Schlampige Anklage muss neu formuliert werden

Ist das nun ein Wirtschaftskrimi, bei dem eine Firma versucht, einer anderen Firma und insbesondere dem früheren Inhaber einer in Insolvenz gegangenen Firma zu schaden? Will man hier jemanden fertig machen? Oder hat der Mann auf der Angeklagebank Maschinen von der Altfirma gestohlen, die später im neuen Betrieb wieder auftauchten?

Zweite Runde in diesem Fall – und nicht die letzte! Die Aktenberge werden immer dicker, die Lösung kommt indes nicht näher.
Ein Geschäftsführer, angeklagt des Betruges, soll Maschinen und Werkzeugteile gestohlen haben und diese sollen später in einer anderen Firma, in der er als Angestellter arbeitet, wieder aufgetaucht sein.
Das jedenfalls ist die Kurzform einer Anklageschrift der Staatsanwaltschaft, die hinsichtlich von Tatort, Tatzeit und Tatvorwurf große Ungenauigkeiten beeinhaltet.
Dies wiederum veranlasst die beiden Rechtsanwälte der Verteidigung von einer Anklage zu sprechen, die an der „Grenze der unzulässigen Beliebigkeit“ ist.
Um Licht in das Dunkel zu bringen, wurden neben dem Polizeibeamten, der mit der Überprüfung der Maschinen beauftragt wurde, zwei weitere Zeugen vernommen, die unter dem Angeklagten gearbeitet haben.
Beide hatten Kenntnis von dem Außenlager, in das auch Material gebracht wurde. Beide wussten ebenfalls von einem zweiten Lager in derselben Halle, in das auch Dinge gebracht wurden – überwiegend Messinstrumente, aber auch Maschinen.
Ob dies allerdings aus Platzmangel in der angemieteten Halle geschah, oder weil der Angeklagte eine ganz andere Absicht verfolgte, ist auch nach der Fortsetzung der Hauptverhandlung nicht klar.
Die fehlerhafte und verfrühte Anklageschrift ist es schließlich, die diese Verhandlung beendet. „Die Anklage lautet auf Diebstahl und zum Zeitpunkt des angeblichen Diebstahles scheint es so, dass der Angeklagte noch Geschäftsführer in seiner Firma gewesen ist. Wenn er Eigentümer ist, kann er sich nicht selbst bestehlen. Also ist diese Anklage nicht korrekt. Er könnte aber von dem drohenden Bankrott des Unternehmens gewusst haben. Das aber wäre eine andere Anklage“, erklärt der Richter den Sachverhalt.
Ob der Angeklagte in diesem Fall versuchte, Material zur Seite zu schaffen, um es später selbst in einer anderen Firma verwenden zu können? Ein solcher Beweis muss in einer neuen Verhandlung angetreten werden und dazu muss die Staatsanwaltschaft eine neue Anklage vorlegen. So wird die Verhandlung ausgesetzt, bis diese Anklage vorliegt.
Die Verteidigung hatte sich bemüht, für bestimmte Maschinen Lieferverträge und Rechnungen beizubringen. In einem Fall läuft es auf die Ladung von zwei Zeugen hinaus, die eine der fraglichen Maschinen selbst aus der Schweiz geholt haben wollen.
Für die Staatsanwaltschaft ist der Fall prekär. Kann sie keinen Nachweis antreten, dass der Angeklagte Material zur Seite geschafft hat, drohen Schadenersatzansprüche. Denn die Maschinen sind seit Monaten beschlagnahmt und können nicht eingesetzt werden.

Autor:

Dr. Anja Pielorz aus Hattingen

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