Porträt zum ,Jahr des geweihten Lebens‘: Pater George Kalachirayil
(pbm). „Ich bin einer aus der ersten Welle“, berichtet Pater George Kalachirayil. Der Ordensgeistliche gehörte 2001 zu den ersten Indern, die als Priester ins Bistum Münster kamen.
Er stammt aus Iduki in der Provinz Kerala, der großen katholischen Enklave im Südwesten Indiens. Seine Berufung spürte er früh. Der 54-jährige gehört der Gemeinschaft der Indischen Carmeliter (CMI) seit 35 Jahren an, sein Weg wurde ihm in die Wiege gelegt. „Ich habe viele Verwandte, die meinem oder anderen Orden angehören“, erzählt er. In seiner Familie wird abends für die geistlichen Berufe sowie die Priester und Ordensleute aus der Verwandtschaft gebetet. „So bekommt man schon als kleines Kind einen Bezug dazu“, meint er.
Auf diesem Fundament entschied er sich, Priester zu werden. Da es in indischen Schulen keinen Religionsunterricht gibt, erfahren die Kinder neben der Familie vor allem in der Kirche vom Glauben. Erfahrungsberichte von Priestern und Ordensleuten gehören dazu. „Diese persönlichen Erzählungen machen neugierig und begeistern viele junge Menschen“, beschreibt Pater George, „bei einem solchen Anlass habe ich gespürt: Das könnte ein Weg sein. Diesem Gefühl der Berufung zu folgen, war eine gute Entscheidung.“ Seine Familie hat diese von Beginn an unterstützt, trägt ihn im Gebet. Zwar ist er von den fünf Geschwistern der einzige Ordenschrist, doch in der weiteren Familie schon der 13. Priester oder Ordensmann.
Den Karmelitern blieb er, nachdem er an einer ihrer Schulen Abitur gemacht hatte, treu. Sie sind die älteste Ordensgemeinschaft in Indien und haben etwa 4.000 Mitglieder. „Sie sind sehr stark in der Bildungsarbeit aktiv“, begründet Pater George seine Wahl, „für sie steht die Befreiung des Menschen im Mittelpunkt. Der Weg zur Befreiung aus Abhängigkeiten ist die Bildung.“ Dieser Weg sei wichtig, um Menschen zu Gott zu bringen. „Wir geben ihnen das Rüstzeug, Gott selbst zu erkennen“, meint der Pater. Dazu betreibt die Ordensgemeinschaft als einzige in Indien eine Universität und gibt in Kerala eine Tageszeitung heraus.
Nach Pater Georges Einkleidung 1985 folgten Philosophie-, Psychologie- und Theologiestudium, dann die Priesterweihe. In Indien ist sie meist in der Heimatgemeinde der Priester. „Ein Ereignis für den ganzen Ort, das wieder Vorbildwirkung hat“, beschreibt er. Ein Jahr lang arbeitete er nach Gemeindepraktikum und dem Masterstudium für Familienberatung und Jugendpsychologie in einer psychologischen Klinik. Dann kam er „mit der ersten Welle 2001“ mit 16 weiteren Priestern ins Bistum Münster. Nach drei Monaten Deutschunterricht folgten Stellen als Kaplan in Rheinkamp und Lünen. Seit 2008 wirkt er in Kalkar.
Kontakt zu den Menschen und Seelsorge sind Kern seines priesterlichen Tuns. „Diese Nähe hat mir auch geholfen, schnell deutsch zu lernen“, berichtet der Pater über seine mehr als 500 Besuche in Familien in seinen ersten drei Jahren. „Ich gehe gern auf Menschen zu und habe so auch viel über die deutsche Kultur gelernt.“
Trotz der Entfernung hält er Kontakt zu seiner Gemeinschaft, ist ihr Koordinator für das Bistum Münster. Die dortigen 15 Mitbrüder treffen sich mindestens monatlich zu Exerzitien und Besinnungstagen. „Einmal im Jahr kommen wir mit allen Priestern unseres Ordens, die in Deutschland sind, zusammen“, erzählt Pater George. Da seine Eltern tot sind, ist der Orden für ihn Familie. Seine Heimat besucht er jährlich im Urlaub. 2016 wird er eine Gruppe aus seiner Pfarrei mitnehmen, denn der Austausch der Kulturen ist ihm wichtig. So feiert er gelegentlich in Kalkar einen indischen Gottesdienst. Oft kommen indische Priester dazu. „Beim letzten Mal waren wir 50 Priester am Altar“, berichtet er.
Für Freizeit bleibt dem Seelsorger wenig Raum. „Das ist ein Konzept, das wir zu Hause nie gelernt haben“, erklärt er. Selbst an den sogenannten freien Montagen ist er mit seelsorgerischen Aufgaben beschäftigt. Kraft für seinen 24-Stunden-Beruf findet er in Gebetsrhythmus und Spiritualität des Ordens ebenso wie in der Verehrung der Mutter Gottes.
Im Gebet reflektiert er auch schwierige Situationen aus der Seelsorge. „Das unterscheidet den Psychologen mit theologischem Hintergrund von anderen“, macht Pater George deutlich. Vielleicht vertrauen sich ihm auch deshalb neben Katholiken etwa Muslime an. „Mir ist von Kind an Multireligiösität vertraut, daher habe ich keine Berührungsängste“, sagt er. Bereits in der staatlichen Schule in Indien pflege man gemeinschaftliches Gebet. „Dadurch wird man geprägt im Hinblick auf Toleranz ohne Abgrenzung“, findet Pater George.
Geprägt hat ihn auch die Selige Mutter Theresa, mit der er während des Studiums in Bombay gearbeitet hat. „Von 1990 bis 1994 habe ich sie einmal im Monat getroffen“, erzählt er. Außerdem habe er in ihrer Gemeinschaft geholfen. Der Gang zu den Kranken und Sterbenden sei am Anfang nicht leicht gewesen. Ein Wort von Mutter Teresa habe aber geholfen, diesen Abstand zu überwinden: „Wenn du Angst vorm Sterben hast, hast du auch Angst vorm Leben.“
Sein Ordensgründer, der Heilige Kuriakose Elias Chavara, habe ebenfalls angestrebt, Gott bei den Menschen zu finden. „Meine Aufgabe ist es, ihnen die frohe Botschaft und das Wissen zu bringen, mit dem sie sich selbst befreien können“, meint Pater George. Aus der Erkenntnis, „was Wahrheit ist und was für ihn notwendig ist“, könne sich der Mensch aktiv zum Glauben bekennen. Vor allem Familien müsse man als Glaubensvermittler fördern. Auch dazu möchte er möglichst lange in Deutschland bleiben. „Nach der Pensionierung geht es dann zurück nach Indien“, plant er. Seinen Orden sieht er gut aufgestellt. „Wir haben zwischen 60 und 70 Priesterweihen im Jahr. Da haben wir keine Zukunftsängste.“
Das von Papst Franziskus ausgerufene ,Jahr des geweihten Lebens‘ – in Deutschland auch ,Jahr der Orden‘ – läuft vom ersten Advent 2014 bis zum 2. Februar 2016. Denn am 2. Februar wird jedes Jahr der Welttag des geweihten Lebens gefeiert. Im Bistum Münster gibt es alle Infos zum Themenjahr unter www.jahr-der-orden-bistum-muenster.de .
Autor:Lokalkompass Kleve aus Kleve |
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