VRR mahnt Abellio schriftlich ab
Unternehmen kann den Vorgang nachvollziehen

Der VRR hat durchgegriffen und das Unternehmen Abellio schriftlich abgemahnt. Schon länger klagen Pendler über viele Zugausfälle und deutliche Verspätungen. | Foto: Symbolbild VRR
  • Der VRR hat durchgegriffen und das Unternehmen Abellio schriftlich abgemahnt. Schon länger klagen Pendler über viele Zugausfälle und deutliche Verspätungen.
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Es ist ein echte Hammer: Der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) hat Abellio schriftlich abgemahnt. In dem Schreiben begründet der Verbund diesen Schritt mit einer Vielzahl von Bahnausfällen, insbesondere auf den Linien S 3, S 9 und RE 49.

 "Wir können aktuell nicht die vertraglich vereinbarte Betriebsreserve vorhalten. Die Abmahnung des Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) ist für uns deshalb nachvollziehbar", heißt es seitens Abellio. Auf den vom Unternehmen betriebenen S-Bahn-Linien entsprechen die Qualität und Quantität der Beförderungs- und Betriebsleistung laut VRR nicht den verkehrsvertraglichen Leistungspflichten. In einer Mitteilung heißt es, dass die Abmahnung aufgrund "der aktuellen Betriebssituation und den schlechten und nicht akzeptablen SPNV-Leistungen" ausgesprochen wurde.

Abmahnung von Landrat Schade gefordert

Landrat Olaf Schade hatte die jetzt ausgesprochene Abmahnung schon vor einigen Tagen gefordert. "Fortlaufend gab es gravierende Betriebsstörungen und Zugausfälle, von denen vor allem Pendler aus dem Raum Hattingen betroffenen waren. So endeten Züge aus Richtung Essen beispielsweise in Bochum-Dahlhausen. Zeitverzögerungen und Umwege für Kunden mit dem Ziel Hattingen inklusive." Zudem fährt die S3 ab Hattingen aktuell lediglich im Stundentakt und das mit nicht barrierefreien Zügen. Der eigentliche Anbieter Abellio ist aufgrund fehlenden Personals derzeit zu gar keiner Leistung auf der Strecke Hattingen, Essen, Oberhausen in der Lage. Die Züge, die fahren, stellt das Unternehmen TRI.

Abellio entschuldigt sich bei Fahrgästen

"Wir können die Verärgerung über unsere Leistung absolut nachvollziehen und möchten unseren Fahrgästen versichern, dass dies keinesfalls unser Anspruch ist. Für diese Schlechtleistung können wir uns nur entschuldigen. Wir bedauern dies zutiefst und bemühen uns darum, schnellstmöglich Abhilfe zu schaffen, sodass wir bald einen reibungslosen, stabilen und für alle akzeptablen Betrieb auf den Linien der S-Bahn leisten können", heißt es seitens Abellio.
Am 4. Mai hat das Eisenbahnverkehrsunternehmen Abellio Rail NRW dem Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) bekannt gegeben, dass es auf lange Sicht nicht in der Lage ist, seine verkehrsvertraglichen Verpflichtungen bei den Linien der S-Bahn Rhein-Ruhr nachzukommen.

Krisengespräche zwischen VRR und Abellio

Im Rahmen mehrerer Krisengespräche auf Geschäftsführerebene hat der VRR das Unternehmen Abellio daraufhin nicht nur deutlich ermahnt, sondern auch unmissverständlich aufgefordert, schnellstmöglich alle Maßnahmen zu ergreifen, um die verkehrsvertraglichen Leistungen in einem ausreichenden Maß erfüllen zu können. Dazu hat Abellio erstmals am 8. Mai dargestellt, welche verkehrlichen Auswirkungen auf den einzelnen Linien und deren zeitliche Dauer aufgrund des Personalmangels vorgesehen sind. Aufgrund der Dauer und des Umfangs der verkehrlichen Auswirkungen kann der VRR diese Einschränkungen für die Fahrgäste jedoch nicht mittragen.
Mit der Abmahnung ist das verantwortliche Management nun aufgefordert, geeignetere Maßnahmen einzuleiten, die schnellstmöglich zu erkennbaren Verbesserungen führen, um die verkehrsvertraglich geschuldete Leistung vollumfänglich erbringen zu können. Dafür sind als spät möglichste Fristen für eine vollständige Leistungserbringung im Rahmen der Abmahnung folgende Zeitpunkte benannt: bis zum 14. Juni auf der Linie S 3, bis zum 30. Juni auf der Linie RE 49, bis zum 15. Juli auf den Linien S 2 und RB 40 sowie bis zum 15. September die Verlängerung der Linie S 9 von Bottrop bis Recklinghausen.

