„Steengracht verkauft seine Sammlung!“

Anzeige mit dem Zusatz "van Moyland" fett gedruckt um Verwirrung zu verhindern. De Telegraaf vom 3. Juli 1895
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Der Name „Steengracht“ ist schon lange mit Kunst verbunden, heutzutage mit der Kunst von Joseph Beuys, aber war im vor-vorigen Jahrhundert eng verbunden mit bedeutender Malerei und mit Malern, woran man hunderte von Jahren nach ihrem Wirken noch denkt. Wir schreiben das Jahr 1895. Damals konnte ein bloßes Gerücht, dass Steengracht sein Kunstkabinett (in Den Haag) verkaufen würde, in den Niederlanden und darüber hinaus, einen kleinen Aufruhr in Kulturkreisen verursachen. Zeitungen prüften damals das Gerücht und bestätigten, dass eine Versteigerung tatsächlich geplant war.
Nur wenige Tage nach der Bestätigung des Gerüchts publiziert der Maler, Dichter, Kunstkritiker und Hochschullehrer für Kunstgeschichte und Ästhetik, Jan Veth, ein Schreiben worin er seiner Wut über die niederländische Regiering freien Lauf lässt. Wenn die Regierung nur ein wenig an der Ehre des Volkes läge, so schreibt er, würde sie unverzüglich genügend Geld bereitstellen um wenigstens den Jan Steen des Hagener Kunstkabinetts zu kaufen. Gesünder und lebensvoller, und doch zärtlich, weiser und schöner sei nie gemalt worden. Wer das gemeinte Gemälde nicht kenne, kenne den Maler Jan Steen nicht. Für Gewehre habe man Millionen ausgegeben, für einen Becher des Seehelden Admiral Tromp tausende von Gulden bereits ausgegeben und abermals tausende für antike Kanonen bereitgestellt, aber all dieses Geld sei wie auf eine lächerliche Weise weggeschmissen, wenn man nicht zeigen könne, dass man ein solches Gemälde höher achten würde. Die Zeitung schreibt, Veth hoffe, dass der Verkauf sich auf den Anteil der modernen Kunst beschränke, der, so sagt er wörtlich „ronduit gezegd, van jammerlijk kaliber is”, also ehrlich gesagt, von jämmerlicher Qualität sei.
Diese Kunstsammlung war tatsächlich so wichtig, dass ausländische adlige Besucher der Hauptstadt, dorthin geführt wurden, wie zum Beispiel die Herzogin von Mecklenburg-Schwerin im Jahr 1882.

Was war das Ende vom Lied?
Die „Kunstsammlung von Steengracht“ wurde tatsächlich verkauft, aber es war nicht die „Sammlung des Jhr. Steengracht van Duyvenvoorde“, sondern „die Sammlung des Barons Steengracht van Moyland“, dessen moderne Gemälden versteigert werden sollten. Jan Veth, der durch schlechte Journalistik in die Irre geführt worden war, ist erleichtert. Später erwähnt man ausdrücklich den Zusatz „Moyland“ in den Anzeigen. Gemälde großer Maler waren Teil dieser Sammlung, und wer will kann sich den Katalog herunterladen und die darin handschriftlich notierten, erzielten Verkaufssummen erfahren. Mehrere Zeitungen veröffentlichten für ihre interessierten Leser die Preise. Der Baron wollte die Hauptstadt verlassen und sich, so vermute ich, endgültig auf seinem Besitz in Moyland niederlassen. Er besaß nachher offenbar noch genug Kunstschätze um im Schloss Moyland 3 Säle zu füllen. In 1927 berichtet dort ein Besucher von Gemälden von Frans Hals, Paulus Moreelse, Gerard von Honthorst, van Dyck, Koninck, Jan Steen und von einigen anderen alten Meistern. Über Gemälde der Neuzeit berichtet er nichts. Sie sind vielleicht in 1895 alle verkauft worden.
Von dieser Fülle an Gemälden in 1927 ist allerdings in 1942 nicht viel mehr übrig. Die „Deutsche Zeitung in den Niederlanden“ berichtete am 6. September, dass in Bezug auf die Kunst, Schloss Moyland sich einen erheblichen Aderlass habe gefallen lassen müssen, infolge von Familienzwistigkeiten, die das Aufbringen einer großen Geldsumme erforderten, was nur durch den Verkauf zahlreicher Stücke des alten Kunstschatzes möglich gewesen sei.
„Der Zahl nach ist der Bestand an romantischen Bildern zusammengeschrumpft; er stellt eigentlich nur eine Auslese jener Fülle dar, welche die weitläufigen Gemächer des Schlosses ehedem an ihren Wänden beherbergten. Diese Auslese indessen ist eine vorzügliche. Man spürt das Walten eines durchaus sicheren Kunstgefühls und erfreut, sich am Masse einer Kennerschaft, die seinerzeit Dinge zusammenbrachte, die uns heute, einhundert Jahre später, als bleibende Kostbarkeiten der niederländischen romantischen Schule ansprechen“.

Von diesem Rest finden wir heute nichts mehr zurück. Nach Moyland zieht man nicht mehr der Gemälden wegen, sondern wegen Kunst die hoffentlich irgendwann einen Aufruhr verursacht wenn das Gerücht herum geht, „Moyland verkaufe!“

Anzeige mit dem Zusatz "van Moyland" fett gedruckt um Verwirrung zu verhindern. De Telegraaf vom 3. Juli 1895
Autor:

Jan Kellendonk aus Bedburg-Hau

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