Sven Christer Scholven: Kaplan mit Umwegen

Sven Christer Scholven ist der neue Kaplan in der Kath. Kirchengemeinde St. Peter und Paul. Momentan richtet der 34jährige gerade seine Wohnung an der Bahnhofstraße her.  Foto: Römer
  • Sven Christer Scholven ist der neue Kaplan in der Kath. Kirchengemeinde St. Peter und Paul. Momentan richtet der 34jährige gerade seine Wohnung an der Bahnhofstraße her. Foto: Römer
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Die Kath. Kirchengemeinde St. Peter und Paul hat einen neuen Kaplan. Sven Christer Scholven heißt er und stammt aus der Nachbarstadt mit dem blau-weißen Traditions-Fußballclub, der Stadt, die für Herbert Grönemeyer und den Rest Deutschlands „Tief im Westen“ liegt, aus Bochum also.

Gerade einmal gut zehn Kilometer trennen die beiden Städte. Aber dennoch sind es Umwege aller Art, die den 34jährigen nach Hattingen geführt haben.
„Nein, direkt ist anders“, lacht er bei seinem Besuch in der STADTSPIEGEL-Redaktion. Das gelte sowohl für seinen beruflichen als auch seinen geistlichen Weg. Da müsse man schon etwas ausholen...
Los ging es wie bei so vielen jungen Menschen: 1998 Abitur an der Goethe-Schule in Bochum, zehn Monate Grundwehrdienst. „In dieser Zeit habe ich mich für mein Studium entschieden“, blickt Sven Christer Scholven auf sein Damals zurück. „Jura sollte es nämlich letztlich werden. Das habe ich bis zum ersten Staatsexamen in Bochum studiert.“
Allerdings hätten da schon Zweifel an ihm genagt, zumindest sei er „in der Endphase nachdenklich“ geworden, ob die Jurisprudenz das Richtige für ihn sei.
In dieser Zeit war er bei seinen Eltern ausgezogen, hatte eine Wohnung in Altenbochum und sonntags seinen lernfreien Tag.
„Da lag ich morgens im Bett und überlegte, was ich den Tag über anfangen sollte“, erinnert er sich. „Und da läuteten die Glocken an der Liebfrauen-Kirche und ich dachte bei mir: Ach, gehst Du mal wieder in die Kirche.“
Er stammt zwar aus einer katholischen Familie, doch habe der Glaube darin eine eher untergeordnete Rolle gespielt: „Wir gingen nur zu den hohen Feiertagen in die Kirche. Somit hatte ich ein eher freundlich-distanziertes Verhältnis zur Kirche.“
Das änderte sich nach seinem Kirchenbesuch in Altenbochum, denn der wurde ihm sonntags zur Gewohnheit. Schnell kam er mit den Menschen in Kontakt, führte viele Gespräche und landete letztlich im Kirchenchor. Irgendwann fragte ihn der Pfarrer, ob er bei den Vorbereitungen zur Erstkommunion helfen wolle.
Sven Christer Scholven: „Ich sagte ja und fand mich in einem Team junger Menschen zwischen 20 und 25 Jahren wieder. Wir diskutierten viel über den Glauben, den ich dadurch buchstäblich für mich wieder entdeckte. Im Laufe der Zeit bin ich dann nachdenklich geworden, wie weit ich Kirche in mein Leben integrieren wollte. Daher traf ich mich regelmäßig alle sechs Wochen mit unserem Pfarrer Jansen zum Gespräch. Da ich inzwischen etwas über das Amt des ständigen Diakons erfahren hatte, wollte ich darüber eines Tages mit ihm sprechen, als er mir plötzlich vorschlug, Priester zu werden. Zunächst war ich fast geschockt darüber, denn ich stand ja kurz vor meinem juristischen Examen. Rückblickend muss ich allerdings sagen, das dies für mich das wichtigste Gespräch überhaupt gewesen ist.“
