Mehrwertsteuersenkung: Bumms statt Wumms für die Haushaltskasse?
Mehrwertsteuersenkung: Bumms statt Wumms für die Haushaltskasse?
Die einen annoncieren „krumme Preise“, die anderen versprechen, immer zugunsten des Kunden zu „runden“. Mal wird die 16-prozentige Mehrwertsteuer gar geschenkt, mal mit einem höheren Rabatt als der vorgeschriebenen Senkung um drei Prozentpunkte gelockt. „Wenn’s nach der Werbung geht, scheint das Konjunkturpaket zu brummen“, so Angelika Weischer von der Beratungsstelle in Schwerte der Verbraucherzentrale NRW.
Allerdings:
Kunden sollten angesichts von Rotstift und Rabattschlacht den klassischen Preisvergleich nicht aus den Augen verlieren. „Was der eine Händler als mehrwertsteuerreduziertes Schnäppchen auspreist, ist bei dem anderen möglicherweise als dauerhaftes Angebot zu haben. Denn nach wie vor gilt, dass Anbieter ihre Preise frei gestalten können.
„So kann der gewünschte Wumms für den Konsum dann auch zum Bumms für die Haushaltskasse werden“, rät Angelika Weischer zu überlegten Kaufentscheidungen mitsamt Preis-Check. Insbesondere den Haushalten, die nach dem Auslaufen des Corona-Hilfspakets nun gestundete Raten, Versicherungsprämien oder Mieten zurückzahlen müssen. „Kein Mehrwertsteuersenkungs-Rabatt ist es wert, dass in Konsumlaune das Abstottern von Verbindlichkeiten ins Hintertreffen gerät“, so ihre Empfehlung.
Folgende Tipps helfen, mögliche Sparpotenziale bei der Mehrwertsteuersenkung auszumachen:
Telefon und Internet:
Auch bei Verträgen für Internet und Telefon gilt der reduzierte Mehrwertsteuersatz. Eine Reihe von Telekommunikationsanbietern hat angekündigt, die Preise der verschiedenen Tarifoptionen für Neu- und Bestandskunden entsprechend zu senken.
Allerdings: Bei einem durchschnittlichen Tarif mit rund 40 Euro schlägt das monatlich mit gerade mal 1 Euro zu Buche. Offen ist derzeit noch, ob dem Kunden dies als einmaliger Betrag für die sechs Monate mit niedrigerem Mehrwertsteuersatz auf der Rechnung gutgeschrieben wird.
Bei Prepaid-Tarifen ist im Auflade-Guthaben noch keine Steuer enthalten. Daher bleiben die Beträge zum Aufladen identisch. Die Senkung ist dann in den Prepaid-Leistungen enthalten, die mit dem Guthaben bezahlt werden. Allerdings: Sichtbar wird die reduzierte Steuer ab Beträgen von 40 Cent aufwärts. Darunter wird zwar der Netto-Preis gesenkt, aber die Veränderung liegt unter einem Cent und ist daher nicht zu erkennen. Daher sieht man zum Beispiel bei einem Preis von 9 Cent für eine SMS keine Veränderung zur Berechnung mit 19 oder 16 Prozent Mehrwertsteuer.
Abos fürs Fitnessstudio:
In diesen Verträgen sind in der Regel Festpreise vereinbart. Für solche Vertragskonstellationen sieht die Preisangabenverordnung lediglich vor, dass dem Kunden der Endpreis, also inklusive aller Steuern und Nebenkosten, anzugeben ist. Deshalb kann der Kunde nicht darauf pochen, dass der monatliche Beitrag fürs Abo zwischen Juli und Dezember um die reduzierte Mehrwertsteuer angepasst wird. Denn andere Preisbestandteile könnten sich ja inzwischen erhöht haben, sodass die Senkung der Mehrwertsteuer dadurch wieder aufgefressen wird. Nur bei Verträgen, bei denen die Mehrwertsteuer separat ausgewiesen wird, ist es Verbrauchern überhaupt möglich zu kontrollieren, ob die Senkung weitergegeben wird. Aber es kann sich lohnen, die Betreiber darauf gegebenenfalls anzusprechen.
