Rheinberger fressen sich durch
Ein mißbräuchlicher Gerichtstag zu Camperbruch

Haus Holtappel an derS traße nach Geldern und der Fossa Eugeniana gelegen, Karte von etwa 1830, tim-online
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von Hansfried Münchberg

Von einer Art Amtsmissbrauch seitens des Rheinberger Gerichtes erzählt eine Eingabe der Bauernschaft „Vierquartieren“ beim Schultheiß des Amtes Rheinberg, etwa aus dem Jahr 1740
In den mit dem Namen Vierquartieren bezeichneten Bauerschaften Lintfort, Kamperbruch, Rossenray und Saalhof war es von alters her Brauch, daß sich Freitags in der Kreuzwoche (Karwoche) die katholischen Bewohner bei Holtappels versammelten, um gemeinschaftlich zu  dem Hagelkreuz in Kamperbruch zu ziehen und dort einer Predigt beizuwohnen. Diese vier Bauernschaften werden bereits 1686 mit dem Namen "die vier Viertels-Quartiere" bezeichnet. Sie bildeten zusammen den Gerichtsbezirk Buchholz und wurden einzeln damals Lintforter, Hankamer, Rossenrader und Hörster Bauerschaft genannt.

Der Startpunkt der "Prozession" zum Hagelkreuz, Haus Holtappel, liegt 20 Min. westlich von Rheinberg, an der von dort nach Geldern führenden Landstraße. Der Holzapfel" wird bereits in einem Rheinberger Grenzbesichtigungs-Protokoll von 1668 erwähnt.

Der Brauch zum Hagel-Kreuz zu ziehen war, so scheint es, entstanden, als die Holländer im Jahre 1633 die Stadt Rheinberg besetzt und die dort gelegene St. Anna-Kapelle zerstört hatten, worin bisher die Predigt an jenem Tage gehalten worden war. Auch nach der Wiedererbauung dieser Kapelle in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts und nach Wiedereinführung der Predigt in derselben wurde von den Bewohnern Vierquartieren's der Besuch des Hagelkreuzes in Kamperbruch alljährlich beibehalten.
Die Gerichtsbeamten zu Rheinberg benutzten diese jährliche Versammlung um sich ebenfalls dort einzufinden. Sie hielten den dort Versammelten die landesherrliche Polizeiordnung vor, um dann, was wohl die Hauptsache war, auf Kosten der Bauerschaften ein großes Gelage zu veranstalten.

Gegen diese Unsitte erhoben um das Jahr 1740 „Schöffen, Vorsteher und gemeine Eingesessene“ von Vierquartieren Beschwerde bei dem Schulteiss zu Rheinberg und baten um Abstellung derselben Unsitte. Ob das Gesuch von Erfolg gekrönt war, darüber liegen keine Nachrichten vor; es ist aber zu vermuten.
Die betreffende schriftliche Eingabe liegt im Kölner Stadtarchiv. Sie ist sehr umständlich, im Stil der Zeit, formuliert, vereinfacht lautet sie sinngemäß:
... aus Christ-Katholischen Eifer, ... der Andacht beizuwohnen, ...die zur Kultivierung des katholischen Glaubens eingeführte Gewohnheit, den Gottesdienst öffentlich an diesem Hagel-Kreuz abzuhalten, ...jedoch wird dieses sehr beschwert durch die leider übel eingeschlichene Gewohnheit, bei Androhung einer Bestrafung uns die Polizei-Ordnung vorzuhalten, wobei sich das gesamte Rheinberger Gericht, Procuratoren, Botten, Baur- und Rottmeistern (samt Weib und Kindern), einfindet, und verlangt auf unsere Kosten verpflegt zu werden, so daß jährlich über 60 bis 70 Taler aufgewendet werden müssen.
Quelle: Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein

Autor:

Hansfried Münchberg aus Moers

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