Gute Leinenführigkeit, letzter Teil
Gute Leinenführigkeit, ein irrationales Unterfangen Teil 2 Problembehebung2
Fassen wir noch mal zusammen: Das Symptom des Leineziehens besteht z.B. aufgrund einer hündischen Eigenabsicherung durch Außenreize, egal ob drinnen oder draußen. Der Hund handelt ohne seinen Menschen zu brauchen.
Der Weg zum Erfolg heißt also, neue Abläufe schaffen, die ihn nicht mehr in die Eigenverantwortung bringen. Der Besitzer hat zukünftig dafür Sorge zu tragen, lückenlose Führung zu übernehmen. Nur in gewissen Situationen das Sagen haben zu wollen, auf der anderen Seite dem Hund aber nach wie vor alle Privilegien zuzugestehen und sich selbst zu überlassen, macht für unseren Hund also keinen Sinn. Führen heißt 24h täglich, oder glauben sie, daß ein Leitwolf Pause macht?.
Wie ernst würden sie ihren Chef nehmen, wenn er nur eine Stunde pro Tag die Leitung der Firma innehat, ansonsten die Verantwortung aber komplett an sie abgibt und seine Angestellten mit all den Aufgaben und Herausforderungen ihnen überläßt? Dies kann man auf das Miteinander mit unserem Hund sehr wohl übertragen.
Es kann nur einen geben der führt, im besten Falle der Besitzer und einen, der sich führen läßt, im besten Falle der Hund. Nicht umsonst machen wir den Unterschied zw. Hundehalter, der im weitesten Sinne den Hund nur hält und dem Hundeführer, der tatsächlich führt und seinen Hund kontrolliert.
Jetzt dürfen sie drei mal raten, was ich da draußen vorwiegend sehe...Führer oder Halter?
Wie in Teil 1 der Problembehebung geschrieben, fängt eine gute Leinenführigkeit bereits im Haus an. Sie haben es also geschafft und sind mit ihrem Hund nun bis nach draußen vorgedrungen, gut gemacht! Dann kann es ja weitergehen, denn sie wollen ja auch eine Gassirunde schaffen, ohne Stress.
Ist am Hausdurchgang geklärt, wer die Kontrolle hat und der Hund nimmt sich dort zurück, schaut sie an und kann Futter nehmen, so ist dies meist auch auf dem Weg schon der Fall....bis: zu einem gewissen Punkt, der sich Halter nennt.
Er soll doch jetzt mal schnuppern, Zeitung lesen...nein eben das nicht. Zumindest so lange nicht, bis sie ihm die Erlaubnis dazu erteilen, denn das ist IHR Jöbchen. Was aus unserer Sicht entspanntes Zeitungslesen ist, bedeutet für den Hund Stress und Selbstabsicherung auf die Umweltreize. Wir wissen nicht wie viel Gefahrenpotential und damit Handlungsbereitschaft unser Hund hinter dem ein oder anderen Geruchstoff wähnt, den er beim Schnuppern aufnimmt. Vielleicht bringen wir ihn genau dadurch in Zugzwang? Daher nehmen wir ihm das lieber ab und geben ihm alleine dadurch mehr Sicherheit.
Zieht ihr Hund nun doch vor, warum auch immer, raten nun viele Experten stehen zu bleiben, oder die Richtung zu wechseln. Ja das können sie machen und werden bis zum Sankt Nimmerleinstag nicht sehr weit kommen. Diese Expertenlösung kann nicht funktionieren. Ich will ihnen auch verraten warum: zieht ihr Hund, macht er bereits einen Fehler und das Einzige war sie tun, ist ihn zu korrigieren und diese Korrektur auch noch zu ritualisieren, was, wie wir mittlerweile aus Teil 1 der Problembehebung wissen, nicht produktiv ist. Folgendermaßen sieht dementsprechend die angebliche Leinenführigkeit aus:
Der Hund zieht, sie bleiben stehen, er nordet sich wieder ein, sie loben evtl. sogar, gehen weiter, der Hund zieht nach wenigen Schritten wieder vor, sie bleiben stehen er nordet sich wieder ein, sie loben gehen weiter, er fängt wieder an zu ziehen...das kann man ewig so fortsetzen.
