Tacheles-Runde beim Stadtanzeiger - Teil 2
Kurz vor Weihnachten trafen wir uns mit den vier Stadtoberhäuptern aus dem Verbreitungsgebiet des Stadtanzeigers zum Gespräch. Lesen Sie im zweiten Teil, was Dr. Katja Strauss-Köster aus Herdecke, Frank Hasenberg aus Wetter, Jörg Dehm aus Hagen und Klaus Baumann aus Breckerfeld über die kommunalen Finanzen zu erzählen haben.
Stadtanzeiger: Herr Dehm, die Vorschläge Ihres Sparpakets reichen von der Schließung von Kitas und Spielplätzen über die Reduzierung der Straßenunterhaltung bis zur Schließung von Seniorenbegegnungsstätten.
Was kann eine Kommune im Haushaltssicherungskonzept überhaupt noch leisten?
Jörg Dehm: „Das ist noch eine ganze Menge. Man muss genau hingucken und das städtische Angebot gezielt ausdünnen. Davon geht die Welt nicht unter und die Hagener verlieren keine Lebensqualität. Allerdings ist natürlich
auch klar: Sparen fällt immer dann schwer, wenn es an die eigene Tasche geht.“
Stadtanzeiger: Wenn ich an die Formulierung Ihres Kämmerers, Christoph Gerbersmann, denke, „Jeder gesparte Euro ist ein guter Euro“: Besteht nicht auch die Gefahr, eine Kommune kaputt zu sparen?“
Jörg Dehm: „Ich höre immer nur das Schlagwort vom kaputt sparen. Bisher haben wir uns hier in Hagen kaputt ausgegeben.“
Stadtanzeiger: Stichwort interkommunale Zusammenarbeit: In welcher Form findet die zwischen Ihren Städten bereits statt und was kommt
hinzu?
Katja Strausss-Köster: „Da fällt mir eine Anekdote ein, wenn ich die eben hier erzählen darf...“
Stadtanzeiger: Nur zu...
Katja Strausss-Köster: „Nach der Kommunalwahl hatte mich Herr Dehm angerufen und gesagt, dass er Personal einsparen müsse. Es ging um die Frage, ob etwa im Krankheitsfall Personal aus Hagen in Herdecke aushelfen
könne.“
Klaus Baumann: „Das hat er mir auch angeboten.“
Frank Hasenberg: „Der hat uns alle angerufen!“
Katja Strauss-Köster: „Ja, aber ich habe als Einzige zurückgerufen! Jedenfalls rufe ich bei seiner Vorzimmerdame an, sage, ich sei von der Herdecker Verwaltung und frage, ob ich den Oberbürgermeister sprechen könne. Daraufhin sagt mir die Dame, das sei nicht so einfach, was ich denn genau mache bei der Verwaltung. Auf meine Antwort, ich sei die Bürgermeisterin,
hat sie ganz schockiert reagiert und gefragt, ob ich schon so sparen müsse, dass ich mir keine Vorzimmerdame mehr leisten könne! Aber zurück zur Zusammenarbeit: Mit Wetter arbeiten wir eng beim Rechnungsprüfungsamt zusammen und derzeit sind wir gemeinsam mit dem Kreis in Gesprächen über das Thema interkommunale Gewerbegebiete.“
Klaus Baumann: „Mit Hagen arbeiten wir ja über das Habit zusammen und was die Kinder- und Jugendarbeit angeht, arbeiten wir da gemeinsam
mit der Stadt Ennepetal.“
Stadtanzeiger: Herr Hasenberg, in Wetter hat die Verwaltung die Bürger zum
Haushaltsgespräch geladen. Welche Ideen hatten die Bürger für den Haushalt?
Frank Hasenberg: „Wir machen das jetzt seit 2008. Haushalt ist ein unglaublich
komplexes Thema...“
Jörg Dehm: „Wieviele Seiten Seiten hat denn der Haushalt inWetter?“
Frank Hasenberg: „Rund 600. Und in Hagen?“
Jörg Dehm: „Fünf dicke Bände!“
Frank Hasenberg: „Wir wollen einfach mit den Bürgern ins Gespräch kommen, damit die auch sehen: Aha, die meinen das ernst mit ihren Bemühungen. Wichtig ist, mit den Bürgern einzelne, spezielle Themen anzusprechen und sie darüber zur Mitarbeit zu bewegen, etwa wie wir das mit den Spielplatzpaten
machen. Dann können sie am eigenen, konkreten Beispiel sehen, dass sich ihr Einsatz lohnt.“
Stadtanzeiger: Gerade dieser persönliche Einsatz wird ja immer wichtiger. Wie bedeutend ist das bürgerliche Engagement für eine Stadt?
Klaus Baumann: „In Breckerfeld wird das bürgerliche Engagement sehr gepflegt. Bei den starken Schneefällen haben die Landwirte vor Ort
mitgeholfen, die Straßen zu räumen.“
Katja Strauss-Köster: „Diese Landwirte könnten wir auch in Herdecke gut gebrauchen!“
Frank Hasenberg: „Da müssen wir nächstes Jahr mal drüber reden, Klaus!“
Jörg Dehm: „Das Engagement der Bürger ist da. Ich bin begeistert, was bei uns in Hagen passiert. Blicken wir nur mal auf die erst kürzlich abgeschlossene
Erweiterung der Suppenküche.“
Frank Hasenberg: „Das freiwillige Engagement ist hier in allen Städten bereits in Hülle und Fülle da. Ich verweise für Wetter nur etwa auf die
Klimabotschafter und die Seniorenbegleiter. Es ist unsere Aufgabe, diesen Einsatz zu schützen und zu pflegen. Es geht darum, von der Stadt aus ein Signal zu setzen, um die Bürger für das Ehrenamt beständig zu motivieren.“
Katja Strauss-Köster: „Es ist mir wichtig, auch das tolle Engagement
unserer Freiwilligen Feuerwehr zu loben. Dieser Einsatzwille rund um die Uhr
ist bemerkenswert.“
Stadtanzeiger: Werfen wir einen Blick in die Kristallkugel. Wo sehen Sie Ihre Kommunen in einigen Jahren?
Klaus Baumann: „Breckerfeld wird auch in vier Jahren noch schuldenfrei sein. In Zusammenarbeit mit den Bürgern wird das gelingen. Natürlich
hoffe ich auch, dass eine schon lange geforderte Gemeindefinanzreform endlich in Kraft tritt. “
Katja Strauss-Köster: „Schuldenfrei zu sein wie Breckerfeld, diesen Wunsch
haben wir natürlich alle. Wir arbeiten daran, auch wenn es in fünf Jahren kaum funktionieren wird. Wir sind in Herdecke harte Wege gegangen, um für die Zukunft besser dazustehen.“
Frank Hasenberg: „Unser mittelfristiges Ziel ist es, bis 2014 aus dem strukturellen Defizit heraus zu sein. Dann müssen wir gemeinsam mit der Politik klären, wie wir langfristig aus den Schulden heraus kommen.“
Jörg Dehm: „Ich glaube, dass wir in zehn Jahren wieder Land sehen werden. Wir
werden den Standort Hagen anders darstellen und interessant für die Wirtschaft machen. Wir werden eine kleine, aber leistungsfähige Verwaltung
haben. Und es wird eine lebendige Stadtgesellschaft geben. Im übrigen: In der
nächsten Spielzeit zeigt das Theater Hagen das Stück Hurra,
wir leben noch.
Autor:Jens Holsteg aus Herdecke |
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