Zweiter Teil: Abi und was war danach?

Ebru Demir (20): „Die Zulassung für meine beiden Fächer Deutsch und Sozialwissenschaften hat sofort geklappt. Allerdings musste ich für meinen Traum nach Siegen ziehen, wo ich auch immatrikuliert bin.“
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  • Ebru Demir (20): „Die Zulassung für meine beiden Fächer Deutsch und Sozialwissenschaften hat sofort geklappt. Allerdings musste ich für meinen Traum nach Siegen ziehen, wo ich auch immatrikuliert bin.“
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von Lisa Römer

Letztes Jahr im Sommer hat der Doppeljahrgang rund 538 Hattingern und Sprockhövelern gleichzeitig ihr Abitur an den vier hiesigen Schulen beschert. Heute, ein Jahr später, hört der STADTSPIEGEL nach und möchte wissen, wie es den damaligen Abiturienten bisher ergangen ist.

Fragen sind, ob der große Ansturm auf die Universitäten begonnen hat und somit die Zulassungsbeschränkungen in die Höhe gegangen sind oder ob die Schule rückblickend betrachtet doch nicht so schlimm war, wie es sich vielleicht immer angefühlt hat, ob sich die Wünsche der vielen Abiturienten erfüllt haben und ob sie glücklich sind, mit dem, was sie tun, oder ob sie ihre Entscheidungen vielleicht schon bereuen und sich nach etwas Neuem umsehen.
Eines lässt sich zumindest schon mit Sicherheit sagen: Die Zukunftspläne, welche die Abiturienten noch während ihrer Schulzeit geschmiedet haben, sind nicht immer in Erfüllung gegangen.
Zwei waren sich jedoch schon immer sicher, dass sie Lehrerinnen werden wollen: die beiden Sprockhövlerinnen Eva Hiby und Ebru Demir. „Ich studiere Religion und Deutsch in Wuppertal als Lehramtsfächer. Die Zulassung hat direkt geklappt und ich bin sehr glücklich mit meinem Studium“, berichtet Eva Hiby.
Auch für Ebru Demir verlief die Zulassung problemfrei: „Die Zulassung für meine beiden Fächer Deutsch und Sozialwissenschaften hat sofort geklappt. Wenn auch leider nicht hier in der Nähe. Ich bin für meinen Traum nach Siegen gezogen, wo ich auch immatrikuliert bin.“
Auf ihre Schulzeit blicken die beiden jungen Frauen allerdings mit gemischten Gefühlen zurück: „Das Abitur war meiner Meinung nach einfach viel zu schwer und die Anforderungen im Allgemeinen in der Schule viel zu hoch“, beklagt sich Ebru Demir.
Eva Hiby hingegen blickt positiver auf die Vergangenheit zurück: „Ich hätte mir teilweise zwar schon eine bessere Vorbereitung gewünscht, aber letzten Endes hat ja doch alles geklappt…“
Auch Marvin Bruckmann, der sein Abitur an der Gesamtschule Hattingen bestanden hat, wollte eigentlich immer Lehrer werden: „Am liebsten hätte ich Pädagogik und Sozialwissenschaften unterrichtet. Deutsch und Geschichte wären aber auch reizvolle Fächer.“
Nachdem die NCs für seine Wunschfächer zu hoch waren, hat Marvin Bruckmann sich dazu entschieden, an der Universität Duisburg/Essen Soziologie am Duisburger Campus zu studieren. „Soziologie war der einzige Studiengang, für den ich im Nachrückverfahren noch eine Zulassung bekommen habe. Durch den Doppeljahrgang wurden meine eigentlichen Wünsche leider in unerreichbare Ferne gerückt“, bedauert der Hattinger.
Doch Marvin Bruckmann ist von seinem momentanen Studiengang, den er gewissermaßen eher als Übergangslösung gesehen hat, positiv überrascht: „Wäre die Anreise nach Duisburg nicht derartig lang, würde ich mich gar nicht nach anderen Studiengängen umsehen, aber ein Umzug nach Duisburg kommt für mich nicht in Frage.“
Zukunftsängste plagen den selbstbewussten Hattinger eher weniger: „Ich lebe ganz frei nach dem Motto: Auf das, was kommt…!“