Oder aber sie versuchen total verzeifelt die Richtungen zu wechseln, was ihnen aber keinerlei Aufmerksamkeit von Seiten des Hundes einbringt, eher das Gegenteil der Fall ist und sie ihren armen Hund mehr oder weniger über Leinenruck von Pontius nach Pilatus ziehen. Ganz klar das dies ebenfalls nicht von Erfolg gekrönt sein kann, wenn man versucht nur an der Leinenführigkeit zu trainieren, alles andere dabei aber aus den Augen verliert.
Widmen wir uns dem Stehenbleiben:
Solange ihr Hund immer noch die Möglichkeit hat zu ziehen, werden sie keine Fortschritte erarbeiten können, weil es jedes Mal Erfolg für den Hund bedeutet. So stellen sie sich unweigerlich selbst ein Bein, da der Hund ausschließlich erfolgsorientiert handelt. Heißt, lassen sie ihm den Raum zu ziehen, wird er das tun und damit kann er sich nicht auf seine neue Aufgabe konzentrieren, nämlich neben ihnen zu laufen.
Wichtig ist, die Aufmerksamkeit aufrecht zu erhalten, indem es sich für den Hund lohnt neben ihnen zu bleiben. Schließlich soll er das zukünftig gerne und freiwillig tun. Verlieren sie dennoch den Blickkontakt und der Hund läuft wacker neben ihnen, ohne Zug, loben sie trotzdem, denn gucken darf er, schließlich ist er ein Sichtjäger und muß seine Umwelt wahrnehmnen. Verliert er jedoch darüber hinaus die Konzentration und ist im Begriff nach vorne zu drängen, so fängt man schon im allerersten Augenblick an ihn daran zu hindern, wenn das Ziehen noch nicht besteht! Das ist schon dann der Fall, wenn der Hund nicht mehr mit seiner Schulter neben dem Besitzer läuft. Die Gefahr, daß der Hund den Halter im wahrsten Sinne des Wortes „aus den Augen verliert“, ist hier schon gegeben.
Nun gibt es mehrere Möglichkeiten, um dem vorzubeugen: man führt die Leine gleich hinterm Rücken und nimmt dem Hund damit schon mal diesen Weg komplett weg, oder, wenn man die körperliche Geschwindigkeit mitbringt und die Leine vor dem Bauch führen kann, so schnell es geht beim Hund zu sein und ihm körperaktiv den Weg zu versperren. Daraufhin wird er sich zurücknehmen, was umgehend mit einem Futterstück gelobt wird und man dann mit erneueter Aufmerksamkeit den Weg fortsetzen kann.
Ist das nicht der Fall, wiederholt man die Aktion, bis es klappt. Das Kommando „nein“ können sie sich somit sparen.
Loben sie anfangs nicht zu wenig, denn sonst wird der Hund immer wieder Fehler machen müssen, wenn er aber merkt, daß er einen guten Grund hat, neben seinem Halter zu bleiben, dann braucht er auch nicht mehr zu ziehen.
Gute Gründe sind: Sicherheit, Verantwortung und Existenzsicherung à Futter
Daher empfehle ich die Futterration über den Tag verteilt aus der Hand zu füttern, da es die positive Abhängigkeit zum Menschen fördert und der Hund sowieso fressen muß. Wieso alles auf einmal aus dem Napf fürs Nichtstun verfüttern, wenn er es sich ebensogut für hervorragende Leistungen verdienen kann.
Nun fragt sich der ein oder andere vielleicht: ja und wann verrichtet mein Hund sein Geschäft, wenn er nicht mehr schuppern darf? Sicherlich: der Hund darf auch schnuppern und soll sich ja auch draußen lösen. Dafür bleibt man stehen, wartet den Blickkontakt des Hundes ab und gibt ihm ein Zeichen, daß er nun „frei gegeben“ ist. (wie in Teil 1 Prävention bereits beschrieben) In dem von der langgestellten Leine vorgegeben Radius darf er nun schnuppern und sein Geschäft machen. Danach geht es konzentriert gemeinsam weiter.
