Das Trauerlachen
Tief bewegend und erschreckend schön: Mit „Die Orangen des Präsidenten“ legt Abbas Khider einen literarischen Insiderblick aus dem Irak Saddam Husseins vor.
„Meine Mutter weinte, wenn sie glücklich war. Diesen Zustand nannte sie Glückstränen. Und ihr Sohn? Ich erfand eine neue, melancholische Art des Lachens. Man könnte es als Trauerlachen bezeichnen. Diese Entdeckung machte ich, als mich das Regime packte und in Ketten warf“
.Der junge Madhi freut sich seines Lebens: Am Tag seiner letzten Abiturprüfung lädt ihn sein Schulfreund Ali dazu ein, sich ein Auto auszuleihen und das Ende der Schulzeit zu feiern. Gesagt, getan, doch anstatt unbeschwert zu feiern, landet Madhi im Gefängnis – man hält ihn fälschlicherweise für einen Revolutionär. Zwei Jahre verbringt Mahdi in einem höllischen Gefängnisalltag – geprägt von Hunger, Folter und der Grausamkeit der Wächter: „Die Zellen lagen irgendwo unter der Erde. Am Rand der Stadt, in der Nasrijah-Wüste.“
Der Hunger ist steter Begleiter der Gefangenen: „ Der Hunger konnte das wahre Wesen eines Menschen an die Oberfläche pressen, ob aus Fäulnisgestank oder wohlriechenden Düften.“ Was Mahdi am Leben hält, sind seine Geschichten, lustige, tragische und ergreifende Episoden aus seiner Kindheit und Jugend. Er erzählt vom schwierigen Leben mit seiner Mutter, nachdem sein Vater als Soldat im Iran-Irak-Krieg starb, von einer Abschlussparty mit Saufgelage, friedlichen Tagen mit seinen christlichen Freunden und vor allem von seiner Freundschaft mit dem Taubenzüchter Sami und dem Geschichtslehrer Razaq.
Mit seinem zweiten Roman gelingt Abbas Khider ein eindrucksvolles Panorama des Irak der 80er und 90er Jahre. Khider weiß, wovon er schreibt: 1973 in Bagdad geboren, floh er 1996 nach einer Verurteilung „aus politischen Gründen“ und nach einer zweijährigen Gefängnisstrafe aus dem Irak. Khider lebt zurzeit in Berlin.
Abbas Khider / Die Orangen des Präsidenten / Verlag Lutz Schulenburg - Edition Nautilus / 156 Seiten
Autor:Jens Holsteg aus Herdecke |
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