Meinhard Miegel Das System ist am Ende. Das leben geht weiter.
Chaos, Corona und der Untergang des Abendlandes?
Dem fingen Leser wird aufgefallen sein, dass das Buch welches ich heute vorstellen möchte schon in meinem letzten Beitrag (https://www.lokalkompass.de/bedburg-hau/c-kultur/das-bilungs-system-am-ende_a1495134) Erwähnung fand.
Heute geht es um Meinhard Miegel’s „Das System ist am Ende. Das Leben geht weiter.“
In diesem 152 Seiten starken Büchlein in seinem unscheinbaren blauen Einband steckt geistige Sprengkraft wie ich sie selten in Büchern erleben durfte. Dies hängt wahrscheinlich damit zusammen, dass Sartre, Adorno und Habermas nicht das leichteste sind, was die Welt der Literatur zu bieten hat.
Miegel widmet in diesem Werk jedem Monat 2-5 Seiten Text in welchem er sich mit einem Thema der (aktuellen) Politik, Kultur bzw. des Weltgeschehens auseinandersetzt.
Wiederkehrende Thematiken sind: Der Raubbau an der Natur, Konsumkritik und Kulturanalyse.
Diesen Thematiken begegnet der Autor durchaus kritisch und zeigt immer ein für und wieder, ein pro und contra auf. Ins Detail gehen kann er dabei allerdings nicht, dies ist der Kürze in welchen die Themen behandelt werden geschuldet.
Er gibt uns vielmehr einen kurzen Einblick in sein denken und regt gleichzeitig zum mitdenken, weiterdenken und kritisieren an.
Exemplarisch soll im Folgenden der Versuch unternommen werden anhand von einigen, wie ich finde, guten Gedanken und Aussagen anzusetzen um diese mit meinen eigenen (subjektiven!!!) Erfahrungen (weiter-) zu entwickeln.
Im Kapitel welches die Überschrift „Marionetten“ trägt beschäftigt sich Miegel damit, dass zum einen die Ressourcen unseres Planeten langsam aber sicher sehr knapp werden, die politischen Entscheidungsführer aber nehmen dieses Ereignis , wenn überhaupt, nur am Rande war. Für Sie heißt es immer „ […] Mehr, mehr, mehr. Mehr Geld für Kitas, Schulen und Universitäten. Mehr gutbezahlte Arbeitsplätze. Mehr Renten. Mehr Mittel für den Eigenheimbau, die Infrastruktur, die Bundeswehr.“ (Miegel, 2020, S.43). Diese Versprechungen sind allerdings unzureichend, so Miegel. Sie könne gar nicht funktionieren, da die Ressourcen unseres Planeten erschöpft sind. Der Mensch zerstört mit dieser Attitüde seine Lebensgrundlage. Doch mit dieser Wahrheit wird das Souverän, das mündige Volk nicht konfrontiert. Miegel stellt nun die Frage, wie eine Politik aussehe welche den Verbrauch der Ressourcen wieder in die grenzen zurück führen würde, welche benötigt werden um den Raubbau zu vermeiden (vgl. Miegel, 2020, S.44).
Eine mögliche Antwort liefert er später, fast am Ende des Buches.
Miegel besinnt sich zurück auf das alte China denn dort „erwiesen denen größte Hochachtung, die klug, gebildet und menschenfreundlich waren. Materielles Vermögen spielte eine untergeordnete Rolle.“ (Miegel, 2020, S.145).
Dieser Ansatz ist beachtenswert. In einer Gesellschaft, welche sich im höher, schneller und weiter bemisst ist hierfür aber nur schwerlich ein Platz zu finden. Nicht umsonst wollten die großen Denker des 20 Jh. Wie Erich Fromm oder Herbert Macuse für die neue (utopische) Gesellschaft auch den „neuen Menschen“ schaffen.
Aber bracht es den „neuen Menschen“ denn überhaupt?
Ich würde nur teilweise zustimmen. Der Teufel liegt im Detail. Die entscheidende Frage ist, wie neu dieser Mensch sein soll bzw. durch welche Prozesse er erneuert werden soll.
Durch Bildung? Durch neue Erziehungssysteme? Oder doch lieber durch Staatliche Anreize wie z.B. die Subvention von Elektroautos. Aber reicht das aus?
Miegel argumentiert, dass der Mensch sich zuerst von der Gewinnlogik verabschieden müsse. Vom „ […] Glück durch Materiellen Wohlstand […]“(Miegel, 2020, S.149) zu erreichen.
Abschied ist nicht leicht. Wir müssen erkennen, dass unser bisheriges verhalten, unsere Begierden aufgeben bzw. reduzieren müssen. Denn sonst werden wir enden, wie alle anderen (großen) Kulturen vor uns. Dieses Gefühl von einem „Unbehagen in den Kulturen“ (Freud). Die Kulturen müssen, so Miegel „ […] tiefgreifende Metamorphosen durchlaufen, um nachkommendes zu befruchten.“ (Miegel, 2020, S.149). Diese Einschätzung teilt auch der deutsche Philosoph Oswald Spengler in seinem Hauptwerkt „Der Untergang des Abendlandes“. Spengler argumentiert darin, dass alle Kulturen Zyklen durchlaufen. Diese Zyklen laufen bei allen Kulturen gleich ab. So hat jede Kultur ihren „Frühling“, „Sommer“, „Herbst“ und „Winter“. Diese Darstellung ist natürlich stark verkürzt und vereinfacht die philosophische Abstraktion Spenglers auf ein Minimum.
Aber was ist der „Take away“?
Wenn alles was wir zukünftigen Generationen überlassen ein zerstörter Planet, verdrecke Meere, Marode Autobahnen und Schuldenberge sind, wofür lohnt es sich dann noch zu existieren?
Auf diese Frage weiß Miegel zu Antworten.
Wir müssen wieder in die „ […]Grenzen zurückgeführt werden.“ (Miegel, 2020, S.150). Dieses Zurückführen findet heute schon statt. Die Minimalismus Bewegung verabschiedet sich von überflüssigen Gütern und setzt auf das essenzielle. Auch Miegel sagt, dass der verzichte, das Aussortieren frei macht. Es ermöglicht den Menschen sich darauf zu fokussieren was wirklich wichtig ist. Sich so z.B. der Kunst zuzuwenden, der Dichtung oder den bildenden Künsten (vgl. Miegel, 2020, S.151). Wir würden so zu glück finden. Durch „die Mehrung immateriellen Wohlstandes, Glück durch die Entfaltung von Kräften die heute bei vielen Menschen brach liegen.“ (Miegel, 2020, S.152).
Diesem Apell, dieser Suche nach glück. Dem individuellen Glück . Dieser Urdisziplin der Philosophie sollten wir doch unser Leben widmen. Sartre sagte schon: „Der Mensch ist zur Freiheit verdammt.“ Also nutzen wir diese Freiheit, um den Menschen neu zu erfinden.
Quelle: Miegel, Meinhard (2020): Das System ist am Ende. Das Leben geht weiter. Oekom Verlag München 1. Auflage.
Literaturempfehlungen:
Herbert Macuse: Der eindimensionale Mensch
Oswald Spengler: Der Untergang des Abendlandes
Jean Paul Sartre: Der Existentialismus ist ein Humanismus
Siegmund Freud: Das Unbehagen der Kulturen
Autor:Luca H. aus Düsseldorf |
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