Rote Libelle
Für diejenigen die dafür empfindlich sind ist es deutlich. Ein Hauch von Herbst ist in der Luft. Es wurde schon vor mehr als 2000 Jahren in China im Kalender bestimmt, dass ein gewisser Tag, unser 7. August, der Anfang des Herbsts ist (立秋). Die Japaner übernahmen diesen Kalender, was erstaunlich ist, da das Kontinentalklima Chinas natürlich stark abwich von ihrem eigenen Klima. Die gleiche Neigung zu kodifizieren zeigt sich auch in den japanischen „Jahreszeitbüchern“ worin minutiös festgelegt wurde welche Wörter zu welchen Jahreszeiten gehören: „Mond“ ist immer der Herbstmond, bei „Blume“ denkt man immer an Frühling, bevorzugt an Kirschblüten, obwohl es natürlich auch andere Blumen zu anderen Jahreszeiten gibt. Libellen sind mit Sommer verbunden, aber die rote Libelle ist da entgegen Herbst. Am Tag vor dem „Anfang des Herbsts“ sah ich diese rote Libelle.
Die rote Libelle („aka-tombo“) ist übrigens Gegenstand einer bekannten Belehrung des Haikumeisters Basho, dessen Schüler Kikaku einst folgende Vers sprach:
„Rote Libelle / wenn Flügel weggenommen: / der Chillipfeffer!“ (赤とんぼ羽をとったら唐がらし).
Worauf der Meister sagte, das sei kein guter Haiku, weil der Libelle das Leben genommen werde und konterte:
„Der Chillipfeffer / wenn Flügel daran gemacht: / rote Libelle“ (唐がらし羽をつけたら赤とんぼ).
Das Verbot zu töten, nicht einmal als Gedankenspiel, ist dem Buddhismus eigen. Dem Weg des Haiku ist es eigen sich dem Thema so zu widmen, dass es zum Leben kommt.
Autor:Jan Kellendonk aus Bedburg-Hau |
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