Wenn Hunde Rehe jagen
In den Tod gehetzt

Das Reh, das Ende April in Hilden durch Hunde so schwer verletzt wurde, dass Jäger Björn Möller es mit einem Stich ins Herz erlösen musste.   | Foto: Björn Möller
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  • Das Reh, das Ende April in Hilden durch Hunde so schwer verletzt wurde, dass Jäger Björn Möller es mit einem Stich ins Herz erlösen musste.
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Jäger Björn Möller musste kürzlich wieder ein Reh erlösen. Hunde hatten das Tier auf der Wiese am Jaberg in Hilden gejagt und schwer verletzt: Knochenbruch am hinteren Lauf, Bisswunden am Kopf, Hals und an der Drossel (Kehle). "Leider kein Einzelfall", sagt Möller.

Allein in seinem Jagdbezirk in Hilden war es seit 2022 das sechste Reh, das auf diese Weise sein Leben verlor. Auf das Thema aufmerksam machte Bürgerreporter Peter Piksa, der den Jäger im Lokalkompass interviewte. Der Jäger fordert darin, "dass jeder Besitzer seinen Hund unter Kontrolle haben muss". Falls dies nicht möglich sei, helfe nur eine grundsätzliche Leinenpflicht. Er nennt das Beispiel Niedersachsen, wo in der Brut- und Setzzeit vom 1. April bis zum 15. Juli Leinenpflicht bestehe. Das habe der Jagdverband NRW auch durchsetzen wollen, aber: "Das war unter Rot-Grün um die Jahrtausendwende herum politisch nicht gewollt, weil man den Hundehaltern nicht zumuten wollte, dass sie während der Brut- und Setzzeit ihre Hunde an der Leine halten."

"Jeder Besitzer muss seinen Hund unter Kontrolle haben", sagt Jäger Björn Möller. | Foto: Björn Möller
  • "Jeder Besitzer muss seinen Hund unter Kontrolle haben", sagt Jäger Björn Möller.
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Stadt Hilden wollte Leinenpflicht im Stadtwald erlassen

Auch die Stadt Hilden hatte 2010 in einer Ordnungsbehördlichen Verordnung eine generelle Anleinpflicht im gesamten Hildener Stadtwald inklusive Hildener Heide erlassen. "Gegen diese im Ortsrecht vorgeschriebene Regelung wurde geklagt und das Oberverwaltungsgericht (OVG) NRW hat diese Regelung für unzulässig erklärt. Die Gründe für die Entscheidung des OVG besitzen heute noch ihre Gültigkeit, die Stadt Hilden hat diesbezüglich keine Handlungsmöglichkeit", heißt es aus der Pressestelle der Stadt Hilden.

Eigenverantwortung der Hundebesitzer

Konkret bedeutet das: Die Hundebesitzer sind weiterhin in der Eigenverantwortung. Die Stadt Hilden empfiehlt lediglich, "dass besonders im Frühjahr innerhalb der Brut- und Setzzeit im gesamten Waldgebiet Hunde an der Leine geführt werden, damit alle Waldtiere ungestört ihren Nachwuchs aufziehen können." Björn Möller vom Hegering Hilden weiß aus der Vergangenheit, dass das nicht immer gelingt. Er schildert einen anderen Fall, der sich in einem Naturschutzgebiet ereignet hat, weil auch dort die Hunde nicht angeleint waren. "Dieses Reh war trächtig mit zwei Kitzen. Die beiden toten Kitze habe ich später eigenhändig aus dem Muttertier herausgeschnitten und in den Händen gehalten. Das alles hätte nicht sein müssen."

"Ich sehe zuerst die Menschen in der Verantwortung", sagt Hundeprofi Martin Rütter Foto Rütter.  | Foto: Klaus Grittner
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Hundeprofi Martin Rütter fordert gegenseitige Rücksichtnahme

Das sieht auch Hundeprofi Martin Rütter so: "Allgemein ist gegenseitige Rücksichtnahme oberste Voraussetzung! Ich sehe deshalb zuerst immer die Menschen in der Verpflichtung und Verantwortung. Sie müssen dafür Sorge tragen, dass ihre Hunde gut erzogen und für das Leben in der Gesellschaft gewappnet sind." Rütter betont, dass "sich der Jagdtrieb nicht löschen lässt. Ich kann aber dafür sorgen, dass der Hund seinen Jagdtrieb unter meiner Kontrolle auslebt. Zum Beispiel mit einer Reizangel, also ein Stock mit einer Schnur, an deren Ende die ,Beute' hängt. Das heißt natürlich nicht, dass er danach nicht mehr jagen geht. Aber wenn ich zusätzlich noch auf Vorboten des Jagdverhaltens achte, kann ich ihn stoppen, bevor er im Gebüsch verschwindet", sagt der erfahrene Hundetrainer. "Meist ist es ja so: Der Hund beschnuppert den Wegesrand, während sich Herrchen und Frauchen unterhalten. Dann ist der Hund plötzlich weg. Würden die beiden den Hund beobachten, hätten sie rechtzeitig bemerkt, dass sich das Jagdverhalten anbahnt. Zu dem Zeitpunkt könnten sie den Hund noch gut zurückrufen."

Rütter ist gegen generelle Leinenpflicht

Von einer generellen Leinenpflicht hält Rütter wenig. "Natürlich bietet ein Spaziergang ausschließlich an der kurzen Leine für einen Hund keine ausreichende Auslastung. Daher muss ein Freilauf oder aber ein Spaziergang an der längeren Schleppleine immer auch gewährleistet sein. Grundsätzlich sollte man einen Hund aber erst dann frei, also ohne Leine oder Schleppleine laufen lassen, wenn ein Rückrufsignal zuverlässig aufgebaut wurde."

Polizei war vor Ort

Die Halter der Hunde, die das Reh am Jaberg gejagt haben, müssen wohl keine Konsequenzen fürchten. "Werden dem Ordnungsamt Hilden solche Vorfälle bekannt und sind der/die Halter/innen der Hunde bekannt oder können diese ermittelt werden, geht das Ordnungsamt Hilden diesen Anzeigen konsequent nach", antwortet die Stadt-Pressestelle auf unsere Anfrage. Weiter heißt es aber: "In diesem Jahr wurden beim Ordnungsamt Hilden noch keine derartigen Fälle angezeigt. Wie viele Vorfälle es in der letzten Zeit gegeben hat, ist dem Ordnungsamt daher nicht bekannt."
An anderer Stelle heißt es aber: "Der Jagdpächter hat auch die Stadt Hilden als Verpächter über den Vorfall informiert." Die Polizei war ebenfalls vor Ort und hat mindestens einen beteiligten Hundehalter angetroffen. Ob ein Fehlverhalten festgestellt, Personalien aufgenommen und/oder eine Anzeige geschrieben wurde, konnte die Pressestelle der Kreispolizeibehörde Mettmann aufgrund technischer Probleme bis Redaktionsschluss nicht mit Sicherheit sagen.

Das ganze Interview von Peter Piksa mit Björn Möller gibt es auf www.lokalkompass.de/1857663 

Sollte auf Waldwegen in NRW eine Leinenpflicht bestehen?

Eure Meinung

Wie seht ihr das: Muss eine Leinenpflicht während der Setz- und Schutzzeit her? Oder reicht der Appell an die Eigenverantwortung der Hundehalter? Habt ihr schon Erfahrungen mit jagenden Hunden gemacht? Habt ihr euer Tier unter Kontrolle und würdet euch benachteiligt fühlen, falls eine Leinenpflicht käme?

Autor:

Miriam Dabitsch aus Velbert

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