Wenn Mama nicht mehr kann: Das Programm „Wir2“ unterstützt Alleinerziehende
Alleinerziehende Mütter haben mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen. Oft sind sie berufstätig, müssen alltägliche Fragen allein klären und kämpfen nicht selten mit Geldsorgen. Das kann auf die Gesundheit und auch auf die Psyche schlagen. Hier setzt das Projekt „Wir2 – Bindungstraining für Alleinerziehende“ an. So erfolgreich, dass es nun bundesweit angeboten werden soll.
300 Millisekunden. Mehr Zeit verstreicht nicht. So schnell reagiert die Mutter oder die Bezugsperson. Zum Beispiel, wenn ihr kleines Kind hingefallen ist und sich weh getan hat. „Die Mutter spiegelt das Gefühl des Kindes, strahlt aber gleichzeitig auch Sicherheit aus: ‚Ich habe dich verstanden. Ich weiß, was zu tun ist, damit es dir besser geht‘“, erklärt Professor Matthias Franz von der Uni Düsseldorf die wortlose Kommunikation.
Für die Kleinen sei diese schnelle Rückmeldung wichtig: Ohne diesen emotionalen Halt würden die Kinder quasi die Verbindung zur Welt verlieren, Angstzustände nehmen zu. Mädchen ziehen sich zurück, Jungen werden häufiger hyperaktiv.
Das Risiko, dass die Kommunikation zwischen Kind und Elternteil nicht mehr funktioniert, sei bei Alleinerziehenden besonders hoch: „Mehr als 40 Prozent der Alleinerziehenden sind in Vollzeit berufstätig, häufig in nicht gut bezahlten Jobs“, erklärt Franz, der zusammen mit Dr. Ralf Schäfer das Projekt „Wir2“ entwickelt hat.
Zeitmangel, Stress, zu wenig Unterstützung in Alltags- und Erziehungsfragen sorgten für hohe Belastung. Das könne auf die Gesundheit und auf die Psyche schlagen. „Viele geben sich selbst die Schuld an der Situation – und das ist die Eintrittspforte für Niedergeschlagenheit und Depression.“ So drohe ein Teufelskreis. Das Kind wolle die Mutter schützen, unterstützen – und verstecke deshalb oft die eigenen Gefühle.
"Teilnehmer haben ähnliche Erfahrungen und Sorgen"
„Wir2“ will die Alleinerziehenden – fast immer sind es Frauen, aber auch interessierte alleinerziehende Männer können teilnehmen – stärken. In 20 Sitzungen, geleitet von zwei besonders geschulten Erziehern oder Sozialpädagogen, geht es um die eigenen Gefühle, die Gefühle der Kinder, die Trennung der Eltern und um alltägliche Situationen. „Weil alle Teilnehmer ähnliche Erfahrungen und Sorgen haben, ist schnell eine Vertrauensbasis da“, weiß Gabriele Liebscher, stellvertretende Leiterin der Kita „Die Arche“ und Koordinatorin und Supervisorin von „Wir2“.
Der Erfolg ist messbar: „Nach dem Elterntraining ist die Depressionsbelastung halbiert – ein stärkerer Effekt als er sich mit Psychopharmaka erzielen lässt“, sagt Franz. Weil es „keine Eintagsfliege“ sei, habe das Training das Interesse der Walter-Blüchert-Stiftung geweckt. Für drei Jahre gibt es nun finanzielle Unterstützung, das Projekt soll bundesweit ausgerollt werden. Hilden ist eine von drei Städten, die dabei als Vorbild dienen.
„Wir2“ richtet sich an Alleinerziehende mit Kindern zwischen 3 und 10 Jahren. Der nächste Kurs in der Itterstadt soll Ende März starten. Das Angebot ist für die Teilnehmer kostenfrei, weitere Infos gibt es telefonisch bei Gabriele Liebscher unter 02103/911513-20.
Übrigens: Für Eltern, die jüngere Kinder haben und Hilfe benötigen, gibt es Babysprechstunden. Termine können bei der Psychologischen Beratungsstelle unter beratung@hilden.de oder telefonisch unter 02103-72271 (montags bis donnerstags von 9 bis 16 Uhr, freitags bis 12 Uhr) vereinbart werden.
Autor:Janina Krause (Rauers) aus Hilden |
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