Interview mit Lars Tellmann, seit Anfang 2019 Geschäftsführer am Weg zum Wasserwerk
Hattingen: „Als Stadtwerke machen wir einen richtig guten Job“

Lars Tellmann, seit Anfang des Jahres Geschäftsführer der Stadtwerke Hattingen.  Foto: Stadtwerke
  • Lars Tellmann, seit Anfang des Jahres Geschäftsführer der Stadtwerke Hattingen. Foto: Stadtwerke
  • hochgeladen von Roland Römer

Lars Tellmann ist 48 Jahre alt, verheiratet, hat zwei Töchter im Alter von neun und 13 Jahren. Neben seiner Rolle als Ehemann und Vater, die er in seinem Wohnort Arnsberg ausfüllt, ist er seit Anfang 2019 Geschäftsführer der Stadtwerke Hattingen und damit Nachfolger von Jürgen Wille. Ein Gespräch.

STADTSPIEGEL: Herr Tellmann, gut erholt sehen Sie aus...!
Lars Tellmann:
Ich war drei Wochen im Urlaub, denn ich muss in den Sommerferien fahren, da die Kinder schulpflichtig sind und meine Frau Grundschullehrerin ist.
Zwei Wochen waren wir an der niederländischen Küste in Nordholland, da kann man wunderbar entspannen, sindviel Fahrrad gefahren und zum Strand. Wir waren auch in Amsterdam , aber das ist in den Sommerferien nicht empfehlenswert.
Anschließend waren wir noch in einer anderen aufregenden Stadt – in Paris. Disneyland für die Kleinen und die Stadt, die sehr voll war, erkunden. Wir hatten tolles Wetter und es geschafft, alle wichtigen Sehenswürdigkeiten zu sehen. Um auf den Eiffelturm zu kommen mussten wir allerdings schon ein bisschen Zeit mitbringen. Versailles war besonders hart, aber wir haben es geschafft, in einer guten halben Stunde drin zu sein. Paris ist eine tolle Stadt, auch wenn man kein Franzose ist und kein Französisch spricht. Ich mag es, Städte zu erkunden, die einzelnen Viertel abzulaufen.

Und jetzt wieder zurück in den Stadtwerken, in Hattingen und in einem neuen Verwaltungsgebäude am Weg zum Wasserwerk. Wie neu ist eigentlich noch alles für Sie – die Geschäftsführung und auch die neue Verwaltung?
Ich bin ja schon seit November 2013 als kaufmännischer Leiter und Prokurist bei den Stadtwerken. Anfang 2019 habe ich das Ruder übernommen. Insofern habe ich schon seit Jahren daran mitgewirkt, die Stadtwerke zu modernisieren, zukunftsfähig und somit wettbewerbsfähig zu machen. Das war eine große Herausforderung, die geglückt ist.

Haben Sie eigentlich noch Kontakt zu Ihrem Vorgänger, der ja viele Spuren in der Stadt hinterlassen hat?
Nein, zu Jürgen Wille habe ich keinen Kontakt mehr. Am Tag der Eröffnung war dieser angeblich im Urlaub. Es war für ihn schwierig, hier aufzuhören. Er ist ein Mensch, der unglaublich gerne arbeitet, das war irgendwo sein Lebensinhalt und er hat sich mit Volldampf an die Modernisierung der Stadtwerke gemacht und dies ist auch sein Verdienst. Auch der Neubau, der seit 20 Jahren im Aufsichtsrat diskutiert wurde.

Aber Sie haben doch ebenfalls daran mitgewirkt?
Klar habe ich ein paar Dinge unterstützt. Und dies so umzusetzen, war eines unserer größten Projekte. Im Unterschied zu anderen Versorgern haben wir nur knapp 40 Mitarbeiter und keine eigene Bauabteilung und das Thema ist hier weitestgehend über Architekten, Bauunternehmen und andere Planer gemacht worden. Aber wir mussten ausschreiben, Dinge finanzieren, im Aufsichtsrat Rede und Antwort stehen und bei den Nacharbeiten – wir hatten ja Wasserschäden – hat sich der Kollege Jörg Steinmann mit Herzblut eingebracht, was auch nicht selbstverständlich ist. Insofern haben wir allen Grund, stolz und im modernen Arbeiten angekommen zu sein. In der Gasstraße war es ja kein würdiges Bild mehr, auch nach außen. Insofern ist das jetzt hier ein entscheidender Meilenstein für uns.

