Ruhestand für Walter Ollenik: Seine Spuren, die bleiben
35 Jahre sind eine lange Zeit. Erst recht bezogen auf die Dauer des Arbeitslebens. Wenn Walter Ollenik in diesen Tagen – wann genau, das weiß er selbst nicht – die Hattinger Stadtverwaltung als „Rentner“ tatsächlich verlässt, dann geht mit ihm eine der bekanntesten Figuren der Stadt in den Ruhestand. Denn nicht immer stieß seine „Kunst im öffentlichen Raum“, für die sich der 65jährige nach wie vor stark macht, auf Gegenliebe bei den Hattingern.
„Meine Arbeit macht mir einfach Spaß. Daher würde ich eigentlich viel lieber weitermachen“, gesteht der Noch-Fachbereichsleiter für Kultur und Weiterbildung, der vorher Referent für Stadtkultur war. Offiziell steht er noch bis Ende August im Dienste der Stadt Hattingen. Aber durch Urlaub sei „irgendwann in diesen Tagen Feierabend“ für ihn. Seinen Ausstand für die Kollegen gibt er am 5. Juli. Und danach?
Eigentlich hätte der gebürtige Duisburger dann Zeit für „seinen“ MSV. Seit Kindertagen geht er dort ins Stadion, seit Jahren besitzt er eine Dauerkarte für die Zebras und vor gut zehn Jahren schenkte er seinem Sohn Luca schon zu dessen Geburt ebenfalls eine.
Und dann die Pleite beim MSV. „Das tut mir in der Seele weh, was mit dem Verein los ist“, sagt Walter Ollenik und gesteht, wie Vereins-Ikone Bernhard Dietz ein paar Tränen darüber vergossen zu haben. Und er zeigt auf seine alte Fußmatte: „Kollegen haben sie mir mit dem MSV-Schriftzug und Vereinswappen darauf geschenkt. So niedergetreten wie die inzwischen ist, so geht es dem MSV zurzeit.“
Themenwechsel. Als Walter Ollenik vor 35 Jahren am 1. Februar 1978 bei der Hattinger Stadtverwaltung im Bauordnungsamt anfing, da war er mit seinen 29 Lenzen der jüngste Amtsleiter dort. Dabei wollte er eigentlich nach Lübeck. Dort war alles so gut wie ausgehandelt, es gab Pläne, auch für Großprojekte. Allerdings sagte seine damalige Frau dann doch, die Hansestadt sei ihr zu weit weg von ihrer Heimat Düsseldorf. Da traf es sich gut, dass sein Schwiegervater mitbekommen hatte, in Hattingen wäre eine Stelle frei für einen Architekten bei der Stadtverwaltung.
Walter Ollenik: „Aber die wollte ich nicht – auf keinen Fall. Ich habe gesagt, da bringen mich keine zehn Pferde hin. In Hattingen sind doch nur alte, viel zu konservative Leute in der Verwaltung. Die Stadt selbst kannte ich von Radtouren als Jugendlicher. Sie gefiel mir überhaupt nicht. Vor allem die Altstadt, die war doch völlig heruntergekommen.“
Walter Ollenik war halt verwöhnt nach seinem Studium von Architektur, Städtebau und Denkmalpflege in Aachen. Schon vorher, auf dem Duisburger Steinbart-Gymnasium, befand er sich in Nachbarschaft zum berühmten Lehmbruck-Museum. Dank eines kunstbegeisterten Lehrers ging es mit der Klasse oft dorthin. Schon damals faszinierten den kleinen Walter die klaren Linien des Museumsbaus.
Und dann Hattingen und dann auch noch das Bauordnungsamt. „Das war nicht gerade mein Ideal“, gesteht er, entschied sich schließlich doch dafür und blieb 15 Jahre. Es folgten zwölf Jahre im Hochbauamt – endlich. Die hatte er dem Hattinger Stadtdirektor Hans-Jürgen Augstein zu verdanken, mit dem er sich immer sehr gut verstanden habe, sagt Walter Ollenik heute noch, wie überhaupt mit allen Stadtdirektoren und Bürgermeistern bis heute, die ihm immer viele Freiheiten gelassen hätten. Diese habe er zum Wohle der Stadt gerne genutzt.
