Santayanas Aphorismus, näher betrachtet

Denker, gesehen mit afrikanischen Augen

Gerne wird der Aphorismus des Philosophen Santayana, dass diejenigen die sich an die Vergangenheit nicht erinnern können, verurteilt seien sie zu wiederholen, angeführt wenn es darum geht eine Institution des Erinnerns zu begründen um an vergangene Taten mahnend zu erinnern.
Santayanas Satz steht, wie alle Äußerungen, im einem Kontext, und der beschränkt die Aussage des Verfassers auf die Entwicklung eines einzelnen Menschen, vom Kind zum Greis. Wer Erfahrung mit Kindern hat, weiß wie ungemein schnell die aus Erfahrungen lernen, also wie gut sie sich an vergangene Fehler und natürlich an vergangene Erfolge erinnern. Das schmälert schon die Chance, dass die Idee des Denkers der Wahrheit entspricht. Über den Greis sagt er, dass er so vergesslich sei wie die Jugend und unbelehrbarer. Auch hier sehen wir aus eigener Erfahrung wie begrenzt diese allgemeine Aussage ist. Sicherlich gibt es unbelehrbare alte Menschen, aber oft ist es so, dass sie eine gute Portion Starrsinn bereits vorher besaßen. Andere aber behalten einen klaren Verstand bis ans Ende und machen damit das Vergessen unwahrscheinlich.
Wenn man den Gedanke schon beschränkt auf das Leben eines Menschen anwenden kann, wie fruchtbar kann es sein ihn auf ganze Gesellschaften anzuwenden und den Spruch für ständige, institutionalisierte Erinnerung heranzuführen?
Ein anderer Philosoph, Zeitgenosse des Santayana, Sir Karl Popper, legt deutlich dar, nicht als bloßer Aphorismus, sondern in einer gediegenen Studie, dass es keine zwingende oder unerbittlichen Gesetze in einer Gesellschaft gibt und geben kann. Es also auch keine Verurteilung zum Wiederholen gibt.
Wenn es also Wiederholung gibt, so können wir weiterdenken, dann wird sie bewusst angestrebt. Und dann noch kann es keine genaue Wiederholung geben, so besagt ein zweiter Leitsatz Poppers, nämlich durch die unerwarteten Folgen von Handlungen. Und davon gibt es bekanntlich viele, ganz unterschiedliche.
Abschließend möchte ich zum Thema „Erinnern“ sagen:
Sagte der sterbende Vater zum Sohn, er möge aufschreiben welche Menschen ihm etwas schulden. Sagte der Sohn, ob er auch nicht aufschreiben sollte, wem er Geld schulde. Sagte der Vater, darum brauche er sich nicht kümmern, die würden sich schon von selber melden.

Autor:

Jan Kellendonk aus Bedburg-Hau

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