Berufskolleg Ennepe-Ruhr zieht nach Tag 1 erste Bilanz
"Es fühlt sich nicht nach Schule an"

Hände desinfizieren und dann ganz schnell in den Klassenraum. Das war die Maßgabe am ersten Schultag im Berufskolleg des Ennepe-Ruhr-Kreises. Foto: EN-Kreis
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"Guten Morgen, bitte einmal die Hände desinfizieren und dann direkt in den Klassenraum gehen." Klaus Topp und Winfried Mevenkamp stehen um 7.15 Uhr am Eingang des Berufskollegs Ennepetal und wiederholen diesen Satz für jeden einzelnen Schüler. Rund 300 Jugendliche – verteilt auf zwei Standorte und zwei Schichten – kommen am Donnerstag in die Schule, um sich auf ihre Abschlussprüfungen vorzubereiten. Nachdem Schulleiter Josef Schulte und sein Team in den vergangenen Tagen unter Hochdruck geplant, organisiert und umgeräumt haben, um für größtmögliche Sicherheit zu sorgen, läuft der erste Schultag nach der Corona-Pause im Sinne des Infektionsschutzes zwar reibungslos. Sich unter diesen Bedingungen in ihrer Schule wohlzufühlen, fällt Lehrern und Schülern aber gleichermaßen schwer.

Per E-Mail sind die Jugendlichen und jungen Erwachsenen auf das eingestimmt worden, was in Corona-Zeiten in der Schule in Trägerschaft des Ennepe-Ruhr-Kreises zu beachten ist. Das Wichtigste: Abstand halten. Deshalb nähern sie sich dem Schuleingang am Donnerstag einzeln, halten sich nach der Händedesinfektion weder in der Eingangshalle noch auf den Gängen auf, sondern treten den direkten Weg in den ihnen zugeteilten Raum an. Die meisten von ihnen tragen, ebenso wie alle Lehrer, Mund-Nasen-Schutz.
In jedem Klassenraum wartet bereits ein Fachlehrer und erklärt das weitere Vorgehen. Die Tische stehen weit auseinander, mindestens 1,50 Meter voneinander entfernt, und sind mit zwei Kreppbändern beklebt. "Darauf schreiben Sie bitte Ihren Namen", weist Englisch-Lehrerin Beate Rauser ihre Schützlinge an, die in der übernächsten Woche ihre Prüfungen zum Fachabitur im Bereich Wirtschaft und Verwaltung ablegen wollen. Dann wird jeder einzeln gebeten, zum Waschbecken zu gehen und sich die Hände zu waschen. Mit Seife, mindestens 20 Sekunden lang.
Erst dann kann der Unterricht beginnen. "Eigentlich ist es eher eine Austauschstunde. Es geht darum, Dinge durchzugehen, die während des digitalen Unterrichts vielleicht unklar geblieben sind. Und den Schülern übertriebene Angst vor den Prüfungen zu nehmen", sagt Rauser. Sie wechselt in die englische Sprache und fragt nach Texten, die die Schüler zuhause anfertigen sollten. Eine große Plastiktasche hat sie bereitgestellt, in diese sollen die Jugendlichen ihre erledigten Aufgaben legen. So wird auch hier der direkte Kontakt vermieden, Abstand gehalten.
Die Schüler haben nun Gelegenheit, ihre Fragen zu stellen, doch es fällt ihnen sichtlich schwer, wieder in den Unterricht einzusteigen. Ob sie mit den Aufgaben klargekommen sind, alles verstanden haben? Zögerndes Nicken, Pause. Dann bittet ein Schüler darum, den Aufbau eines "comment" noch einmal gemeinsam durchzugehen. Rauser geht darauf ein, langsam tauen die Jugendlichen auf.
Dennoch, vieles ist anders als vor den Corona-bedingten Schulschließungen, mit dem gewohnten Schulalltag hat dieser Donnerstag wenig zu tun. "Es ist sehr befremdlich, heute hier zu sein. Es fühlt sich überhaupt nicht nach Schule an", sagt Schüler Tom Brüggemann. "Ich finde es auch gefährlich für unsere Familien, dass wir jetzt wieder in die Schule gehen müssen. Wenn wir uns hier anstecken, stecken sie sich doch auch an."
Auch Schulleiter Josef Schulte hält Schulunterricht unter diesen Bedingungen für "ganz schwierig". Er und sein Lehrerkollegium hatten in den vergangenen Tagen jede Menge zu tun, um das Infektionsrisiko für alle Schüler und Lehrer zu minimieren. "Es war grenzwertig, das alles zu schaffen", sagt er.
Zunächst galt es, Schichtpläne für Schüler und Lehrer zu erarbeiten: Die Klassen wurden an beiden Schulstandorten in zwei Schichten aufgeteilt: von 7.30 Uhr bis 9.45 Uhr und von 11.30 Uhr bis 13.45 Uhr. "So begegnen sich viele Schüler gar nicht erst", erklärt Schulte. Zudem ist der Unterricht so kurz, dass eine Pause auf dem Schulhof, in der die Schüler zu nah aufeinandertreffen könnten, vermieden wird. Die Zeit zwischen den Schichten wird genutzt, um die Räume gründlich zu reinigen.
Wegen der Mindestabstände passen in jeden Klassenraum im Durchschnitt nur noch neun Tische. Jeder Raum musste vermessen, umgeräumt und mit ausreichend Seife und Papierhandtüchern ausgestattet werden. Um Schüleransammlungen zu vermeiden, wurde ein Großteil der Eingangshalle abgesperrt. Hinweisschilder wurden montiert, um den Schülern den direkten Weg in die ihnen zum Teil fremden Räume zu weisen.
"Heute scheint es gut zu laufen", stellt Schulte am Donnerstagmorgen erleichtert fest, als er beobachtet, wie die Schüler das Gebäude nach und nach, mit reichlich Sicherheitsabstand, betreten. "Aber es ist ja auch nur ein Probelauf. Wenn nächste Woche deutlich mehr Schüler aus den anderen Abschlussklassen kommen, wird es noch schwieriger. Und von regulärem Unterricht sind wir noch ganz weit entfernt."

Stichwort: Schüler- und Lehrerzahlen

Insgesamt zählt das Berufskolleg Ennepetal in Trägerschaft des Ennepe-Ruhr-Kreises rund 1.500 Schülerinnen und Schüler, verteilt auf zwei Schulstandorte. Rund die Hälfte davon sind Berufsschüler, die nur an zwei Tagen pro Woche Unterricht haben. Momentan werden die Abiturienten und die Berufsschulabschlussklassen an einem, die Fachabiturienten am anderen Standort unterrichtet. 78 Lehrkräfte sind an der Schule beschäftigt, 22 davon stehen derzeit für den Präsenzunterricht allerdings nicht zur Verfügung, weil sie zur Corona-Risikogruppe zählen.

Autor:

Lokalkompass Hagen aus Hagen

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