Entscheidung der Stadt Rheinberg über Beiträge für Kinderbetreuung stößt auf Kritik bei Eltern
Wirklich gerecht?

Ab August 2021 ist, auch bei Verbleib eines Kindes in einer entsprechenden Betreuungsgruppe, mit Vollendung des dritten Lebensjahres ab dem nächstfolgenden Monat nicht mehr der erhöhte U3-Beitrag, sondern der geringere Ü3-Beitrag zu leisten. | Foto: Heinberg
  • Ab August 2021 ist, auch bei Verbleib eines Kindes in einer entsprechenden Betreuungsgruppe, mit Vollendung des dritten Lebensjahres ab dem nächstfolgenden Monat nicht mehr der erhöhte U3-Beitrag, sondern der geringere Ü3-Beitrag zu leisten.
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Die Stadt Rheinberg, schreibt Tetyana Kellerhoff, Mitglied im Jugendamtselternbeirat, habe sich in der Sitzung des Jugendhauptausschusses für eine Anpassung der Beitragserhebung für die Betreuung in Kindertageseinrichtungen und Tagespflege entschieden.

Weiter schreibt sie: "Die geplanten Änderungen sind brisant, da einerseits die Gebühren für bestimmte Familien sinken, für andere wiederum stark angehoben werden sollen. Gleichzeitig wird die Geschwisterregelung ausgesetzt, künftig sollen also alle Familien für das zweite Kind 25 Prozent des Elternbeitrages bezahlen. Unter dem Strich suggeriert die Beschlussvorlage eine Entlastung für die 'mittleren Einkommensstufen'. Wie viele Familien von diesen Senkungen tatsächlich profitieren würden, wird in der Vorlage leider nicht beleuchtet. Bei gleichzeitiger Einführung einer neuen Gebühr für das erste Geschwisterkind werden diese Entlastungen bei vielen Familien allerdings nicht wirklich ankommen."

Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sei schon jetzt ein problematisches Thema in Rheinberg, da der Ausbau von Betreuungsmöglichkeiten in fast allen Stadtteilen hinterherhinke und die Mitglieder des Beirates große Lücken bei der Bedarfsdeckung sehen würden. "Mit diesen höchst unfair gestalteten Elternbeiträgen wird die berufliche Tätigkeit von Müttern nicht gefördert, da man als Doppelverdiener sehr wahrscheinlich zu denjenigen gehören wird, die proportional gesehen sehr hohe Elternbeiträge leisten müssen."

Finanzielle Mehrbelastung gerade jetzt für viele Familien groß

„Die finanzielle Mehrbelastung kann für viele Familien enorm sein, gerade jetzt zu Corona-Zeiten. Ich empfinde es als ein schwaches und vor allem falsches Zeichen der Stadt den Familien gegenüber", sagt die zweifache Mutter Jessica Maas. Auch das Image der Stadt, so Kellerhoff, würde leiden: "Ein Blick auf die Nachbarkommunen zeigt, dass wir damit in Rheinberg die traurige Spitze besetzten würden, was die Belastung für die Familien angeht. Eine familienfreundliche Politik ist das also nicht!" Gerade in der Corona-Krise könne man nicht nachvollziehen, warum die Lösungen der Stadt so unfair gestaltet würden und unter dem Strich nur darauf ausgerichtet seien, die finanzielle Lage der Stadt auszugleichen.

Bereit zu zahlen, wenn in den Einrichtungen auch spürbar

„Grundsätzlich bin ich bereit Elternbeiträge zu zahlen, wenn diese auch in der (jeweiligen) Betreuungseinrichtung ankommen und dies spürbar ist", sagt Stefanie Iwe, ebenfalls Mutter. „Ich möchte gerne für meine Kinder da sein. Wenn ich aber überlegen muss, ob ich mehr arbeite und die Kinder anders/vermehrt in die Betreuung gebe, damit ich das finanziell stemmen kann, läuft da was falsch.“

Azra Zürn vom Fachbereich Jugend und Soziales: "Die Beschlussvorlage der Verwaltung beinhaltet keine grundsätzliche Erhöhung. Ziel war, die bisherige Struktur der Beiträge sozialverträglicher zu gestalten und insbesondere Familien mit geringeren Einkünften zu entlasten. Insofern ist bei den Beiträgen zur Tagespflege und den Kindertageseinrichtungen und künftig bis zu einem Einkommen von 30.000 Euro pro Jahr kein Beitrag zu zahlen. Die Aufnahme dieser Betreuungsform in die Beitragssatzung trägt somit deutlich dazu bei, dass die Elternbeiträge sozialverträglicher erhoben werden. Ebenfalls wird bei der Kindertagespflege künftig eine Differenzierung bei einem Betreuungsumfang über 45 Stunden verbindlich einbezogen. Dies hat dazu geführt, dass bei der Kindertagespflege sowie den Elternbeiträgen im Kindergarten durchgängig bis zu einem Einkommen von 70.000 Euro Beiträge sinken."

Kritik nachvollziehbar, aber: Vorschlag differenziert betrachten

Grundsätzlich sei nachzuvollziehen, dass Kritik durch die Eltern und die Politik geäußert würde. Dennoch sei der Vorschlag differenziert zu betrachten: "Betrachtet man die neue Staffelung, zeigt sich eine Reduzierung der Beiträge für das erste Kind. Die niedrigen Einkommensgruppen bis 30.000 Euro pro Jahr werden im Wesentlichen entlastet, mittlere Einkommen teils bis 80.000 Euro. Unter Berücksichtigung der derzeitigen Datenlage betrifft dies rund 75 Prozent aller Beitragspflichtigen Zahlkinder. Erst ab einem Einkommen von 80.000 Euro sind Familien bereits durch den Elternbeitrag für das erste Kind mehr belastet."

Die gesamte finanzielle Situation der Stadt Rheinberg lasse eine Ermäßigung von Beiträgen bedauerlicherweise allerdings nicht zu, sodass durch die Erhebung eines ermäßigten Beitrags von 25 Prozent für das erste Geschwisterkind letztlich ein Mehrertrag erzielt werden kann. Wie hoch diese sind, könne erst nach August 2022, wenn die Überprüfung der Elternbeiträge anhand der Einkünfte der Eltern erfolgen wird, in Zahlen gemessen werden. Mehreinnahmen würden, so Zürn, nicht in andere Aufgabenbereiche abfließen.

Autor:

Lisa Peltzer aus Oberhausen

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