Serie "Hinter den Kulissen": Was macht eigentlich ein Autoverkäufer den ganzen Tag?
(von Cay Kamphorst)
Der Begriff „Autoverkäufer“ mag auf den Gebrauchtwagenhändler an der Ecke zutreffen, der mancherorts mit zweifelhaften Verkaufsmethoden seine Ware anpreist. Aber was die Herren im Verkauf eines Vertragshändlers wie dem WH Autozentrum Hattingen leisten müssen, übertrifft sicherlich manche Vorstellung über diesen Berufszweig.
Was macht eigentlich der „Autoverkäufer“, wenn er gerade keine Autos verkauft? Trinkt er dann gemütlich einen Kaffee und wartet auf den nächsten Kunden? Mitnichten!
„Da müssen wir wohl erst mal mit einigen Vorurteilen aufräumen,“ lächelt Marc Ottmann (34), Verkaufsleiter im WH Autozentrum Hattingen an der Blankensteiner Straße. Und was ich dann über die tatsächlichen Tätigkeiten eines Verkaufsberaters, so die korrekte Bezeichnung, erfahre, wirft ein völlig neues Bild auf diesen Beruf.
Das fängt schon bei der Ausbildung an. Am Anfang steht vorzugsweise eine dreijährige Ausbildung zum Automobilkaufmann. Ist die erfolgreich absolviert, kann, wer möchte, noch eine Zusatzqualifikation zum zertifizierten Verkaufsberater erwerben.
Im WH Autohaus stellt man an die angehenden Juniorverkäufer recht hohe Ansprüche. Bevor die zweijährige Ausbildung mit theoretischen und praktischen Teilen beginnen kann, muss ein vierteiliger Vorbereitungstest bestanden werden. Nach einem Jahr erfolgt eine Zwischenprüfung und nach zwei Jahren die Abschlussprüfung.
„Wir haben hier einen sehr hohen Ausbildungsstandard, was nicht überall der Fall ist,“ erklärt Marc Ottmann. „Unsere Verkaufsberater werden auch sehr gerne abgeworben, gerade weil sie eine so hochwertige Ausbildung genossen haben. Ein Verkaufsberater arbeitet an die 60 Stunden pro Woche, bei einer sechs-Tage-Woche. Doch im Grunde ist das ein 24-Stunden-Job. Auch auf privaten Feiern oder im persönlichen Umfeld werden Gespräche geführt und neue Kunden akquiriert. Oder wir werden selbst angesprochen.“ Und dann steht das Privatleben hinten an.
Ich möchte wissen, ob bei so viel beruflichem Engagement ein eigenes Familienleben überhaupt möglich ist. „Der Beruf lässt sich sicherlich eher schlecht mit Familie vereinbaren. Denn auch an den Wochenenden gibt es Events wie die Autoparty, bei denen Berater zugegen sind,“ sagt Ottmann. „Im Grunde baut man sich im Alter zwischen 20 und 30 Jahren seinen Kundenstamm auf, denn das ist sehr zeitaufwändig. Dann hat man die Chance, ein wenig kürzer zu treten, weil sich zufriedene Kunden gerne immer wieder an den gleichen Berater wenden.“
Der Beruf erfordert auch ein hohes Maß an Flexibilität, Stressresistenz, Ausdauer, ständiger Präsenz und nicht zuletzt auch die Verbundenheit mit dem Auto und seiner Marke, um überhaupt glaubwürdig auftreten zu können.
„Ich finde Autos toll und bin technisch wie kaufmännisch an den Arbeiten rund um das Auto interessiert. Mich kann man immer sehr für Autos begeistern, so dass es mir auch leicht fällt, andere Menschen ebenso zu begeistern,“ antwortet Marc Ottmann auf meine Frage, wie er selbst denn zu dem Beruf kam.
Interessiert sich ein Kunde für ein Auto, so hilft der Berater bei den Möglichkeiten der Finanzierung, bewertet das Altfahrzeug für eine Inzahlungnahme, nimmt die Wünsche des Kunden auf, veranlasst eine Probefahrt und erstellt die kompletten Beratungsunterlagen. Ist das Fahrzeug dann im Besitz des Kunden, werden sämtliche Funktionen erklärt.
„Zur Zeit haben wir Lieferzeiten zwischen sechs und zwölf Monaten, denn der Markt boomt und das nicht erst seit der Abwrackprämie,“ so Ottmann. „Von daher muss der Berater auch diese lange Wartezeit für den Kunden überbrücken und darf ihn nicht einfach aus den Augen verlieren, bis der Wagen kommt.“
Auch hier gilt die Devise, der Kunde ist König und so wird er auch behandelt. Schließlich soll er sich wohlfühlen und auch bei Problemen oder Reparaturen mit dem Auto wiederkommen.
Ein Verkaufsberater steht unter einem ständigen erheblichen Druck. Nicht nur durch die Kunden, sondern auch seitens des Qualitätsmanagements.
Kunden werden nach ihrer Zufriedenheit befragt, „verdeckte“ Testkäufer werden zur Überprüfung eingesetzt und die täglichen Dokumentationen werden laufend geprüft. Gibt es zu viele negative Rückmeldungen, trennt sich ein Unternehmen von seinem Berater. Täglich muss er eine gleichbleibend hohe Leistung erbringen, da sich sein Lebensunterhalt bis auf einen Sockelbetrag auf seine Provision aus dem Verkauf stützt.
Also Rundum-Stress statt lauem Job...
Autor:Roland Römer aus Hattingen |
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