Gute Leinenführigkeit, ein irrationales Unterfangen? Teil 1 Prävention
Viele Halter sind verzweifelt. Haben sie ihren Hund nun doch schon seit einigen Jahren und laufen regelmäßig morgens, mittags und abends unfreiwillig in einer Art Schweinsgalopp HINTER ihm her. Ja das ist sehr anstrengend und kann sogar im schlimmsten Fall zu Arthrose in Arm und Schulterbereich führen.
Viele Hundehalter können kaum glauben, daß dies, selbst bei einem erwachsenen Hund, noch trainierbar ist. Aber ja, es hat auch nichts mit großartiger Kunst zu tun den Hund leinenführig zu bekommen, nur leider haben verzweifelte Halter hier auch schon das ein oder andere Hilfsmittel durch und mit allen Versuchen keinen Erfolg gehabt. Mit Berechtigung sind sie skeptisch und ungläubig hinsichtlich eines entspannten Laufens im Miteinander mit ihrem Hund. „Ja aber, ich war doch schon in 3 Hundeschulen“ bekomme ich nicht selten zu hören. „Alles hat nichts gebracht, er macht das immer noch!“
Hier möchte ich also die wichtigsten Eckpunkte anführen, welche die Grundvoraussetzungen für eine gute Leinenführigkeit darstellen.
Das, was nur zu häufig passiert und wohl der Kardinalsfehler Nr.1 ist: ist die sogenannte Eingewöhnungsphase! Man erwartet möglichst erst einmal gar nichts vom Hund, weil er sich ja selber einfinden/ankommen muss, bloß nicht überfordern. Leider weit gefehlt, denn wenn man dem Hund nun diese Möglichkeit gibt, dann wird er sich selber irgendwohin orientieren (müssen), aber schon nicht mehr an seinem eigentlich so unentbehrlichen Menschen. Denn der ist im wichtigsten Augenblick, nämlich dann, wenn die Weichen der Zukunft gestellt werden, schon nicht für ihn da. Der Hund ist mit all seinen Entscheidungen, die er zu treffen hat, in Bezug auf z.B. den Nachbarshund oder lautes Kindergeschrei, Wellensittiche zu Hause, die er nicht kennt uvam., allein.
Man darf nicht vergessen, daß der neue Hund, egal welchen Alters, in den ersten Momenten ziemlich orientierungslos und dadurch verunsichert ist. Er betritt ein neues Territorium und weiß noch gar nicht, welche „Gefahren“ dort lauern. Daher läuft er gestresst mit der Nase am Boden durch alle Räume, um möglichst schnell alles auf Gefahrenreize zu checken, da der untätige Mensch es ihm ganz freiwillig so überläßt. Er übergibt hier schon unbewußt die Verantwortung an den Hund.
Ähnlich wie wir in einer komplett neuen Umgebung gerne jemanden haben, andem wir uns orientieren können (Sicherheit), braucht der Hund seinen Führer sofort und umgehend an seiner Seite.
Stellen Sie sich vor Sie werden von Bekannten in deren neues Zuhause eingeladen. Wie läuft das normalerweise ab? Da wird gezeigt, wo die Toilette ist, denn die ist wichtig und später nach dem Essen wird eine Hausführung gemacht. Man läuft nicht so einfach alleine durchs Haus und den Garten, denn das gilt als unhöflich. Vom Hund erwarten wir das? Auch ein Hund ist dadurch überfordert. Sie glauben das nicht? Dann schauen sie sich doch das nächste Mal so einen Hund an, der wie ein Drogenspürhund mit 200 Atemzügen in der Minute seine Umgebung scannt und die darin befindlichen Reize verarbeitet. Soll das etwa kein Stress sein?
Stellen Sie sich also vor, Ihr Hund kennt z.B. keine Meerschweinchen, Sie haben nun aber welche und die rascheln im Stroh während ihr Hund nichtsahnend dort vorbeiläuft. Jeder Hund wird erst einmal die Flucht antreten oder fürchterlich erschrecken, was auf den hohen Stresslevel hindeutet, bevor er merkt, daß dies Beutetiere sind, von denen keine akute Gefahr ausgeht .
