Vergangenheit - Gegenwart - Zukunft
Denk ich an den Reichswald …
… denk ich an die Vergangenheit, an die Mythen, an sagenhaften Geschichten, die sich um diesen Wald spinnen. „Sacrum nemus“ Heiliger Wald, nannte Tacitus dem Gott Merkur gewidmeten Wald. Zur fränkischen Zeit der „Ketila“, „Ketele“ – Ketelwald genannt, der sich von Nijmegen bis Xanten erstreckte. Dann kam der Große Karl. „Het Rijk van Nijmegen“ war geboren und der Wald wurde zum Reichswald, ein Jagdgebiet von Karl. Nach „Het Rijk van Nijmegen“ waren es die Clever Grafen die große Teile des Waldes roden ließen. Der Wald teilte sich in Niederwald (Nijmegen) und Oberwald (Cleve/Geldern). Im frühen 17ten Jh. kam der Wald in Besitz des preußischen Staates. Die Waldrodungen und die Waldbewirtschaftung wurden ab jetzt organisiert und aus einem Laubmischwald wurde zunehmend ein Kiefernwald. Der Wald wurde in Jagen eingeteilt (1 Jagen = 28 Hektar).
In der „Franzosenzeit“ wurde der Wald regelrecht ausgebeutet. Die Grenze des Waldes schnürte sich immer mehr zusammen und als Louisendorf und Neu-Louisendorf gegründet wurden, wurde der komplette Calkarerwald gerodet. Im Zweiten Weltkrieg wurde der Restwald zum Kampfgebiet. Der verwüstete Wald stand nach dem Krieg immer wieder tagelang in Flammen und von dem noch 6.500 Hektar Waldgebiet ging so einiges verloren. Danach gab es Überlegungen den Restwald komplett abzuholzen und in Ackerland zu verwandeln. Halt! Sagte die NRW-Regierung. Nicht Rodung, aber auch nicht Aufforstung – es soll Wald und Acker sein.
Die Entscheidung: 1.800 Hektar Wald waren „kulturwürdig“, die Siedlungen Reichswalde, Nierswalde und Rodenwalde waren geborgen. Am Ende blieben doch noch rund 5.100 Hektar von dem einst stolzen Wald übrig.
… denk ich an die Gegenwart, fleißig müht man sich, dem Klimawandel geschuldet, den Wald mehr und mehr in einen Laubwald umzuwandeln. Das Erholungsgebiet Reichswald, mit seinen nach Jagen ausgerichteten Pfaden, ist für viele Menschen ein beliebtes Ziel. Wandern, Joggen, Flora und Fauna genießen ist angesagt. Auch mit den Fahrrad drumherum, an manchen Stellen auch durch, denke da an den Kartenspielerweg, ist zunehmend beliebt. Eine grüne Lunge, die größte Grüne Lunge, das größte zusammenhängende Waldgebiet am Niederrhein. Welch ein Segen!
… denk ich an die Zukunft, wird mir bange! Nordrhein-Westfalen sucht einen Nationalpark. Der Reichwald bietet sich an. NEIN! nicht bei uns, sagt der Kreistag. NEIN! sagt auch der Verein „Unser Reichwald“ Mitglieder aus der Jägerschaft, Holz- und Forstwirtschaft und Landwirtschafts-Vertretern. Na klar, eine mächtige Lobbyvertretung. NEIN! sagen auch die Stadtwerke Goch und Kleve – die Trinkwasserversorgung wäre durch einen (Inter-) Nationalpark Reichswald gefährdet. Das versteht nun keiner mehr. Oder doch: Der Wind weht aus einer anderen Richtung - anstatt Baumriesen lieber hundertmeterhohe Windenergieanlagen. Das ist besser, lukrativer für die Gegner mit $-Zeichen in den Augen. Natürlich auch fürs Trinkwasser!? Was für Lügenmärchen werden da erzählt - unglaublich. Fast die Hälfte der Reichswaldfläche steht zur Disposition.
Hoffnung: Die Befürworter, die Initiative „Internationaler Reichswald“. Das Bürgerbegehren wurde gewonnen und jetzt steht ein Bürgerentscheid an. Ja, es ist „Unser Reichswald“ nicht nur der Reichswald der Nationalparkgegner!!! Für Unseren Reichswald zum Erhalt - JA für den Internationalen Reichswald!!!
