentrum anschließende Rieselfeld bietet 13 Hektar Bauland. Auch in Hau gibt es noch Flächen, An der Antoniterstraße 1,5 Hektar und an Alten Landstraße/Schmelenheide 6 Hektar. Dazu Abb. 5. Rund 25 Hektar Bauland (jetzt Ackerland) stehen also zur Verfügung und dennoch will man rd. 4 Hektar Wald vernichten und den Rest des Klinikwaldes in einen Park umwandeln.
Wussten das die Ratsmitglieder?
Auf den Weg gebracht bedeutet noch nicht, dass alles so kommen wird. Insbesondere die Umstrukturierung des Klinik Nordteils mit der Ausweisung von Neubauflächen unter Inanspruchnahme von Waldflächen könnte laut Baugesetz, nach dem Leitfaden für Integrierte Handlungskonzepte NRW und dem Handlungsleitfaden „Klimaschutz in der Integrierten Stadtentwicklung“ NRW, sehr schwierig werden.
§1 Abs. 5 und 6 Baugesetz
Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.
Und zum Denkmalschutz (der gesamte Klinikbereich steht unter Denkmalschutz)
(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:
Punkt 5: die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
Punkt 7: die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt.
Handlungsleitfaden für den Klimaschutz in der integrierten Stadtentwicklung und Leitfaden Integrierte Handlungskonzepte NRW
In diesen Leitfäden, Grundlage für die Erstellung von IHK´s, wird sehr großen Wert auf den Klimaschutz gelegt.
- Flächen wie Wald, Grün und Gewässer sollen freigehalten werden bei der Festsetzung von Bebauungsgrenzen.
- Klimaschutz ist bei den kommunalen integrierten Handlungskonzepten von Beginn an mitzudenken und in planerische Abwägungsprozesse mit einzubeziehen.
- Jede grundlegende Weiterentwicklung, Neuordnung oder Aufwertung eines Stadtteils muss sich mit der klimatischen Situation vor Ort befassen und aktiv zum Klimaschutz und zur Klimafolgenanpassung beitragen.
- Klimaschutz wird als Ziel im Prozess in der integrierten Stadtentwicklung definiert.
Der Bedburger Wald „Dat Bedbuirse Waldt“ ist ein uralter Wald, den es schon vor dem Klinikbau vor 100 Jahren gab.
Dazu: Dat Bedbuirse Waldt - Der Bedburger Wald - Der Wald auf dem Gelände der Rheinischen Kliniken: hier kliecken
Autor:Günter van Meegen aus Bedburg-Hau |
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