Priester zu werden, das sei schließlich keine Frage, die man mal eben so beantworte: „Damit muss man sich sehr intensiv und immer wieder beschäftigen. Vom Bauch her hatte ich mich praktisch schon gegen die Juristerei entschieden. Aber ich wollte erst einmal eine Auszeit nach dem Examen. So ging ich zehn Tage in das Benediktinerkloster Abtei Königsmünster in Meschede. Dort habe ich gelernt, dass es mir gelingen könnte, mein Leben neu zu organisieren, Prioritäten zu setzen. Ich entschloss mich zum Priesteramt. Auch wenn ich Fragen etwa zur Ehelosigkeit zwar vom ersten Tag an stellen, aber nicht beantworten konnte.“
Seine Eltern und auch sein gut elf Jahre älterer Bruder, der vier Kinder hat, seien von seinem Entschluss, Priester zu werden schon überrascht gewesen: „Gerade aber meine Eltern sind auch dabei ihrer Grundhaltung uns gegenüber treu geblieben, uns bei dem Weg zu unterstützen, den wir genommen haben.“
2004 begann Sven Christer Scholven in Essen seine Ausbildung zum Priester, kam für sechs Monate nach Freiburg, besuchte die Originalschauplätze der Bibel. 2005 fing das Studium der Theologie an der Ruhr-Universität Bochum an. Nach dem Grundstudium ging es für drei Semester nach Erfurt, wo er in einer WG lebte.
„Eine ganz, ganz tolle Zeit folgte anschließend im belgischen Löwen“, strahlt der junge Kaplan noch heute bei der Erinnerung daran. „Hier kam ich ein Jahr lang mit ganz vielen Menschen aus den unterschiedlichsten Ländern der Erde zusammen. Ein wunderbares Erlebnis.“
Nach dem Theologie-Studium, das er 2010 in Bochum beendete, wurde er im Mai 2011 Diakon in Oberhausen-Mitte: „Dort gab es sehr viel soziale Not. Außerdem ist das Stadtbild multi-kulturell geprägt, ein sozialer Brennpunkt eben.“
Am 25. Mai 2012 wurde Sven Christer Scholven in Essen zum Priester geweiht und schon einen Tag später erfuhr er von seiner Berufung zum Kaplan in Hattingen als Nachfolger von Benedikt Ogrodowczyk, der jetzt in der Schwelmer Kirchengemeinde St. Marien wirkt.
Vier Jahre, so schätzt der Neu-Hattinger, werde er wohl in Hattingen bleiben. Als Bochumer kennt er die Stadt von Besuchen her. Als „Hattinger“ hat er sich inzwischen die Stadt „erlaufen“ und schon ein Stamm-Café gefunden.
Lesen, Theater, Kino, gutes Essen und Kochen, Fahrrad fahren: Das sind seine Hobbys. Er bezeichnet sich als „leidenschaftlicher WDR-2-Hörer“, hört Pop-Musik für den Alltagsgebrauch, Jazz beispielsweise von Lyambiko oder Fredrika Stahl gezielt zum Hinhören. Lange Jahre spielte er Alt-Flöte, was er jetzt wieder verstärkt tun möchte.
Als Kaplan in St. Peter und Paul sei er schwerpunktmäßig für die Jugendarbeit eingesetzt, war schon mit Hattinger Jugendlichen in den Ferien in der Nähe von Nizza. „Ich freue mich, dass es in dieser Gemeinde wirklich zum Glück noch engagierte junge Menschen bei den Pfadfindern und der KJG gibt, der Katholischen Jungen Gemeinde. Ich werde von meinem Vorgänger den Gottesdienst für Jugendliche einmal im Monat sonntags um 20.15 Uhr weiterführen. Darüber hinaus werde ich mich verstärkt mit dem Thema beschäftigen, wie wir uns als Kirche nach außen darstellen, wie wir Menschen erreichen können.“
Jedenfalls fühle er sich in Hattingen mit den sprichwörtlichen „offenen Armen“ aufgenommen: „Ich freue mich hier zu sein. Und was es heißt, Priester zu sein, das entdecke ich gerade und freue mich auf die weitere Reise. Das geht nur zusammen mit den Menschen hier. Mensch und Gott, Gott und Mensch – wenn man vom einen spricht, meint man immer auch den anderen.“

Autor:

Roland Römer aus Hattingen

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