Wir sind Hattinger: Marie-Luise Marjan
Bekannt wurde die heute 76jährige Schauspielerin vor allem durch ihre Rolle als „Helga Beimer“ in der Kult-Serie „Lindenstraße“. Geboren wurde sie an einem Sonntag am 9. August 1940 im Elisabeth-Krankenhaus in Essen, doch im Alter von einem Jahr kam sie als Pflegekind nach Hattingen zum Ehepaar Hanni und Emil Lause, die sie 1947 adoptierten.
Ihre leibliche Mutter hatte sie sofort nach der Geburt in ein Waisenhaus gegeben und wanderte später nach Kanada aus. Ein Sonntagskind war Marie-Luise Marjan in ihrem Leben zunächst nicht.
Marie-Luise Marjan besuchte in Hattingen das Mädchengymnasium in der Bismarckstraße und entdeckte früh ihr schauspielerisches Talent. Regelmäßig war sie bei Schulaufführungen zu sehen. Ihr Gesangslehrer war Otto Daube. Nach dem Gymnasium machte sie eine Ausbildung zur Sprechstundenhilfe in einer Arztpraxis, später absolvierte sie die Hochschule für Musik und Theater in Hamburg und spielte an verschiedenen Schauspielhäusern, unter anderem von 1967 bis 1979 auch in Bochum.
Begeistert war die Familie zunächst nicht von den Schauspiel-Ambitionen der jungen Frau. „Papa hat damals gesagt, das sei eine brotlose Kunst. Aber ich bin einfach nach Hamburg gegangen. Ich hatte aufgrund des Talents ein Stipendium. Durch Gelegenheitsjobs habe ich das Geld für Miete und Essen verdient. In Hattingen hat mir die Stadt später ein Darlehen von 3000 Mark gewährt. Und als ich bekannt war, nach dem ersten Film 1959, da kam der damalige Bürgermeister zu mir und sagte, ich müsse das nicht zurückzahlen, ich sei ein Kind der Stadt und man sei stolz auf mich“ (aus dem Interview in „Der Westen“, 4. August 2015).
Am 8. Dezember 1985 wurde die erste Folge der „Lindenstraße“ ausgestrahlt – mit Marie-Luise Marjan in der Rolle als Helga Beimer. Marie-Luise Marjan im Januar 2015: „Was ich interessant an Helga Beimer finde ist ihre Mütterlichkeit, ihr Humor, ihre Durchsetzungskraft. Es macht mir immer wieder Spaß diese Rolle zu verkörpern. Ihre Entwicklung in 30 Jahren der TV Serie „Lindenstraße“ bieten viele schauspielerische Facetten. Vom Hausmütterchen, über die Selbstständigkeit nach der TV-Scheidung zur Reisekauffrau mit eigenem Reisebüro bis zur taffen Rentnerin und Oma. Es ist ein Privileg dieser Serie, dass wir mit unseren Zuschauern älter werden dürfen“. 1989 erhielt sie für die Rolle den „Bambi“.
Mare-Luise Marjan, die selbst keine eigenen Kinder hat, ist für viele der klassische Typ der Mutter und spielte diese bereits mit 19 Jahren in dem Film „Untergang der Freiheit“. „Ich bin selbst behütet aufgewachsen. Eigenschaften wie Sparsamkeit, Sorge und Ehrgeiz haben mich geprägt“, sagt sie immer wieder in verschiedenen Interviews. Mit 16 Jahren erfuhr sie durch eine Mitschülerin, dass ihre Pflegeeltern nicht ihre leiblichen Eltern sind – eine schwierige Phase für ein junges Mädchen. Die leibliche Mutter lernte die Schauspielerin später zwar kennen (sie verstarb 2004 in Kanada), doch das Verhältnis blieb distanziert. Auch die leibliche Mutter wurde damals als Kind in ein Waisenhaus gegeben.
Spät lernt sie ihre lebliche Familie kennen
Erst spät in ihrem Leben, mit 67 Jahren, lernt sie Mitglieder ihrer eigenen leiblichen Familie kennen. Sie macht sich im Rahmen einer ARD-Dokumentation auf die Suche nach ihrem leiblichen Vater. Sie erfährt, dass ihr leiblicher Vater ein leidenschaftlicher Flieger war und mit fast 28 Jahren mit dem Flugzeug abgestürzt ist. Sie erfährt auch, dass sie einen Halbbruder Günter hat. Der ist damals 63 Jahre alt und Mitglied einer Großfamilie, die nun noch ein Mitglied mehr hat – Marie-Luise Marjan.
Am 4. August 2015 sagt sie anlässlich ihres 75. Geburtstages im Gespräch mit „Der Westen“: „Wenn ich jetzt auf mein Leben blickt, so würde ich sagen, Gott hat die Hand über mich gehalten.“
Immer mal wieder kommt Marie-Luise Marjan auch nach Hattingen. 2009 zum Beispiel für einen Dreh auf dem Weihnachtsmarkt und einem Pläuschchen mit Peter Daube, Sohn ihres früheren Musiklehrers. Auch das Grab der Eltern ist hier und wird regelmäßig besucht.
Seit 1990 engagiert sie sich bei Unicef und Plan International. Sie hat mehrere ausländische Patenkinder und gründete 2010 eine Stiftung mit dem Ziel, weltweit benachteiligte Kinder, besonders Mädchen, zu fördern und zu unterstützen. In dem Jahr erhielt sie auch das Große Bundesverdienstkreuz.
Übrigens: Die „Lindenstraße“ gibt es immer noch, natürlich mit Marie-Luise Marjan in der Rolle als Helga Beimer. Und wenn es nach ihr geht, würde sie am liebsten in der Serie während der Dreharbeiten einfach umfallen und sterben mit dem Satz ,Ich liebe dich‘ auf den Lippen –wie sie der Zeitschrift „Auf einen Blick“ sagte. Doch noch erfreut sie sich guter Gesundheit und denkt auch nicht ans Aufhören – nicht mit der Serie und nicht mit dem Leben.
Autor:Dr. Anja Pielorz aus Hattingen |
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