Sie und die Mitarbeiter fühlen sich hier wohl?
Ich habe niemanden klagen hören. Wir haben zwei Hitzewellen überstanden. Im Neubau ist auch durch die Klimatisierung eine deutliche Verbesserung zu spüren. Der Bau hat die Belastungsprobe bestanden.

Haben die Stadtwerke nach Jürgen Wille eine neue Richtung eingeschlagen?
Ich habe in Teilen an unserer strategischen Ausrichtung mitgewirkt. Insofern gibt es keine große Umkehr. Im Kern werden die Themen, die er verfolgt hat, auch weitergeführt.
Natürlich setze ich andere Akzente, insbesondere dass die Stadtwerke grüner werden müssen. Wir müssen Antworten liefern auf Energiewende, auf Klimaschutz. Das sind Themen, die ich vorantreibe. Ich habe die Gaseinkaufsstrategie nachgeschärft.
Natürlich musste im ersten Halbjahr der Umzug gestemmt werden, nicht nur in die neuen Büros. Das war auch verbunden mit einem IT-Umzug. Wir haben neue Server angeschafft. Da sind Anwendungsprogramme komplett neu aufgespielt worden. Das war harte Arbeit.
Wir haben in dem Zusammenhang ein Projekt, welches mir seit längerer Zeit am Herzen lag, schon umgesetzt: Im Januar haben wir begonnen, im April waren wir bereits fertig mit der Einführung von Zeiterfassungssystemen. Das ist ganz wichtig, dass wir als moderner Arbeitgeber auch flexible Arbeitszeiten ermöglichen. Das ist gut angekommen.

Was sehen Sie als große Aufgabe der Stadtwerke an?
Die größte Herausforderung ist nach wie vor, zufriedene Kunden zu haben und neue – gerade im Strombereich – zu gewinnen. Wir haben den Stromvertrieb ja im Jahr 2015 neu aufgebaut, starteten bei Null. Wir sind traditionell Gas- und Wasserversorger. Aber wir haben ganz gute Zuwächse erzielt, die jedoch noch nicht reichen.
Das Stromgeschäft muss weiter ausgebaut werden, denn wir benötigen ein weiteres, ein drittes starkes Standbein, auch vor dem Hintergrund der Energiewende. Erdgas ist eine wichtige und richtige Übergangstechnologie, aber die Zukunft wird elektrisch sein. Der Strom, der erzeugt wird, wird grüner Strom sein müssen.
Im Gasbereich heißt es, Marktanteile zu halten oder zurück zu gewinnen. Wir kommen ja hier aus einer Monopolsituation bis 2008, in der jeder Gaskunde unser Kunde war. Mit der Liberalisierung müssen wir im Wettbewerb um jeden Kunden kämpfen. Aber mittlerweile sind wir auf einem sehr guten Weg mit attraktiven, fairen Preisen und verständlichen Preismodellen, gutem Service vor Ort. Das ist ganz wichtig. Wir haben ja ein Servicezentrum am Obermarkt, das dort auch bleiben muss. Es ist dort genau an der richtigen Stelle.
Unsere zweite große Herausforderung wird es sein, die Flut an Gesetzesänderungen und -regulierungen auch als kleines Stadtwerk zu beherrschen. Wir werden verstärkt mit Themen wie CO2-Steuer konfrontiert und mit einer Bundesnetzagentur, die regulierend eingreift. Es gibt kaum eine Branche, die mit einer solchen Flut an Gesetzesänderungen zu tun hat. Das muss in den IT-Systemen umgesetzt werden. Bisher haben wir das immer mit Bravour bestanden, aber der Bereich Digitalisierung und Regulierung ist eine weitere große Herausforderung.
Übergeordnetes Ziel ist, dass die Stadtwerke größer und breiter aufgestellt werden. Wenn Sie Stadtwerke von Städten mit ähnlicher Einwohnerzahl sehen, sind die deutlich größer, weil sie im Stromgeschäft und teilweise auch in der Wärmeversorgung anders aufgestellt sind oder Fernwärmenetze betreiben. Das haben wir in der Form aber nicht vor.
Wärmecontracting – da sind wir stärker unterwegs unter dem Slogan „mieten statt kaufen“. Jeder scheut ja die große Investition in eine neue Heizungsanlage. Daher haben wir ein Modell entwickelt, die alte Ölheizung gegen eine moderne Gasheizung auszutauschen, vielleicht verbunden mit anderen innovativen Wärmekonzepten. Da investieren wir und vermieten die Systeme an die Kunden. Dies wird verstärkt angenommen.

