Freitag: Hilfe auf Brötchentüten
Sieben Hildener Bäckereien und Filialen verpacken an diesem Freitag, 25. November, ihre Brötchen nicht in den gewohnten Tüten, mit dem Aufdruck des jeweiligen Geschäfts, sondern in speziellen Brötchentüten mit der pinkfarbenen Aufschrift „Gewalt kommt nicht in die Tüte“.
Auf den Rückseiten der insgesamt 6.000 Tüten befinden sich Adressen und Notrufnummern der Stellen, bei denen von häuslicher Gewalt betroffene Mädchen und Frauen Schutz und Hilfe erhalten können.
Ziel der Aktion, die die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Hilden, Monika Ortmanns, gemeinsam mit Susanne Hentschel, Leiterin des Kinderparlaments, und der Präventionsstelle „Gewalt und sexuelle Gewalt gegen Kinder und Jugendliche“ startet, ist es, über Hilfsangebote gegen häusliche Gewalt zu informieren und das Thema ins öffentliche Bewusstsein zu bringen.
„Wir hoffen, mit dieser Aktion Frauen und Kinder zu erreichen, die bisher nicht den Mut hatten, eine Beratungsstelle aufzusuchen“, erklärt Monika Ortmanns. „Nur 20 Prozent der Frauen, die Gewalt erfahren, nutzen die bestehenden Beratungs- und Unterstützungseinrichtungen.“
Um auch mit Frauen in Kontakt zu kommen, die die deutsche Sprache nicht beherrschen, erfolgt seit dem vergangenen Jahr die Beschriftung der Tüten in acht Sprachen: deutsch, englisch, französisch, spanisch, polnisch, türkisch, russisch und arabisch.
Unterstützt wird die Aktion von den Hildener Bäckereien Jung, Kamps, Knelange, Schüren, Suckow, Westerhorstmann und Wulf. Diese Aktion wird kreisweit von allen städtischen Gleichstellungsbeauftragten durchgeführt und unterstützt.
Ebenfalls am kommenden Freitag wird am Bürgerhaus, Mittelstraße 40, eine drei Meter hohe Fahne gehisst: Mit der Terre des Femmes-Fahne „frei leben – ohne Gewalt“ wird ein weiteres Zeichen gegen tägliche Gewalt an Mädchen und Frauen gesetzt. Die Fahnenaktion 2016 steht unter dem Schwerpunktthema „Tür auf! Schutzräume für alle gewaltbetroffenen Frauen.“
Bundesweit gibt es circa 390 Frauenhäuser und Zufluchstwohnungen mit rund 6.800 Plätzen für von Gewalt betroffenen Frauen und deren Kinder. Viele der Zufluchtsstätten müssen jedes Jahr wieder um das finanzielle Überleben kämpfen. Eine gesicherte und bundesweit einheitliche Finanzierung gibt es nicht, sondern nur ein Flickenteppich aus Zuständigkeiten. Allzu oft müssen Frauen abgewiesen werden, weil das Frauenhaus belegt oder die Finanzierung nicht gewährleistet ist.
Hintergrund:
Einer Studie der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte zufolge sind rund 35 Prozent aller Frauen in Deutschland mindestens einmal in ihrem Leben von physischer und/oder sexueller Gewalt betroffen. Unter dem Begriff „Häusliche Gewalt“ werden der Kreispolizeibehörde Mettmann zufolge alle strafrechtlich relevanten Gewaltanwendungen zusammengefasst, die im familiären Umfeld auftreten.
Dazu gehören Körperverletzung, Bedrohung, Straftaten zum Schutz der Ehre, Nötigung, Freiheitsberaubung, Sachbeschädigung, sexuelle Nötigung und Vergewaltigung sowie Hausfriedensbruch und Erpressung.
Im Jahr 2015 wurden der Interventionsstelle des Sozialdienstes katholischer Frauen und Männer (SKFM) 619 Fälle häuslicher Gewalt im Kreis Mettmann bekannt. 2014 waren es 435 Fälle. Das SKFM-Frauen- und Kinderschutzhaus bietet Frauen Schutz und Hilfe,die keinen anderen Ausweg mehr sehen. Im Jahr 2015 wurden 32 Frauen mit 32 Kindern aufgenommen.
Auffällig ist die durchschnittliche Aufenthaltsdauer der Bewohnerinnen. Waren es 2013 noch 42 Tage, so betrug die Verweildauer 2014 im Durchschnitt 68 Tage, 2015 im Durchschnitt mehr als 80 Tage. Gründe für die ungewöhnlich langen Aufenthalte sind unter anderem die deutlich schwierigere Wohnungssuche und der lange Weg zu Entscheidungen über das Aufenthaltsrecht. Viele Anfragen mussten an andere Frauenhäuser weitervermittelt werden.
Für betroffene Frauen ist die Gleichstellungsbeauftragte oft die erste Anlaufstelle in der Stadt, die den Kontakt zu Interventionsstellen, Frauen- und Kinderschutzhaus oder zum Polizeilichen Opferschutz herstellt.
Autor:Lokalkompass Hilden aus Hilden |
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