„Wir bitten wegen Corona von Besuchen Abstand zu nehmen“ war und ist vor einem Seniorenheim zu lesen.
„Corona bedingte Einsamkeit bei Pflegeheim-Bewohnern und ihre mögliche Folgen"

Wie schlimm ergeht es unseren Senioren in den ca. 11.700 bundesweiten Alten- und Pflegeheimen wirklich? Eine ganz persönliche Einschätzung. 

Mitte März 2020 wurde ein regelrechtes Besuchs-/Kontaktverbot ausgesprochen. Erst nach fast 2 Monaten (!) wurden unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen, stundenweise Besuche nach Absprache zugelassen; diese Maßnahmen dauern z.Zt. noch an (jedes Alten- und Pflegeheim hat seine eigenen Regeln!). Im schlimmsten Fall durften Familienmitglieder Sterbende weder besuchen noch begleiten.

Lange zwei Monate, ohne Besuch von Angehörigen, Freunden, Bekannten oder ehemaligen Nachbarn, ohne gemeinsame Einnahmen der Mahlzeiten, ein Leben zwischen Bett und Fernsehsessel. Keine kurzen Ausflüge in die Stadt oder in die Kirche oder "wohin auch immer . Ein Leben wie im Knast oder einer anderen geschlossenen Anstalt. Ohne weiteren Kontrollen der Heime und deren Vorgehensweise von außen.

Keine körperliche Nähe, viel zu wenig Gespräche und Zuneigung. Der Blick auf den Erhalt der restlichen körperlichen Fitness = Fehlanzeige. Wie soll das vom zu Recht gelobten Personal zeitlich auch alles geschafft werden? Abgesehen davon, dass das Personal nicht alle Kontakte ersetzen können. 

Bei dem einen oder anderen Bewohner kamen längst verdrängte Kriegserinnerungen wieder an Tageslicht, unabhängig, ob sie sie noch „mitten im Leben“ standen, oder bereits z.B. an Demenz litten. Dennoch wurde es in der Regel sicher geschafft, sie zu beruhigen.....

Eine tägliche (leichte) sportliche Bestätigung unter Anleitung einer fachlich kompetenten Kraft (z.B. Physiotherapeut) wäre zur Ablenkung sicher geeignet und würde dem einen oder anderen Bewohner eine Bettlägerigkeit ersparen, die sich früher oder später ohne ausreichende körperliche Bewegung fast automatisch einstellt.

Nach einer einmal erlangten Bettlägerigkeit im teils sehr fortgeschrittenen Alter, ist eine Erholung sehr unwahrscheinlich, so dass die weitere Folge ein geistiger Abbau wahrscheinlicher ist, oder gar zu einer Art Selbstaufgabe führt, da die einmal erlangte Situation als perspektivlos empfunden wird. 

Ich möchte nicht wissen, wieviel der geschätzten 800.000 (!) Bewohner in Alten- und Pflegeheimen durch Einsamkeit, fehlender körperlichen Bewegung und seelischer Belastung sich selber aufgeben. Selbst wenn ein Bewohner Pflegegrad 5 erhält, erhält der Bewohner dadurch nicht mehr oder weniger zeitlicher Zuwendung; in der Regel können sich die Investoren einer Pflegeeinrichtung freuen, sofern man sich in einem derartigen Wirtschaftskonstrukt eingemietet ist.

Letztlich hat niemand die wirkliche Verantwortung dafür, wie sich Lebenssituation der Senioren verschlechtert hat. Vor Corona hatten die Senioren in Heimen keine Lobby, genauso wenig wie das dort eingesetzten Personal. Weshalb sollte sich das während der Coronazeit ändern?

Heime, die als Wirtschaftsunternehmen Rendite abwerfen müssen, sparen eben zu Lasten der Lebensqualität der Bewohner und Pflegekräften. Da wird z.B. das rare Pflegepersonal ab-kommandiert, um als eine Art Pförtner die 60-Minuten-Besucher von Heimbewohnern zu empfangen, d.h.: Die Überwachung der Eintragungen in die Besucherlisten, des Hände waschen und der Desinfizierung der Hände, Fieber messen und des Maske tragen. Alles wichtig und gut; andererseits fallen diese Zusatzaufgaben nicht in den Arbeitsbereich eines Pflegepersonals,
das sodann an anderer Stelle fehlt. 

Es werden derzeit wichtige, teils milliardenschwere Rettungspakte für die meisten durch Corona Betroffene geschnürt, aber meiner Auffassung werden da einige vergessen, auch Senioren in Heimen sowie das dazu gehörende Personal, trotz allen zwischenzeitlichen Ideen, auch hier Verbesserungen herbeizuführen.....Aber das scheint schon wieder "Schnee von gestern zu sein".

Autor:

Jürgen Spathmann aus Hilden

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