Zwei kleine Kuriere auf der Anklagebank
Zwei Kuriere aus Litauen wurden in Hattingen erwischt und mussten sich vor dem Schöffengericht verantworten. Sie sollten 20.000 Euro erpressen, doch die Geldübergabe ging schief. Sie wurden von der Polizei gefasst, weil die mutmaßlichen Opfer sofort die Polizei eingeschaltet hatten.
Der 55jährige Litauer, Vater eines 29jährigen Sohnes, ist arbeitslos. Sein Kumpel, 38 Jahre alt, arbeitete zunächst im Sägewerk und hat einen zwölfjährigen Sohn, Beide leben in ärmlichen Verhältnissen und lasen in einer litauischen Zeitung, dass Kuriere nach Deutschland gesucht werden.
Sie meldeten sich bei der angegebenen Telefonnummer und erfuhren einen Standort, an dem sie einen Wagen, Papiere, Bargeld und Mobiltelefone erhielten. Persönlichen Kontakt zum Auftraggeber hatten sie nie. Auf der Fahrt nach Deutschland erhielten sie immer wieder Anweisungen, wohin sie fahren sollten.
In Hattingen sollten sie 20.000 Euro abholen. Das Geld sollte erpresst werden durch einen Telefonanruf, den jemand anders bei einem Rechtsanwalt machte und diesem erklärte, sein Sohn befände sich in einer Notlage und könne nur durch die Zahlung von 20.000 Euro gerettet werden.
Diese Schockanrufe sind der Polizei bekannt und passieren in der Regel bei Menschen, die aus der früheren Sowjetunion nach Deutschland kamen und nun hier leben. So auch in diesem Fall. Die Tochter des Mannes sollte das Geld übergeben.
Doch die Familie schaltete die Polizei ein und bei der Geldübergabe wurden die beiden Täter verhaftet. Der eine kam in die Justizvollzugsanstalt nach Bochum, der andere nach Essen. Dort sitzen die beiden Männer seit dem 5. September in Untersuchungshaft.
Beide sprechen kein Wort Deutsch, das Fahrzeug und die Mobiltelefone wurden von der Polizei beschlagnahmt.
Dem Schöffengericht ist ebenso wie der Staatsanwaltschaft klar, dass mit den beiden Kurieren hier nicht die eigentlichen Rädelsführer sitzen. Die blieben unbekannt, während sie die wirtschaftliche Not der Kuriere ausnutzten und sie die risikoreiche Arbeit tun ließen.
Dennoch handelt es sich um eine Straftat, auch wenn es beim Versuch blieb. Die beiden Männer behaupteten durch einen Dolmetscher vor Gericht, sie seien nur für eine Kurierfahrt engagiert worden. Man habe ihnen gesagt, die Arbeit dauere eine oder zwei Wochen.
Bandenmäßiges Verhalten setzt aber einen Zusammenschluss für mehrere Taten voraus, der hier nicht bewiesen werden konnte. Bisher sind die beiden Männer in Deutschland strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten.
Der Staatsanwalt forderte ein Jahr und sechs Monate Haft zur Bewährung, das Schöffengericht verurteilte die beiden Männer schließlich zu jeweils der gleichen Strafe.
Doch wie geht es weiter? Beide Männer können nun aus der Justizvollzugsanstalt ihre Habseligkeiten holen und den Heimweg nach Litauen antreten. Allerdings verfügen sie über kein Geld und haben auch kein Telefon. Es dürfte nicht ganz einfach werden, wieder ins Heimatland zu kommen.
„Der Besitzer des Autos, mit dem Sie gekommen sind, der kann sich ja gerne bei uns melden“, so Gericht und Staatsanwaltschaft. Die beiden Kuriere allerdings müssen sich vielleicht auch noch Sorgen im Heimatland machen, denn schließlich haben die Kuriere sowohl Auto als auch Mobiltelefone „versemmelt“.
Autor:Dr. Anja Pielorz aus Hattingen |
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