Im Hochbauamt begann die Hoch-Zeit für den Architekten, deren Spuren noch heute das Stadtbild von Hattingen prägen: „Nüchterne Zahlen waren nie mein Ding. Für Kunst und Kultur im öffentlichen Raum habe ich mich hingegen immer schon eingesetzt. Und endlich durfte ich bauen, denn ich wollte immer alles selbst machen. Den Bau des Parkhauses an der Augustastraße hatte mir Augstein allerdings schon angetragen, als ich noch bei der Bauordnung war. Es kamen weitere reizvolle und vor allem spannende und tolle Aufgaben auf mich als Architekt zu wie der Umbau des Stadtmuseums in Blankenstein, der den gesamten Ortskern gleich mit umgestaltet hat. Oder die Modernisierung des Rathauses in der Stadtmitte. Ich habe zwei Kindergärten gebaut – auch den in der Lindstockstraße, den später mein Sohn Luca besucht hat, den Anbau der Realschule Grünstraße, den an der Schule Lessingstraße und noch vieles mehr. Ja, da kommt schon einiges zusammen im Laufe der Jahre.“
Nach wie vor kann er nicht verstehen, dass Architektur und Städtebau die Menschen kaum interessiert. Dabei sei jede(r) doch eigentlich ständig von Gebäuden umgeben. Daher hat er gerne Ja gesagt, als ihm Lehraufträge an den Universitäten in Bochum und Dortmund angetragen wurden.
Kinder möglichst früh an Kunst und Kultur heranzuführen, das sei sehr wichtig. Als Beispiele nennt er „Jedem Kind ein Instrument“ (Jeki) und das durchs Land geförderte Projekt Kultur und Schule. Dabei gehen bildende Künstler in Schulen und arbeiten dort mit den Schülern, bringen ihnen so Kunst nahe.
Was dadurch vielleicht bei der jungen Generation gelingt, blieb Walter Ollenik häufig bei Älteren versagt. Natürlich, jetzt geht es um Kunst im öffentlichen Raum, die gerne gegen kaputte Straßen und marode Kindergärten und Schulen aufgerechnet werden.
Walter Ollenik: „Damals das Morandini-Tor neben dem neuen Busbahnhof, das war in aller Munde. Heute denken viele durchaus positiv darüber, auch wenn manche vielleicht sagen, endlich ist der Tor jetzt in Rente“, lacht er. Dabei hätten die Kunstwerke die Stadt nichts gekostet, sie müsse nur für deren Erhalt sorgen.
So werden wohl wieder Diskussionen nicht ausbleiben, wenn spätestens 2015 das „Weil-Tor“ da realisiert wird, wo Große und Kleine Weilstraße sich treffen. Es ist gestaltet nach einem Entwurf des Spaniers Agusti Roqué. Die Sparkassen-Stiftung wird die Kosten übernehmen, Walter Ollenik trotz des Ruhestands bei der Realisierung helfen.
Kaum zu glauben, dass für den „Neu-Rentner“ nach eigenen Worten die Familie künftig an erster Stelle kommen wird: „Ich werde den Hausmann spielen. Nach Kochbuch zu kochen traue ich mir ohne Weiteres zu. Überhaupt möchte ich meine Frau künftig mehr unterstützen – obwohl sie noch nicht so recht daran glauben will. Und an unserem schönen Haus in Essen-Stadtwald gibt es auch immer etwas zu tun.“
Wissenschaftlich arbeiten möchte er außerdem wieder verstärkt, weiterhin mitmachen in der Fachgruppe städtebauliche Denkmalpflege an der Uni Dortmund und auch weitere zwei Jahre in der Arbeitsgemeinschaft historische Stadtkerne NRW tätig sein, deren stellvertretender Vorsitzender er seit 25 Jahren ist. Hinzu kommt eine Ausstellung über die Stadtsanierung in Hattingen, die am 19. Juli im Stadtmuseum eröffnet wird, und eine weitere über historische Stadtkerne.
Vermissen wird der leidenschaftliche Denkmalschützer Walter Ollenik im Ruhestand die Menschen in Hattingen, vor allem die Kollegen: „Aber meine Frau Susanne arbeitet ja noch hier und so werde ich bestimmt bestens über alles informiert. Ich selbst war trotz zweier Beigeordnetenstellen, in die ich in Wetter und St. Augustin gewählt worden war, immer sehr zufrieden in Hattingen. Also bin ich lieber doch hier geblieben.“
Walter Ollenik ist nach seinen Worten regional sehr verbunden. Daher kommen auch keine großen Reisen für ihn infrage: „Als Traum habe ich nur, dass mein Sohn Luca nach seiner glücklichen Kindheit auch eine glückliche Zukunft haben wird.“ Sicher ist er sich: „Mein Ruhestand wird für mich eine schmerzliche Umstellung sein. Ich werde mein Leben neu strukturieren müssen und davor habe ich fast ein wenig Angst.“
Autor:Roland Römer aus Hattingen |
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