Abellio begründet es mit Personalmangel

Abellio begründet die derzeitige Situation mit massiven Herausforderungen, die es zu meistern gelte. Die Probleme scheinen aus Sicht des Unternehmens unterschiedlicher Natur zu sein. Dabei spielten anfangs Technik und Infrastruktur eine große Rolle, aber nicht zu vernachlässigen ist als Hauptproblem der Branche das nach wie vor fehlende Personal im Bereich der Triebfahrzeugführer für neue Verkehre.
"Bis zum Frühjahr verzeichneten wir einen optimistischen Ausbildungsstand, der sich leider durch verschiedene Einflussfaktoren wiederum ins Negative gewandelt hat", so Abellio.
So stand die Ausbildung der Triebfahrzeugführer nach Angaben des Unternehmens wegen der Corona-Schutzverordnung des NRW-Gesundheitsministeriums seit März über mehrere Wochen still.

Über 30 neue Triebfahrzeugführer-Kollegen können nicht eingestellt werden

Dies hatte zur Folge, dass Abellio mehr als 30 neue Triebfahrzeugführer-Kollegen nicht wie geplant zum 1. Mai zur Verfügung stehen konnten. Doch es gibt auch andere Gründe, da im Eisenbahnverkehr die Sicherheit natürlich an erster Stelle steht. „Es gelten höchste Sicherheitsvorschriften für die wir als Betreiber verantwortlich sind. Hier werden wir trotz des Personalmangels keinerlei Abstriche machen. Dies hatte zur Folge, dass wir uns auch in den vergangenen Monaten von neuen Kollegen trennen mussten, die durch ihre Fahrweise auffällig geworden sind“, sagte Rainer Blüm, Vorsitzender der Geschäftsführung der Abellio Rail NRW und Eisenbahnbetriebsleiter.
Doch dem VRR reichts und so braucht Abellio offenbar nicht auf Gnade hoffen.

VRR macht seinem Ärger Luft

„Wir erwarten, dass für die Fahrgäste das anhaltend schlechte Angebot auf der Schiene schnell und nachhaltig verbessert wird“, sagt VRR-Vorstandssprecher Ronald R.F. Lünser deutlich. „Wir fordern Abellio auf, kurzfristig in einem Maßnahmenpaket verlässliche Aussagen und Planungen über eine verbindliche Qualifikation und Disposition für den Personaleinsatz zu treffen und tragbare Ersatzkonzepte vorzulegen“, so Lünser weiter. Wann diese final vorliegen werden, scheint aktuell noch nicht klar zu sein.

Abellio erarbeitet jetzt Möglichkeiten

"Wir erarbeiten derzeit Möglichkeiten, wie wir die Maßnahmen umsetzen können", teilte Julia Limia y Campos, Pressesprecherin von Abellio Rail NRW, auf Anfrage des STADTSPIEGEL mit. Erste Vorschläge zur Umsetzung sind allerdings bereits seit dieser Woche zur Prüfung beim VRR. Im Mai sollen außerdem zehn Leih-Triebfahrzeugführer zum Unternehmen stoßen und die Zeit überbrücken, in denen die sich aktuell noch in Ausbildung befindenden Abellio-Mitarbeiter ihre Prüfungen ablegen können. So soll sich der Personalengpass legen.

Autor:

Christian Schaffeld aus Oberhausen

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