"Wer weiter denkt, kauft näher ein"

Eine so volle Hattinger Innenstadt wie hier beim letzten Herbstmarkt könnte in naher Zukunft der Vergangenheit angehören. Es besteht die Gefahr, dass immer mehr Geschäftsleute ihre Läden schließen müssen, weil der Internet-Handel immer mehr zunimmt. Daher sollte sich jede(r) Gedanken über den griffigen Slogan machen : „Wer weiter denkt, kauft näher ein.“
Foto: STADTSPIEGEL-Archiv
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  • Eine so volle Hattinger Innenstadt wie hier beim letzten Herbstmarkt könnte in naher Zukunft der Vergangenheit angehören. Es besteht die Gefahr, dass immer mehr Geschäftsleute ihre Läden schließen müssen, weil der Internet-Handel immer mehr zunimmt. Daher sollte sich jede(r) Gedanken über den griffigen Slogan machen : „Wer weiter denkt, kauft näher ein.“
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Sie haben‘s doch bestimmt auch schon getan, oder? Auch Sie haben doch sicherlich schon einmal in einem großen Internet-Kaufhaus zumindest virtuell „Schaufenster gebummelt“. Schön bequem vom heimischen Wohnzimmer aus, aber: Online-Handel droht den lokalen, stationären Einzelhandel zu verdrängen. Es droht das Aus einer lebendigen Innenstadt.
von Roland Römer
HATTINGEN. Selbstverständlich droht das auch bei uns hier in Hattingen. Daher hat der STADTSPIEGEL unter dem griffigen Slogan „Wer weiter denkt, kauft näher ein“ mit heimischen Akteuren des Einzelhandels gesprochen und um ihre Meinung zum Thema „Kauf lokal – und nicht im Netz“ gebeten.
Hier ihre Antworten.
Jörn Kleinelümern, Leiter IHK-Regionalbüro Hattingen, meint dazu: „Drei Fragen – ein Damoklesschwert: für den Einzelhändler alter Schule. Und für unsere Innenstädte – auch für Hattingen.
Gräbt der Onlinehandel dem klassischen stationären Einzelhandel das Wasser ab? Ist eine friedliche Koexistenz denkbar? Oder ist das Miteinander von Klassik und Moderne geradezu der Idealfall für jeden Konsumenten?
Fakt ist: Die Umsätze im Onlinehandel steigen stetig. Das Einkaufen wird smarter. Der Reiz, den Weg in die gewachsenen Einzelhandelsstandorte durch die bequeme Nutzung von Smartphones und Tablets zu ersetzen, nimmt offenkundig zu. 24 Stunden geöffnet, an 365 Tagen im Jahr – das Internet macht’s möglich.
Mittlerweile wird immer häufiger die Frage gestellt, ob und wie sich die prognostizierte Bedeutungszunahme des Onlinehandels auf die gewachsenen Einzelhandelsstandorte auswirken muss. Von Bedeutungsverlust der Innenstädte und Stadtteil-zentren ist die Rede, von massiven Leerständen über alle Vertriebsformen und Betriebsgrößen hinweg. Auch wenn es sich hierbei noch um eine perspektivische Eventualität handelt, ist die Neupositionierung des stationären Einzelhandels gegenüber dem virtuellen Wettbewerber heute schon zwingende Notwendigkeit. Wohl gemerkt: heute schon!
Wenn man also von einer Koexistenz ausgeht und einräumen muss, dass sich der Onlinehandel in der Offensive und der stationäre Einzelhandel in der Defensive befindet, ist eine Erkenntnis unverzichtbar: Will der Handel erfolgreich sein, muss er dort sein, wo der Kunde ist!
Denn letztendlich bestimmt der Verbraucher, was er wo und wie einkaufen möchte. Dabei geht es natürlich um den Preis – dabei geht es allerdings auch um den Service. Und hier muss die Stunde für den stationären Einzelhandel schlagen.
Denn: Service wird nicht von Unternehmen definiert, sondern von den Kundenerwartungen. Und: Service ist die Summe vieler kleiner Details. Deshalb ist jeder Kundenkontakt entscheidend für den Erfolg.
