„Erst wenn der letzte Baum gerodet..."
... werdet ihr feststellen, dass man Geld nicht essen kann!"

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Gedanken bei einem Spaziergang durch den Klinikwald.
Es ist mal wieder recht warm, in der Sonne ist es mir schon zu warm. Ich freue mich auf meinen Spaziergang. Ein paar Schritte noch, die stark befahrene Straße am Kreisverkehr überqueren, dann habe ich ihn erreicht, den Klinikwald mit seinen hohen alten Bäumen. Ich gehe ein Stück auf dem Weg – hier noch ein nicht asphaltierter Waldweg. Ich atme tief durch. Die Luft ist hier merklich frischer, die Bäume werfen Schatten. Der Lärm der Straße ist gedämpft, obwohl weiter vorne auch ab und zu ein Auto fährt und mir Menschen begegnen, die sich unterhalten. Hier und da steht ein Haus auf einer Lichtung. Meine Augen schweifen umher. Über dem Weg schließt sich das Blätterdach, ich gehe wie durch eine hohe Halle. An einigen Stellen fallen Sonnenstrahlen bis auf den Waldboden. Ich bleibe stehen, schließe die Augen. Jetzt weiter drinnen im Wald nehme ich den Autoverkehr gar nicht mehr wahr, ich höre Vögel zwitschern. Ich gehe weiter und wie immer, wenn ich im Wald bin, denke ich an meine Kindheit, an den Wald am Elternhaus, in dem wir Kinder spielten, in dessen Schatten wir lagen, einpackt in dicke Decken, wenn wir uns ausruhen sollten, und auf dessen Wegen ich ging und dabei für die Schule Gedichte oder das große Einmaleins lernte.

Inzwischen bin ich am Rand des Klinikwaldes angelangt. Ich gehe auf den der Häuserreihe gegenüber liegenden Rasen. Hier muss ich immer wieder staunen über die alten Bäume, die hier stehen. Wie im Botanik-Lehrbuch: riesige Linden, Kastanien, Eichen und Robinien. Wenn ich diese Riesen betrachte, werde ich still und ehrfürchtig. Was könnten sie alles berichten? Immerhin haben sie zwei Kriege überlebt.
Ein Schmerz durchfährt mich, wenn ich daran denke, dass diese Riesen demnächst einem Harvester, einem Bäume fressenden Ungeheuer, zum Opfer fallen werden. Ob denen, die dies beschlossen haben, klar ist, dass sie zu ihren Lebzeiten nie die wohltuende und klimastabilisierende Wirkung der Bäume erleben werden, die sie möglicherweise ersatzweise anpflanzen werden?

Die Bedeutung von Bäumen für den Klimaschutz ist inzwischen unstrittig. Oder? Manchmal denke ich, dass die Klimakrise noch nicht in den Köpfen der Entscheidungsträger angekommen ist. Denn ich habe von Verwaltungsseite gehört, dass man Opfer bringen müsse. Unglaublich, es wird ein Teil der grünen Lunge von Bedburg-Hau geopfert, wenn der Wald Bauland wird. Wald für Profit von Investoren!
Es gibt in unserer Gemeinde keinen Baumschutz und keine Ausgleichspflanzungen nach dem Fällen von großen alten Bäumen. Es tut nicht nur weh, sondern macht hilflos und wütend, wieder einmal zu erleben, dass sich Klimaschutz mit Privatisierung und Profitstreben nicht vertragen. Die alte Weissagung der Cree, so ein Aufkleber aus den 80er Jahren, scheint sich zu bestätigen: „Erst wenn der letzte Baum gerodet (…), werdet ihr feststellen, dass man Geld nicht essen kann.“ Und auch nicht atmen kann!
Es ist doch nicht zu fassen, dass es anscheinend keine Idee gibt, wie man den alten Klinikwald nutzen könnte, ohne ihn zu zerstören. Hat man nach anderen Ideen gesucht? Ich hoffte immer, Bedburg-Hau sei seinem Slogan entsprechend bedeutend anders.

PS.: hier die vollständige Weissagung der Cree, einem nordamerikanischen Indianerstamm:
„Erst wenn der letzte Baum gerodet, der letzte Fluss vergiftet, der letzte Fisch gefangen, werdet Ihr feststellen, dass man Geld nicht essen kann!“

Autor:

Barbara Purschke-Heinz aus Bedburg-Hau

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