Hat ihr Hund nun in dieser allerersten Gefahrensituation erfahren, daß sie zwar körperlich anwesend sind, sich aber über mögliche Erfahrungen eher amüsieren, klar weil sie keine Gefahr wittern, denn sie kennen ja alles, wird er draußen auch keine Anlehnung an Ihnen in Gefahrensituationen suchen, warum auch? Der erste Grundstein der Unabhängigkeit und damit der Eigenverantwortung und des Leineziehens ist allein dadurch gelegt.
Erster Tip: keine Eingewöhnungsphase
Zweiter Tip: der Hund unterscheidet nicht zwischen drinnen und draußen
Besser ist also, den Hund vorerst in der Wohnung an der Leine zu lassen, bis er seinen Stress hat reduzieren können. Sie sollten ausschließlich gemeinsam das Territorium erkunden, ihn in Momenten der Unsicherheit Führung geben z.B. ihn für richtiges Verhalten (Blickkontakt, neben ihnen zu bleiben)zu loben, ihm seine Liegefläche zu zeigen und zu trainieren, daß er dort liegen bleiben kann, auch wenn sie den Raum verlassen. Damit man hier schon dem gefürchteten Kontrollverlust vorbeugt, bei dem der Hund alles zerstört, wenn der Halter das Haus verläßt.
Dann kann gerne auch gleich der erste Gassigang gemacht werden, denn Stress treibt, das kennen wir von uns. Aber vorsicht, nicht einfach gedankenverloren raus gehen und den Hund überall schnuppern lassen, denn auch hier übernimmt er schon eigenverantwortlich Kontrolle und wird später dann ebenfalls ziehen, weil er die gesamte Palette der Geruchsinformationen möglichst schnell verarbeiten muss.
Er soll sich doch nicht an den Geruchsstoffen orientieren, sondern an ihnen, oder?
Also Futter mit auf die Gassirunden mitnehmen und für lockeres neben ihnen herlaufen gerne hin und wieder bestätigen (Körperbestätigung oder Futter), damit er weiß, daß das von ihnen gewünschtes Verhalten ist. Bitte vergessen sie nicht ihren Hund dafür anzusehen. Denn wieso sollte er sie anschauen, wenn von ihnen keine Antwort für den Blickkontakt kommt. Jeder Blickkontakt ist ein Geschenk und sollte anfänglich belohnt werden. Egal ob durch ein Stückchen Futter oder über eine wohlwollende Körperbestätigung.
Zum Lösen lassen stehen bleiben, dann auf ein Zeichen den Hund „Frei“ geben, es soll ihm signalisieren, daß nun nichts von ihm gefordert wird. In dem Radius, den ihnen nun die Leine zur Verfügung stellt und das ist bei einer langen Leine von 1,80m nicht wenig, kann der Hund nun nach belieben schnuppern und sein Geschäft verrichten. Tut er das nicht, dann den Hund wieder zu sich holen, Leine verkürzen und konzentriert weiter laufen, bis zu einem Fleckchen, wo sie ihn erneut freigeben und schnuppern und sich lösen lassen können.
Dritter Tip: außer zum Lösen lassen ist die Leine möglichst kurz zu halten
Denn was nicht direkt neben ihnen klappt, kann doch erst gar nicht auf Entfernung klappen. Schafft es ein Hund nicht, Sie anzusehen, wenn er direkt neben ihnen läuft, wie soll er das dann können, wenn er 20 Meter von ihnen entfernt ist?
Klappt die Leinenführigkeit gut, kann die Leine gerne sukzessive verlängert werden bis dahin, daß der Hund draußen unangeleint laufen kann. Wichtig ist dafür aber die lückenlose Umsetzung der Tips, denn sollten sie drinnen dem Hund alles zugestehen, ist das eine Lücke, die der Hund umgehend schließen wird, und dies bestimmt nicht, indem er sie mit in seine Entscheidungen einbezieht.
vierter Tipp: der Hund unterscheidet nicht zw. Arbeitszeit und Freizeit
Das heißt, wenn sie ihn an der Leine haben, dann gelten überall die gleichen Regeln, Ausnahmen dürfen sie dabei nicht machen, ansonten wird der Hund ihre Inkonsequenz sehr schnell raus haben und weiß, wann er den Job der Führung übernehmen muß. Dies wird sich dann in allen anderen Bereichen negativ bermekbar machen.
Autor:Cornelia Benford aus Kalkar |
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