Wie sind die Stadtwerke eigentlich finanziell aufgestellt?
Das ist ein grundsolides Unternehmen – sowohl von der Ertragskraft als auch der Finanzierungsstruktur her. Wir haben Anfang 2017 das Stromnetz übernommen und weiterverpachtet, was der Rendite zugute kam.
Außerdem liefern wir beständig und solide unseren Beitrag für den städtischen Haushalt. Wir haben Konzessionsabgaben, die wir abführen, das sind rund eine halbe Million. Wir liefern 60 Prozent Dividende an die Stadt, das sind rund 600.000 Euro im Jahr. Wir zahlen Gewerbesteuer. Alles in allem zahlen die Stadtwerke 1,5 Millionen für den städtischen Haushalt. Auch ansonsten wird versucht, Hattinger Unternehmen mit einzubinden, etwa als Dienstleister, Lieferant, Handwerker, Bauunternehmen wie auch beim Umzug.

Wie schaut es im Bereich Sponsoring aus?
In Summe sind es 15 Vereine, die wir unterstützen, darunter der städtische Ferienspaß, das Stadtmarketing, Bürgerbus, TuS Blankenstein und Welper.

Trotzdem ist es ist stiller geworden um die Stadtwerke nach Jürgen Wille. Beispielsweise gab es keinen Tag der offenen Tür für die Hattinger...
Der Tag der offenen Tür wird im nächsten Jahr stattfinden. Geplant ist er für den Frühsommer. Es wird ja eine gewisse Vorlaufzeit benötigt, die durch unseren Umzug diesmal nicht vorhanden war.
Dass sich Herr Wille bei etwa dem Verbleib der „Schönen Sterne“ in Hattingen eingebracht hat, gehört nicht zu den Kernaufgaben eines Stadtwerkes. Das hat jedoch sicherlich dazu beigetragen, die Stadtwerke bekannter zu machen.
Außerdem haben wir ja aus guten Gründen den Vorplatz der neuen Gebäude hier so gestaltet, dass wir Veranstaltungen abhalten können. Dazu muss dann auch die Werbetrommel gerührt werden, da der Neubau ja nicht gerade Innenstadtlage hat.

Wodurch schalten Sie nach der Arbeit am besten ab?
Ich komme runter, indem ich mir die Wochenenden für die Familie und Privates reserviere. Ich treibe Sport, bin leidenschaftlicher Jogger zweimal die Woche und fahre gerne Fahrrad.
Zum Lesen und für Musik reicht die Zeit nicht aus. Lesen klappt nur im Urlaub, am liebsten Geschichtsbücher und Sachbücher. Im aktuellen Buch geht es um Zukunftsthemen wie künstliche Intelligenz, eine Schnittstelle zum Job und eine Herausforderungen, der sich die gesamte Wirtschaft stellen muss. Wir sind als Energieversorger sehr stark von IT abhängig.

Was wünschen Sie sich für die Stadtwerke?
Vor allem muss die Bürgerschaft in Hattingen noch mehr wahrnehmen, dass wir als Stadtwerke in Hattingen einen richtig guten Job machen.

Autor:

Roland Römer aus Hattingen

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