Schüsse und Schreie am Pottacker - Widerstand gegen Polizeibeamte bestraft
Ein 33 Jahre alter Mann wurde jetzt vom Schöffengericht wegen Widerstandes gegen Polizeibeamte in Tateinheit mit unerlaubtem Waffenbesitz zu 15 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Die Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt.
Es war am 12. Februar 2016 ein nicht alltäglicher Nachteinsatz mit Warnschüssen und gezielten Schüssen, den die Polizeikräfte zu bewältigen hatten.
Nachdem ein Bürger einem Security-Mitarbeiter der Flüchtlingsunterkunft an der Talstraße kurz nach ein Uhr am frühen Morgen gemeldet hatte, dass sich ein Mann mit 2 Waffen auf der Straße Pottacker befand, informierte der Security-Mitarbeiter die Polizei.
Mann bedrohte Polizisten mit gezogenen Waffen
Innerhalb weniger Minuten waren die ersten Streifenwagen vor Ort. Eine der Streifenwagenbesatzungen entdeckte den Angeklagten, der mit ausgestreckten Armen und mit zwei Pistolen in seinen Händen auf die Beamten zukam.
Als dieser der mehrfachen Aufforderung der Polizeikräfte, die Waffen niederzulegen, nicht nachkam, gaben die Beamten zuerst 4 Warnschüsse ab. Als der Angeklagte die Waffen nicht ablegte und diese stattdessen auf einen Beamten richtete, schoss ihm ein Polizeibeamter gezielt in den Oberschenkel und setzte ihn außer Gefecht.
Nach der Erstversorgung durch den Rettungsdienst wurde der Angeklagte ins Krankenhaus und später in das Polizeigewahrsam transportiert. Eine Blutuntersuchung ergab einen Wert von fast zwei Promille Alkoholkonzentration.
Woher er die beiden Waffen hatte, die sich später als Schreckschusswaffen herausstellten, wollte der Angeklagte vor dem Schöffengericht nicht preisgeben.
„Er legte es wohl darauf an, von uns erschossen zu werden“, sagte eine Polizeibeamtin vor Gericht aus und war sichtlich froh, dass der Schusswechsel in dieser Nacht keine tödlichen Folgen hatte.
Verminderte Schuldfähigkeit bei der Tat
Beziehungsstress mit der Mutter seines Kindes und eine vorher ausgebrannte Wohnung sollen mit dazu beigetragen haben, dass sich der alkoholisierte Angeklagte in dieser Nacht zu der Tat hinreißen ließ und erst durch Schüsse aus einer Polizeipistole gestoppt werden konnte. Die vom Gericht beauftragte Gutachterin attestierte beim Angeklagten am Tattag eine verminderte Schuldfähigkeit.
Staatsanwalt Marco Papa beantragte für die Widerstandshandlungen und für den Waffenbesitz ein Jahr und 8 Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung. Dazu sollten 300 Sozialstunden abgeleistet werden. Bei diesem Strafantrag wurde berücksichtigt, dass der Angeklagte schon 7 Mal vorbestraft ist und auch schon „Hafterfahrung“ hat.
Rechtsanwalt Meyer war der Ansicht, man „solle die Kirche im Dorf lassen“, die verminderte Schuldfähigkeit berücksichtigen und beantragte für seinen Mandanten eine Bewährungsstrafe von 8 Monaten.
Im Namen des Volkes
Das Schöffengericht urteilte anders: Ein Jahr und 3 Monate Freiheitsstrafe für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Damit wurden Widerstandshandlung gegen Polizeibeamte und der unerlaubte Waffenbesitz geahndet. Außerdem muss der Angeklagte innerhalb von 6 Monaten 200 Stunden gemeinnützige Arbeit ableisten.
„Es ist nur der Professionalität der Hattinger Polizeibeamten zu verdanken, dass Schlimmeres verhindert werden konnte und keine weitere Person zu Schaden kam“, sagte Richter Johannes Kimmeskamp am Ende seiner Urteilsbegründung. Das Urteil wird erst rechtskräftig, wenn nicht innerhalb einer Woche Berufung eingelegt wird.
Die Pressesprecherin der Polizei, Sonja Wever, teilte dem STADTSPIEGEL auf Nachfrage mit, dass es im Ennepe-Ruhr-Kreis (außer Witten) seit 2016 nur zu diesem einen Fall gekommen ist, bei dem eine Schusswaffe gegen eine Person eingesetzt werden musste. „Der Schusswaffengebrauch beinhaltet ja nicht nur die Verletzungen desjenigen, auf den geschossen wurde, sondern beinhaltet auch eine psychische Belastung für den Schützen. Denn kein Polizist schießt gerne auf Menschen“, so Pressesprecherin Sonja Wever.
Autor:Hans-Georg Höffken aus Hattingen |
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