Sexueller Missbrauch: Hohe Geldstrafe

Der junge Mann (20) auf der Anklagebank hatte bis zu der Tat im Dezember 2014 ein unbescholtenes Leben geführt. Abitur, ein Auslandsjahr in Kanada, geordnete familiäre Verhältnisse und derzeit Auszubildender im kaufmännischen Bereich. Doch an diesem Tag sorgte der Alkohol für ein Verhalten, welches nicht nur sein Leben ziemlich aus dem Takt brachte.

An besagtem Tag besuchte der junge Mann einen Freund in Frankfurt. Diesen hatte er während des Auslandsaufenthaltes kennengelernt und man hielt lockeren Kontakt. Mit dabei war eine junge Frau, die ebenfalls in Kanada dabei war. Für zwei Nächte hatte man sich in Frankfurt bei dem Freund einquartiert. In der ersten Nacht ging noch alles gut. Ohne Probleme nächtigte der Angeklagte mit der jungen Frau auf einem Schlafsofa in der Wohnung des Bekannten. Am nächsten Tag gingen alle Schlittschuhlaufen, zum Abend verabredete man sich mit drei weiteren Bekannten des Frankfurters. Die sechs jungen Leute zogen los und machten das Frankfurter Nachtleben unsicher. Spät in der Nacht kam man zurück in die Wohnung, in der fünf der jungen Leute übernachteten. Der Wohnungseigentümer mit seiner Freundin, sein Cousin und die beiden Freunde, die er aus Kanada kannte. Wie in der Nacht zuvor schliefen der Angeklagte und die junge Frau auf dem Schlafsofa. Alle waren stark alkoholisiert. Man hatte sich mit Wodka, verschiedenen Mixgetränken, Jägermeister und Äppelwoi ordentlich abgefüllt.
Schon im Verlaufe des Abends hatte der Angeklagte immer mal wieder den Arm um die junge Frau gelegt. Die hatte das aber freundschaftlich interpretiert, man kannte sich ja aus Kanada, hatte sich dort jeden Tag gesehen. Auf dem Schlafsofa rückte der Angeklagte nun nah an die junge Frau, zog ihr die Hose herunter und will sie nach eigenen Angaben nur gestreichelt haben. Als keine Reaktion der Erwiderung erfolgte, will er von ihr abgelassen haben. Die junge Frau schildert die Situation drastischer. Sie habe einen Zustand zwischen Schlaf- und Dämmerphasen gehabt und habe mitbekommen, dass sie teilweise entkleidet wurde. Sie habe sich weggerückt und es seien deutlich mehr Annäherungen geschehen, als der Angeklagte zugibt. Gesprochen wurde nicht, weil noch zwei weitere Personen im Zimmer schliefen.

Party mit Folgen

Am anderen Morgen fuhr die junge Frau mit dem Zug zurück nach Hause und erst auf dieser Fahrt wurde ihr unter dem dann bereits verringerten Einfluss des Alkohols klar, was da überhaupt passiert war. Sie vertraute sich Freunden an, die ihr zu einer Anzeige rieten. Über Whatsapp hatte sie noch einmal Kontakt zum Angeklagten, der sich für sein Verhalten entschuldigte und dieses auf den Alkohol schob. Die junge Frau war in Panik, ließ einen Schwangerschaftstest und einen HIV-Test machen. Doch zumindest in diesen Punkten konnte sie beruhigt werden.
Weil der Angeklagte zum Zeitpunkt der Tat Heranwachsender war, hatte das Jugendschöffengericht zu entscheiden, ob die Tat nach Jugend- oder nach Erwachsenenstrafrecht abgeurteilt werden sollte. Während der Staatsanwalt in dem Vorfall eine versuchte Vergewaltigung sah und Erwachsenenstrafrecht forderte, sah die Verteidigung die Anwendung des Jugendstrafrechtes, falls es überhaupt zu einer Verurteilung kommen sollte. Der Vorfall sei ein Partygelage junger Menschen gewesen und der Angeklagte hätte die Situation missverstanden. Statt von einem Missbrauch könne man hier höchstens von einer Nötigung sprechen.
Das Jugendschöffengericht brauchte lange, um zu einem Urteil zu kommen. Nach ausführlicher Beratung entschied man sich, das Jugendstrafrecht zur Anwendung kommen zu lassen und die Ausführungen des Angeklagten als Teilgeständnis zu werten. Einen Arrest hielt man nicht für sinnhaft, da dieser keine erzieherischen Maßnahmen bei dem Angeklagten bewirken könne. Finanziell wird der Angeklagte die Tat deutlich spüren. Weil er als Auszubildender bereits Geld verdient, muss er insgesamt 2700 Euro binnen eines Zeitraumen von 18 Monaten an den Weißen Ring zahlen und die gleiche Summe ebenfalls binnen 18 Monaten in Raten an das Opfer. Die Tat wird zwar in das Erziehungsregister eingetragen. Aber weil nicht nach Erwachsenenstrafrecht geurteilt wurde, steht sie nicht im polizeilichen Führungszeugnis. Glück für den Angeklagten im Hinblick auf seinen beruflichen Werdegang.

Autor:

Dr. Anja Pielorz aus Hattingen

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