Rechtskunde-AG erlebt Gerichtspraxis

Die Schülerinnen und Schüler der 9. Klassen der Arbeitsgemeinschaft Rechtskunde des Gymnasiums Waldstraße im Gerichtssaal vor dem Richtertisch.
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  • hochgeladen von Hans-Georg Höffken

Einen „typischen Vormittag im Amtsgericht“ erlebten jetzt 20 Schülerinnen und Schüler der Klassen 9 des Gymnasiums Waldstraße. Die Schülerinnen und Schüler sind Teilnehmer der Arbeitsgemeinschaft Rechtskunde ihrer Schule und werden von Rechtsanwalt Jörg Ludwig unterrichtet und betreut.

Mehrere Stunden verbrachten sie im Zuhörerraum des Amtsgerichtes und verfolgten an diesem Tage die öffentlichen, teils turbulenten Hauptverhandlungen – überwiegend mucksmäuschenstill.

Szenen einer "unschönen Ehe"
Da ging es um heftige Streitigkeiten und um Körperverletzung innerhalb einer Ehe, um gegenseitige Beschuldigungen bis hin zum Vorwurf einer versuchten Tötungsabsicht. Auch die Frage, ob man mit einem Regenschirm eine gefährliche Körperverletzung begehen kann, wurde diskutiert. Heftige Wortwechsel zwischen der früheren Ehefrau des Angeklagten und der Verteidigerin ihres Ex-Mannes forderten von Richter Kimmeskamp eine straffe und souveräne Verhandlungsführung. Die Schüler erlebten an diesem Tage auch die Simultanübersetzung der Dolmetscherin für den türkisch sprechenden Angeklagten. Da wurden im Rahmen der Beweisaufnahme gegenseitig ausgesprochene Schimpfwörter aufgezeigt, die „weit unter der Gürtellinie“ lagen.

Am Ende dieser Hauptverhandlung forderte der Staatsanwalt für die 3 Fälle der Körperverletzung, die sich im Dezember 2016 ereignet hatten, eine Gesamtfreiheitsstrafe von 8 Monaten. Für den 42 Jahre alten Angeklagten aus Hattingen sollte diese Freiheitsstrafe aber zur Bewährung ausgesetzt werden. Die Verteidigerin des Angeklagten schenkte den Aussagen der geschädigten Ehefrau keinen Glauben und beantragte für ihren Mandanten Freispruch.

Richter Kimmeskamp sprach dann das Urteil. Für die beiden Fälle der Körperverletzung gegen die frühere Ehefrau verurteilte er den arbeitslosen, nicht vorbestraften Hattinger zu einer Gesamtstrafe von 90 Tagessätzen zu je 10 Euro, insgesamt also zu 900 Euro Geldstrafe. Eine Woche hat der Angeklagte jetzt Zeit, gegen das Urteil Berufung einzulegen.

Betäubungsmittel verändern Menschen
Wie der Konsum von Betäubungsmitteln Menschen auf ihrem Lebensweg verändert, konnten die Schülerinnen und Schüler in zwei weiteren Hauptverhandlungen erleben.

Eindrucksvoll schilderte ein 29 Jahre alter Hattinger, wieviele Jahre er schon betäubungsmittelabhängig ist, dass er schon über 4 Jahre im Gefängnis saß und selbst jetzt Methadon immer noch sein Leben beeinträchtigt. Er hat Schwierigkeiten, eine eigene Wohnung zu bekommen und eine Arbeitsstelle zu finden.

Sein Strafverteidiger Dr. Gregor Hanisch hatte mit seinem Plädoyer Erfolg, denn Richter Kimmeskamp verurteilte seinen Mandanten wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in 2 Fällen, trotz erheblicher Vorstrafen, nur zur einer Bewährungsstrafe von 4 Monaten, die er für 3 Jahre zur Bewährung aussetzte. 80 Sozialstunden muss der Hattinger aber ableisten und die Weisungen einer Bewährungshelferin befolgen.

„Das war heute total interessant“, war die einhellige Meinung der Schülerinnen und Schüler, die am Ende der Hauptverhandlungen noch außerhalb des Amtsgerichtes über die einzelnen Fälle miteinander diskutierten.

Autor:

Hans-Georg Höffken aus Hattingen

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