„Will“ er ohne ihre Freigabe markieren, drängen sie ihn körperaktiv weg. Beim unerlaubten Schnuppern verfährt man genauso oder man stellt seinen Fuß über oder vor die Stelle.
Ableinen oder den Hund laufen lassen, können sie erst dann, wenn die Leine (falls hinterm Rücken geführt) wieder vor dem Bauch gehalten, locker durchhängt und sich der Hund durch regelmäßigen Blickkontakt beim ihnen absichert, daß alles noch ihren Vorstellungen entspricht und nichts weiter von ihm verlangt wird.
Zusammenfassung der Empfehlung:
Gestehen sie ihrem Hund zum Einzug keine Eingewöhnungsphase zu,
Denken sie daran, daß der Hund nicht zw. drinnen und draußen unterscheidet, sondern nur ein Leben hat und die Absicherung generell aktiv ist. Da er von seiner Hirnleistung her keine logischen Zusammenhänge erfassen kann, weiß er nicht, daß es im Haus sicher ist und Eindringlinge nicht so ohne Weiteres reinkommen können, geschweige denn, dass es Alarmanlagen gibt.
Nehmen sie die Leine so kurz, daß ihr Hund erst gar nicht ziehen kann, als kleiner Tip kann man hier die Leine der Einfachheit halbar hinterm Rücken führen. Damit nimmt man ihm von vorn herein die Möglichkeit Fehler zu machen
So wie der Hund nicht zw. drinnen und draußen unterscheidet, tut er dies auch nicht beim menschlichen Unterschied zw. Arbeitszeit und Freizeit. Er hat nur ein Leben und wenn sie ihm nicht zeigen, daß eine gute Leinenführigkeit überall Gültigkeit hat, dann wird auch er Unterschiede machen. So wie die Hunde während der Vereins- oder Schulstunde hervorragend an der Leine laufen können, aber sobald der Mensch den Platz verläßt wieder ziehen (Hundeplatzsyndrom)
Denken sie immer daran, daß das Leineziehen ein Symptom ist und niemals alleine behandelt werden kann, da der Hund nicht begreift, was sie von ihm wollen. Er muß immer dort abgeholt werden, wo für ihn der Grund besteht zu ziehen (Kontrolle, Überforderung, Angst, Aggression), denn spätestens dann, wenn er mit seiner Ursache konfrontiert wird, wird er wieder an der Leine ziehen müssen, als Bsp. Verträgt ihr Hund sich nicht mit anderen Hunden, kann er solange gut an der Leine laufen, wie kein anderer Hund zu sehen ist. Sobald ein fremder Hund die Bildfläche betritt, muß er wieder ziehen, weil das der ursprüngliche Grund des Leineziehens war. Anderes Bsp. könnten laute Geräusche sein. Solange keine Geräusche da sind, läuft ihr Hund prima, aber sobald etwas lärmt, wird er wieder ziehen müssen, um flüchten zu können.
Nehmen sie sich immer Futter mit auf die Gassirunden, um dem Hund eine Belohnung zu geben, die für ihn auch rentabel ist (Futter). Glauben sie mir: für den Hund ist die Existenz des eigenen Lebens bestimmt rentabel.
Lösen, fremde Personen“begrüßen“ und schnuppern darf ihr Hund anfänglich nur nach ihrer Freigabe. Ihr Hund sollte dies über einen Blickkontakt erfragen. Damit kontrollieren Sie die Situation.
Viel Spaß und Erfolg beim Üben und beachten sie bitte, daß dieses Training der guten Leinenführigkeit für den Menschen zwar etwas aufwendiger ist, den Hund aber bestimmt auf eine artgerechte Weise lernen läßt, im Gegensatz zu den Folterinstrumenten, die sich „harmlose Hilfsmittel“ nennen!
Herzlichst
Conny Benford
Demnächst geht es weiter mit den absurdesten Erfindungen rund um den Hund!
Autor:Cornelia Benford aus Kalkar |
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