Bildung und Erziehung
Unsere Schulen, Achillesferse unserer Gesellschaft? Unerkannt von Politik und uns allen!

Foto: Pixabay

Kommt die Sprache auf unsere Schulen, dann geht es zumeist um die mäßigen PISA-Ergebnisse, die im Verlauf der Zeit eher nach unten als nach oben weisen, die für die wirtschaftliche deutsche Zukunft nicht unbedingt Gutes verheißen. Ein weites Feld, um Fontanes Begriff aufzunehmen. Es ist allerdings zu befürchten, dass die Bildungsergebnisse gar nicht die wahre Krux unserer Schulen thematisieren.

Gestern bei Lanz: Klagen über die Zustände an unseren Schulen, Klagen über Mobbing, Klagen über den Missbrauch - oder vielleicht doch nur Gebrauch - der Handymöglichkeiten, Klagen über Vandalismus, Klagen über einen respektlosen Umgang miteinander, Klagen über Verrohung und manches mehr. Für Insider nichts Neues. Nicht wenige Lehrkräfte werfen gar das Handtuch trotz sicheren Jobs, und das trotz zum Teil mehr, zum Teil weniger ausgeprägter multiprofessioneller Teams an den Schulen. Wie aus der Zeit gefallen wurde vorsichtig angesprochen, der Erziehung mal wieder das Augenmerk zuzuwenden.

Unsere Gesellschaft hat sich im Laufe der vergangenen Jahrzehnte verändert, durch gesellschaftliche Entwicklungen, die mehr und mehr dem Anspruchsdenken Geltung verschafft haben, auch durch die seit über einem halben Jahrhundert anhaltende Migration mit immer wieder neuen Schwerpunkten. All das hat zu einer Diversität der gesellschaftlichen Zusammensetzung geführt, die auch zu mehr Konflikten geführt hat. Und das spüren unsere Schulen.

Es hat einmal geheißen, alle Schüler dort abzuholen, wo sie stehen, doch eigentlich eine Aufforderung zu umfassender Differenzierung, um jedem Schüler bzw. jeder Schülerin gerecht zu werden. Doch was geschah? Statt Gliederung und Differenzierung wurden alle zunehmend in gemeinsame Töpfe geworfen, ein gegliedertes Schulsystem wurde verpönt. Heute haben wir Klassen voller Heterogenität, voller unterschiedlicher Voraussetzungen der Kinder, voller unterschiedlicher Aussichten, voller Aussichtslosigkeit für die Lehrkräfte. Und das bezieht sich zunächst einmal nur auf die Bildung. Erziehung bleibt weiterhin ziemlich vor der Tür.

Gesellschaftlicher Zusammenhalt wird gern gefordert, Hinwendung einer diversen, untereinander nicht von vornherein einvernehmlichen Gesellschaft und Besinnung auf einen gemeinsamen Anker. Was tut man dafür? Was leisten unsere Schulen dafür, wie bereiten sie darauf vor? Holen sie die Kinder von ihren verschiedenen Positionen ab und führen sie zu einem konsensualen Stadium. Ich erkenne kein Konzept. Ist die Problematik überhaupt schon erkannt?

Ich denke, es geht um Geld, sicher, aber nicht nur um Geld, das in unsere Schulen gepumpt wird. Es geht um viel mehr, wenn man den Kitt unserer Gesellschaft im Auge hat. Bildung und Erziehung im Rahmen eines differenzierenden Systems sind vonnöten, wobei auf Erziehung, einhergehend mit einem Wertschätzungsvorschuss den Kindern gegenüber, wieder mal vorrangiger Wert gelegt werden sollte.

Aber was rede ich? Familien leisten oftmals nicht, was zu einem toleranten Miteinander erforderlich wäre. Da geraten doch die Schulen in den Fokus, die aber weiterhin ihrem Bildungsauftrag verpflichtet sind, weniger einem doch so nötigen Erziehungsauftrag. Und wenn es in unseren Schulen verhaltensmäßig so knirscht, so ist es nicht verwunderlich, dass es auch in der Gesellschaft konfliktvoll knirscht.

Die Politik fokussiert sich derzeit auf außenpolitische Themen, innenpolitisch auf die Wirtschaft und die Sozialpolitik, aber nicht auf unsere Schulen. Sie werden vernachlässigt, sind aber vielleicht die kaum erkannte Achillesferse unserer Gesellschaft.

Autor:

Helmut Feldhaus aus Rheinberg

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