Wir sind Hattinger: Heinz Lathe (1922-1980)

Heinz Lathe. Foto: Stadtarchiv Hattingen

Heinz Lathe wurde 1922 in Essen geboren. Seine Mutter, Elke Küper, stammte aus einer Hattinger Kaufmannsfamilie. Ab 1929 lebte die Familie in Hattingen, wo er auch die Schule besuchte. Unmittelbar nach der Schule wurde er zur Wehrmacht eingezogen und verbrachte seine Zeit in Minsk und Smolensk. Von 1945 bis 1949 war er in russischer Kriegsgefangenschaft im Ural und arbeitete ein Jahr als Beifahrer eines russischen Lkw-Fahrers. Danach sprach er fließend Russisch. Er kehrte nach Deutschland zurück und begann, für die Ruhr-Nachrichten zu schreiben

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Julia Metger schrieb in „Studio Moskau. Westdeutsche Korrespondenten im Kalten Krieg“: Anfang 1958 fuhr er mit seinem Kollegen Günther Meierling im Auto zu einer ersten Reise zurück in die Sowjetunion. Berlin, Warschau, Minsk, Smolensk, Moskau und von dort in die ehemaligen Frontstädte. Sie schrieben Reiseberichte, fotografierten. Sie sprachen mit der Bevölkerung, sie besuchten Kriegsgräber und berichteten über den Wiederaufbau der zerstörten Städte. Damals lehnte Lathe das politische System in der Sowjetunion vermutlich ab, lebte aber in dem Bemühen, mit seiner eigenen Schuld im Krieg klar zu kommen. Er wollte der Geschichte der feindlichen Kontakte zwischen deutscher und russischer Bevölkerung eine bessere Alternative entgegensetzen.
1954 heiratet Lathe, Im Mai 1959 zog er mit seiner Frau Erika und dem dreijährigen Sohn nach Moskau. Er war über die „Ruhr-Nachrichten“ akkreditiert, schrieb aber für mehrere Zeitungen. Seine guten Kontakte sorgten auch für einen Besuch von Alexej Adschubaj, Chefredakteur der Istwestija und Schwiegersohn von Chruschtschow, bei deutschen Zeitungen in der Bundesrepublik. Bei der Gelegenheit kam es auch zu einem Treffen mit dem damaligen Bundeskanzler Erhard.
Heinz Lathe wurde ein Mittler zwischen der SPD und Moskau. Kontakte zum KGB und die Existenz eines geheimen Kommunikationskanales wurden der Öffentlichkeit spätestens im Februar 1995 bekannt, als der „Focus“ einen entsprechenden Artikel veröffentlichte. Lathe war ein hervorragender Kenner der Sowjetunion, was insbesondere die Ostpolitik von Willy Brandt und Egon Bahr maßgeblich bestimmte.

Strippenzieher in Moskau

Anfang 1971 wurde aus dem kenntnisreichen und beim Sowjetregime beliebten Korrespondenten, dem immer wieder Informationen zugespielt wurden, ein in Ungnade gefallener Mensch. Es erschienen in der Presse kritische Artikel über Lathe, der sich selbst mit den Verhältnissen in der Sowjetunion kritisch befasst hatte. Die Situation wurde zunehmend komplizierter. 1980 verließ Lathe aufgrund einer schweren Erkrankung Moskau.
Mit 57 Jahren, als damals dienstältester westdeutscher Korrespondent in Moskau, nahm sich Heinz Lathe am 8. Juli 1980 in Düsseldorf in der Wohnung seines Sohnes Klaus durch einen Fenstersturz sein Leben. Nach Aussagen des Sohnes gingen dem Freitod zweijährige Depressionen und Wahnvorstellungen voraus. Diese sollen durch die systematische Verabreichung von Drogen durch die Haushälterin und Köchin, eine Mitarbeiterin des KGB, verursacht worden sein. Beerdigt wurde Heinz Lathe am 11. Juli 1980 in Hattingen auf dem evangelischen Friedhof an der Bredenscheider Straße.
Mögliche Verwicklungen seiner Person zum Geheimdienst wurden nie eindeutig bewiesen.
Der Moskau-Korrespondent Botho Kirsch kritisierte Lathe in seinen Memoiren heftig als Hofberichterstatter des Sowjet-Regimes und war ebenfalls erklärter Gegner der Ostpolitik von Willy Brandt und Egon Bahr. Kontakte zum KGB wurden angedeutet. Karl-Heinz Vahrenholt, ein Onkel von Lars Friedrich, Vorsitzender des Heimatvereines Hattingen, hat ebenfalls umfangreiche Recherchen zu Heinz Lathe eingeholt.
Er schrieb 2003 sogar an Egon Bahr, der mit Heinz Lathe gut bekannt war. Bahr erinnert sich in einem Antwortschreiben an Vahrenholt an den Korrespondenten Lathe und seine Art, im Stillen zu wirken. Ihm lag eine Verbesserung der Beziehung zwischen den Ländern und den Menschen am Herzen.
Heinz Lathe, Vater zweier Kinder, schrieb zahlreiche Bücher, unter anderem „Reicher Nachbar UdSSR. Dynamik und Probleme einer Weltmacht“ oder „Wie lebt, was denkt der Sowjet-Bürger“. Der Hattinger lebte insgesamt 22 Jahre in der Sowjetunion, davon vier Jahre im Krieg und vier Jahre in Gefangenschaft.

Autor:

Dr. Anja Pielorz aus Hattingen

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