… denk ich: Was wenn die Gegner gewinnen? Naturerlebnis Wald goodby, hinweggeblasen durch den Wind. Nichts mehr wird die Windkraftanlagen verhindern können. Es werden nicht nur die Flächen auf denen die Anlagen entstehen entwaldet, sondern es müssen tragfähige Zuwege geschaffen werden. Waldwege werden zur Bundesstraßenbreite ausgebaut.
… denk ich auch an den Kartenspielerweg. Sehr beliebt bei Radfahrenden.
Der schöne Kartenspielerweg mit einer Breite von 3,5 bis 4 Metern wird ausgebaut zu einer Bundesstraße (Bundesstraße mit Begegnungshäufigkeit muss 7 m breit sein). Die Schwertransporte Windkraftanlagen erreichen oft eine Breite bis zu 7Metern! Alleine die Gondel (ohne Rotor) einer 2,0 MW Anlage wiegt 70 Tonnen! Gondel mit Rotor zusammen, getriebelos wiegt 109 Tonnen! Das Rotorblatt einer 3 MW Anlage ist rund 45 Meter lang! Ein Selbstfahrer-Schwertransporter mit Rotorblatt kommt auf 170 Tonnen! Dementsprechend muss der Untergrund hergerichtet werden. Zum Abbiegen auf die Standort-Parzelle muss auch ausreichend Platz und sicherer Untergrund geschaffen werden. Und wer da glaubt, nach dem Aufbau wird alles zurück gebaut – nein – das wird so bleiben, denn die Anlagen müssen immer für schwere Fahrzeuge erreichbar sein. Dies gilt nicht nur für die Windanlagen am Kartenspielerweg. Für die anderen Anlagen müssen natürlich auch Zuwege gebaut werden.
Der Kartenspielerweg ist uralt.
Breits in der Karte von Tranchot/v.Müffling 1801/1828 steht „Karl Speelders Weg“. Dieser Eintrag mit Schreibmaschientypen wurde jedoch nachträglich im 20ten Jh. eingefügt. Daher rührt auch der Schreibfehler. Das „l“ bei Karl muss ein „t“ sein. Dieser relative neue Eintrag rührt daher, weil die Kartenzeichner einen Rotstift verwendeten der schon ziemlich verblasst war. Dennoch ist der alte Eintrag von Tranchot/v.Müffling noch lesbar.
Dort steht „Kart Speelers Weg“. Ein Kartenwerk später, um 1840, Preußische Uraufnahme, wurde aus dem niederländischen „Kart Speelers Weg“ der Kartenspielerweg. Angeblich haben an dem Weg die Waldarbeiter ihren Sammelplatz gehabt – und Karten gespielt.
Am westlichen Ende des Kartenspielerwegs liegt Grafwegen. Grafwegen, „curtis Grafwegen“ wird erstmals 1294 erwähnt. Doch damit war nicht die heutige Ortschaft gemeint. Es gab zuvor noch zwei weitere Ortschaften mit dem Namen Grafwegen. Eine Ortschaft direkt bei Groesbeck und eine Rodungssiedlung ? In einer Karte um 1600 (Clviae Dvatvs) ist ein Grafwegen westlich der Grenze Gelderland/Cleve eingezeichnet. Dabei handelt es sich um das Grafwegen/Groesbeck. Wohl erst im späten 18ten Jh. wird das heutige Grafwegen entstanden sein. In der Karte von Tranchot/v.Müffling 1801/1828 ist allergings noch kein Grafwegen vermerkt, anstelle dessen wird dort ein „Aan het End“ erwähnt. Aus der Gemeinde-Chronik Kranenburg geht hervor „…in einem klevischen Erlass von 1572 wurden die „waltdienaers op den Grafweg“ in das Kirchspiel Kranenburg aufgenommen.“
Im Buch „Forschungenauf dem Gebiete der Rheinischen Westphälischen Geschichte, von a.Fahne, 1871. Negena, eine Herrschaft im vormaligen Herzogtum Cleve, … bestand aus dem Dorfe Nergena und drei Weilern: Grunewald, Asperberg und Grafwegen.
Der Name „Grafwegen“ stammt noch aus der Herrschaftszeit der Klever Grafen. Sie fanden vielleicht die Örtlichkeit sehr schön und nach einem Jagdausritt verweilten sie dort.
Ob die Grafen von damals heute auch gegen Windmühlen kämpfen würden? Möge der jetzt anstehende Kampf gegen die Windmühlen nicht so ausgehen wie bei Don Quijote.
Autor:Günter van Meegen aus Bedburg-Hau |
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