Hannah Vorkötter gehört mit zu den gut 80 Schülern, die das verkürzte Abitur am Gymnasium im Schulzentrum Holthausen bestanden haben. Auch für sie war klar: „Nach dem Abitur will ich ins Ausland gehen!“ Geklappt hat das leider nicht, da die Hattingerin zum Zeitpunkt ihres Abiturs erst 17 Jahre alt und somit nicht volljährig war. Jetzt studiert die mittlerweile 18-jährige Geographie in Bochum an der Ruhr-Universität. „Erdkunde war definitiv eines meiner Wunschfächer. Außerdem ist Bochum in der Nähe zu meinem Elternhaus und somit gut für mich zu erreichen“, meint Hannah Vorkötter.
Bisher ist sie sehr zufrieden mit ihrer Entscheidung. Denn auf ihre Schulzeit blickt die Geographie-Studentin mit gemischten Gefühlen: „Bis auf die Oberstufe hat mir die Schule wirklich gut gefallen. Doch in der Oberstufe war dann alles nur noch purer Stress und durch den mit G8 einhergehenden Ganztagsunterricht blieb auch kaum mehr Zeit für Freizeit und Hobbys. Meine Vornoten waren daher leider auch nicht die besten. Außerdem finde ich es generell problematisch, dass man sich mit gerade einmal 17 oder 18 Jahren für den Rest seines Lebens auf etwas festlegen muss. Ich finde einfach, in dem Alter ist man noch zu jung, um so schwerwiegende Entscheidungen zu treffen.“
Doch mit ihren Ängsten steht die Hattingerin nicht alleine da. Auch Falko Bartnik, der sein Abitur am Gymnasium Waldstraße gemacht hat, fragt sich, ob seine Entscheidung Sport- und Eventmanagement in Iserlohn zu studieren die richtige war: „Ich hoffe, dass ich später einen gutbezahlten Job finde und nicht merke, dass ich mich für etwas entschieden habe, das mir doch keinen Spaß macht.“
Bisher ist der Hattinger allerdings zufrieden mit seiner Wahl. „In der Schule waren die einzelnen Fächer zwar abwechslungsreicher, aber dafür nicht immer interessant. Allerdings vermisse ich es schon, dass ich meine Freunde nun nicht mehr jeden Tag sehen kann“, gesteht Falko Bartnik.
Auch Lena Balzer und Jacqueline Thiemann vom Gymnasium Holthausen hadern. „Ich habe eine Riesen-Angst davor, dass ich mit dem Biologie-Studium die falsche Wahl getroffen habe und dass ich es im hohen Alter bitter bereuen werde“, gibt Jacqueline Thiemann zu.
Auch Lena Balzer stimmt ihr zu: „Ich bin mit Wirtschaftswissenschaften momentan zwar sehr glücklich und wünsche mir, dass ich den Bachelor problemlos bestehe und mit dem Master weiter machen kann. Trotzdem frage ich mich, ob ich wirklich die richtige Wahl getroffen habe. Denn eigentlich wollte ich nach der Schule immer einen Bundesfreiwilligen Dienst machen.“
Auch für Jacqueline Thiemann war das Bio-Studium nicht unbedingt die erste Wahl. Eigentlich wollte sie immer Tiermedizin studieren. Doch auch sie hatte das Problem der zu hohen Zulassungsbeschränkungen in ihrem Wunschfach und musste nach einer Alternative suchen. Die Zulassung für ihr jetziges Studium hat auch problemlos geklappt, wenn auch nicht an der gewünschten Hochschule.
„Wenn ich jetzt die Schule mit der Universität vergleichen soll, muss ich eindeutig sagen, dass mir die Schule besser gefallen hat. Dort ist alles leichter und auch persönlicher. Ich habe jetzt für fünf Klausuren, die ich zum Abschluss meines ersten Semesters bestehen muss, so viel gelernt wie während meiner kompletten Oberstufenzeit nicht“, gesteht Lena Balzer.
Der Sprockhövler Max Blasius wollte nach seinem Abitur ganz ähnlich wie Lena Balzer ein freiwilliges soziales Jahr machen, am liebsten beim Rettungsdienst. Er konnte sich seinen Traum auch erfüllen und startet anschließend mit seiner Ausbildung als Rettungspfleger.
Auf seine Schulzeit blickt der Sprockhövler mit gemischten Gefühlen zurück: „Einerseits hätte es insgesamt besser sein können, andererseits kann ich jetzt auch verstehen, was die Alten damit gemeint haben, wenn sie uns geraten haben: ,Genießt eure Schulzeit, solange ihr könnt!‘“

Autor:

Dr. Anja Pielorz aus Hattingen

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