Bahntickets:
Auch die Deutsche Bahn zieht das Ticket „Mehrwertsteuersenkung“ – Super Sparpreis-, Sparpreis- und Flexpreis-Tickets werden ab 1. Juli um 1,9 Prozent günstiger. Mit dem günstigsten Spar-Ticket auf Fernstrecken sind Reisende dann für 17,50 Euro statt bislang 17,90 Euro (ohne Bahncard) unterwegs. Rabatt gibt’s auch bei den Bahncards. So ist die Probe BahnCard 25 (2. Klasse) ab dem 1. Juli ebenfalls für 17,50 Euro (bisher: 17,90 Euro) erhältlich. Im Nahverkehr mit den zahlreichen Verkehrsverbünden und der Beteiligung der Kommunen ist das Vorgehen dagegen uneinheitlich. In einigen Regionen wird die Senkung weitergegeben, obwohl sie häufig nur wenige Cents ausmacht.
Übrigens:
Auch in den Bordbistros der ICE und der Intercity-1-Züge gibt die Deutsche Bahn einen aus und reicht die Mehrwertsteuersenkung weiter. Kunden erhalten 2,5 Prozent Rabatt auf die gesamte Rechnung. In den Intercity-2-Zügen mit mobilem Speisen- und Getränkeverkauf gibt es einen Rabatt von 10 Cent pro Artikel.
Strom und Gas:
Die großen Versorger wollen die reduzierte Mehrwertsteuer mit der jährlichen Abrechnung an die Kunden weitergeben. Die Höhe der monatlichen Abschläge ändert sich zwischen Juli und Dezember 2020 nicht.
Wurde dem Energieanbieter der Zählerstand bei Strom und Gas nicht zum Stichtag 30. Juni 2020 mitgeteilt, wird der anteilige Verbrauch für die sechs Monate mit reduziertem Mehrwertsteuersatz geschätzt. Nach Berechnungen der Verbraucherzentrale NRW erklärt Frau Weischer, könnte ein Vierpersonen-Haushalt, der 4.250 Kilowattstunden Strom im Jahr verbraucht, rund 16 Euro durch die Steuersenkung in den sechs Monaten zwischen Juli und Dezember sparen. Bei der Gasrechnung mit einem Verbrauch von 20.000 Kilowattstunden pro Jahr wären es etwa 14 Euro
Leasingverträge:
Ob für Auto oder Campingwagen – Leasingraten, die zwischen dem 1. Juli und 31. Dezember 2020 anfallen, müssen an den befristet reduzierten Mehrwertsteuersatz angepasst werden. Verbraucher können also – abhängig von der Höhe der Leasingrate – bares Geld sparen.
Mehr Infos rund um die Mehrwertsteuersenkung:
www.verbraucherzentrale.nrw/mehrwertsteuer
Die Beratungsstelle der Verbraucherzentrale NRW in Schwerte, Westwall 4 ist für die persönliche Beratung "nach vorheriger Terminvereinbarung" geöffnet.
Terminvereinbarungen unter:
Telefonisch 02304/94 226 0
per Email: schwerte@verbraucherzentrale.nrw
über das Kontaktformular www.verbraucherzentrale.nrw/schwerte
oder "NEU" mit dem "Formular", welches wir im Schaukasten an unserer Eingangstür hinterlegt haben.
Dieses ausfüllen und in unseren neben der Beratungsstelle befindlichen Briefkasten einwerfen. Die Beraterinnen rufen dann für die Terminvereinbarung zurück.
Autor:Simone Höltke (Verbraucherzentrale NRW in Schwerte) aus Schwerte |
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