Die Transparenz, die das Internet dem Kunden bietet, muss auch der stationäre, klassische Einzelhändler bieten. Verkauf im Laden ist Kür – Infos im Internet sind Pflicht. Der Einzelhändler muss dem informierten Kunden in einem zweiten Schritt das Gefühl vermitteln, dass es schöner ist, hautnah zu shoppen als sich durch das Internet zu klicken. Damit Shoppen zum Event wird, müssen das Angebot vor Ort, der Service und die Freundlichkeit stimmen.
Doch dies ist es nicht allein: Die Stadtplanung muss das Wohlfühl-Gefühl der Menschen im Auge haben, Städte müssen zum Verweilen einladen. Durch entsprechende Baulichkeiten – durch entsprechendes ,Bei-Programm‘. Kein Einzelhandelsstandort wird auf Dauer überleben, wenn das Auge kein Grün findet, wenn die Füße auf dem Pflaster schmerzen, wenn keine Bänke zum Ausruhen einladen – und das Restaurant oder die Kneipe an der Ecke nicht den Einkauf abrunden. Einzelhandelsentwicklung ist zwingend Stadtentwicklung.“
Der Geschäftsführer von Hattingen Marketing, Georg Hartmann, sagt dazu: „Ich bin ein Freund des Internets. Das Internet ist kein Teufelswerk. Es bringt uns viele Vorteile.
Aber wir sollten uns den Slogan „,Wer weiter denkt, kauft näher ein‘“ auf der Zunge zergehen lassen: Denn stärken wir den lokalen Handel, stärken wir gemeinsam unsere Stadt. Deshalb liegt mir die Stärke des Hattinger Handels natürlich am Herzen.
Zwar ist es komfortabel, sich mit einem Klick sein Wunschprodukt in einem Online-Shop zu bestellen. Doch die Vorzüge des lokalen Handels liegen auf der Hand: Kunden können Produkte berühren, prüfen und damit haptisch erfahren. Auch die Vorteile einer fachlichen Beratung und ein gegenseitiger Austausch –auch über Preise – sind unbestritten.
Einkaufen in Hattingen ist ein Erlebnis, zum Beispiel an verkaufsoffenen Sonntagen, an denen die Händler regelmäßig zeigen, wie gut sie über besondere Aktionen und Serviceangebote an einem Strang ziehen. All das sind Serviceleistungen unserer Händler vor Ort mit denen kein Internethändler konkurrieren kann.
Dennoch sollten sich Händler dem Internet nicht verschließen, sondern es mit Kreativität für sich nutzen, zum Beispiel mit einer eigenen Internetseite oder einer Präsenz in sozialen Netzwerken.“
In eine ähnliche Richtung denkt auch Peter Blome, Vorsitzender des örtlichen Einzelhandelsverbandes: „Natürlich sind wir Hattinger Einzelhändler daran interessiert, dass möglichst viele Kunden in Hattingen einkaufen. Um das zu erreichen, muss man den Einkauf in Hattingen attraktiver gestalten. Andererseits lässt sich in der heutigen Zeit aber auch das Online-Einkaufen nicht mehr verhindern.
Meiner Meinung nach sind da zwei Strategien gefragt: Als Einzelhändler muss ich mein eigenes Angebot den Erfordernissen des Marktes anpassen und dadurch versuchen Kunden anzuziehen. Andererseits rate ich aber auch zuzusehen, dass man selbst vom ,Internet-Kuchen‘ etwas abbekommt, sprich selbst im Internet einen Online-Shop betreibt.
Dennoch sind wir in Hattingen ja in der glücklichen Lage, unseren Kunden durch die Altstadt ein entsprechendes Umfeld bieten zu können und dadurch ein echtes Einkaufserlebnis zu schaffen. Allerdings kann eine allgemeine Attraktivitätssteigerung nur als Zusammenschluss funktionieren.
Dass Kunden eine Beratung vor Ort schätzen, die man ja so im Internet nicht bekommt, erleben wir immer wieder. Da lässt sich jemand ausführlich im örtlichen Fachhandel beraten, um letztlich dann doch im Internet zu bestellen. Auf lange Sicht ist das gefährlich für kleine Städte, die meiner Meinung nach in Zukunft arg in Schwierigkeiten kommen werden – Sprockhövel etwa. Hattingen sehe ich dank des Ambientes auch weiterhin als Einkaufsstadt.“

Autor:

Roland Römer aus Hattingen

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