Unterwegs in der Unterwelt von Hattingen

Alte Belüftungsrohre in Augenschein nehmen hier (v.l.) Ulrich Jordan vom Hattinger Ordnungsamt, Marcel Bernd und Dominik Hirth.  alle Fotos: Strzysz
24Bilder
  • Alte Belüftungsrohre in Augenschein nehmen hier (v.l.) Ulrich Jordan vom Hattinger Ordnungsamt, Marcel Bernd und Dominik Hirth. alle Fotos: Strzysz
  • hochgeladen von Roland Römer

(von Siggi Strzysz)

Relikte aus der dunklen Zeit des Zweiten Weltkriegs befinden sich noch einige in Hattingen. Sichtbar und unsichtbar. Der STADTSPIEGEL ging mit Uli Jordan vom Hattinger Ordnungsamt hinab in die Unterwelt von Hattingen.

Dass sich unter großen Asphaltplatten mitten in Hattingen so ein großer Bunker befindet, daran denkt wohl kaum jemand.
Ulrich Jordan und der „Bochumer Studienkreis für Bunker, Stollen, Deckungsgräben und unterirdische Fabrikationsanlagen e.V.“, der für den Hattinger Bereich zuständig sind ist und sich aus Spenden und Eigenleistung finanziert, führten den STADTSPIEGEL durch die enorme Bunkeranlage. Auch einige Fachleute vom Technischen Hilfswerk (THW) waren dabei, um sich ein Bild von der Anlage zu machen, die in vielen Bombennächten den Hattingern Schutz bot. Die Feuerwehr verwaltet die gesamten Hattinger Bunker.
Eine Treppe führt hinunter ins Dunkel der Bunkeranlage. Ein leicht feuchtes Klima mit angenehmer Temperatur fanden die Besucher dort vor. Dann kam ein langer finsterer Gang, der ohne Kopf-und Taschenlampe nicht zu erkennen wäre.
Beklemmung befällt einen bei dem Gedanken, hier unten womöglich stundenlang ausharren zu müssen – nicht wissend, wie es aussieht oben, wenn Alarm und Angriff vorbei sind. Steht das Haus noch? Ist die Wohnung noch bewohnbar? Haben alle aus der Familie überlebt? Die Nachbarn, Freunde, Verwandten?
Die unzähligen kleinen Räume, die rechts und links abgehen, könnten, wenn sie denn könnten, viel über Tränen, Angst und Verzweiflung berichten.
Zeugnisse von Schutzsuchenden dort, die sind noch heute zu finden: An manchen Türrahmen sind Familiennamen eingeritzt oder angeschrieben. Rund 3.000 Menschen konnten hier Unterschlupf finden. Hundertprozentig sicher war auch in einem Bunker niemand: Zwei Bombeneinschläge sind an kaputten Mauerwänden noch heute zuerkennen.
Wie aus Unterlagen hervorgeht, wurde das Inventar wie Bänke oder Toiletten bereits im Jahre 1946 ausgebaut und verkauft. In einem Maschinenraum waren Belüftungsmaschinen, die den gesamten Bunker mit Sauerstoff durch Rohre versorgten. Die Maschinen waren elektrisch betrieben und bei Ausfall von Strom mit einer Not-Kurbel versehen. Die Elektroinstallationen wurden in den 60er Jahren im Zuge des kalten Krieges erneuert.
Der Grund für die Begehung am Wochenende war eine Überprüfung des Grundrissplanes aus dem Jahre 1952 und eine Sicherheitsprüfung über den Zustand des Bunkers. Sie wird an der Außenwand sowie den tragenden Wänden vorgenommen. So können frühzeitig Schäden festgestellt werden, von denen Gefahr ausgehen kann.
Hauptfeind ist heute Feuchtigkeit, die von außen auf die Mauern einwirkt. Daher findet eine solche Begehung etwa alle fünf Jahre statt.
Während der Begehung wurde festgestellt, dass der Grundrissplan mit der Realität nicht übereinstimmt. Daher wurde die gesamte Anlage neu vermessen und in einigen Tagen wird der aktuelle Plan vorliegen. Grundrisspläne aus Archiven sind wichtig, aber auch Zeitzeugen. Sie halfen in der Vergangenheit ebenfalls bei der Gefahrenabwehr, denn nicht alles ist erfasst.
So ist beispielsweise die exakte Gesamtgröße des Bunkers bis zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht bekannt. Die Ergebnisse des an diesem Tag ermittelten Bunker-Zustands werden dem Ordnungsamt noch offiziellmitgeteilt.

Autor:

Roland Römer aus Hattingen

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

4 folgen diesem Profil

1 Kommentar

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.