Rauschgiftprozess in Hattingen - Staatsanwalt „zieht die Reißleine“

Hat der Hattinger Marihuana nur für sich erworben oder damit auch gehandelt ?

Diese Frage bewegte jetzt das Hattinger Schöffengericht. Fast regungslos saß der 23 Jahre alte Angeklagte während des über dreistündigen Prozesses neben seinem Verteidiger.

Dem Angeklagten, der sich noch in der Berufsausbildung befindet, wurde vorgeworfen, in mindestens 24 Fällen mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gehandelt zu haben.

Nachdem Staatsanwalt Joachim Lichtinghagen die Anklageschrift verlesen hatte, kam es auf Antrag des Pflichtverteidigers zu einem „Rechtsgespräch“ zwischen den Prozessparteien, bei denen die Öffentlichkeit ausgeschlossen wurde.

Dieses scheint allerdings keine Übereinkunft gebracht zu haben, so dass der Angeklagte danach über seinen Pflichtverteidiger Uwe Mahnke nur erklären ließ, dass er Betäubungsmittel für den Eigenkonsum erworben hätte und darüber hinaus von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch mache. Somit musste das Schöffengericht die geladenen Zeugen vernehmen.

Zwei Zeugen wurden aus dem Gefängnis vorgeführt, weil sie bereits vom Landgericht in Bochum wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu langjährigen Freiheitsstrafen verurteilt wurden.

3 Kilo Marihuana gekauft

Es ging um insgesamt über 3 Kilogramm Marihuana mit einem Erwerbspreis von über 25.000 Euro, die der Hattinger 24 Mal in einzelnen Positionen gekauft haben soll. Der Handel damit soll im Zeitraum Juni 2015 bis Mai 2016 in Hattingen und Velbert-Nierenhof stattgefunden haben.

Ein weiterer Zeuge, der bereits vom Landgericht in Bochum zu einer Bewährungsstrafe verurteilt wurde, gestand, die Elektrik für die Rauschgift-Dealer montiert zu haben. Diese wurde für das „verkaufsfertige Verpacken“ des Marihuana benötigt. Die Dealer hatten aus einer Garage in Nierenhof und von Niederwenigern aus Marihuana auch an den Angeklagten aus Hattingen verkauft.

Polizei „hörte“ mit

Ein Rauschgift-Ermittler aus dem Bereich Organisierte Kriminalität der Polizei Bochum sagte aus, dass entsprechende Telefongespräche abgehört und aufgezeichnet wurden. Dadurch war man einem Rauschgift-Ring auf die Spur gekommen. Es kam zu diversen Festnahmen und zu einigen Prozessen, bei denen Angeklagte schon rechtskräftig verurteilt wurden. Weitere Prozesse folgen noch.

Mehrere Jahre Gefängnis drohen

Als sich während der Beweisaufnahme herausstellte, dass die dem Hattinger angelasteten Mengen von erworbenem Marihuana niedriger ausfallen würden als in der Anklageschrift aufgelistet, zeigte sich gleichzeitig aber nach den Zeugenaussagen eine Tendenz, dass das Handeltreiben vom Angeklagten wiederholt stattgefunden haben könnte.

Nun sieht der Gesetzgeber gemäß Betäubungsmittelgesetz für das Handeltreiben mit Marihuana pro Einzelfall schon eine Freiheitsstrafe von nicht unter einem Jahr vor. Selbst wenn nur 8 Fälle verwertbar sein sollten, kommt man schon auf eine Freiheitsstrafe von 8 Jahren, aus denen dann eine Gesamtstrafe zu bilden wäre.

Landgericht jetzt zuständig

Da das Amtsgericht nach dem Gerichtsverfassungsgesetz nur für Strafsachen zuständig ist, bei denen eine Freiheitsstrafe von nicht über 4 Jahren zu erwarten ist, stellte Staatsanwalt Lichtinghagen beim Schöffengericht den Antrag, das Verfahren gegen den Hattinger an die Strafkammer beim Landgericht in Essen abzugeben.
Das Schöffengericht unter Vorsitz von Richter Kimmeskamp schloss sich dann nach längerer Beratung dieser Forderung des Staatsanwaltes an. "Die Strafgewalt dieses Schöffengerichtes reicht hier nicht aus" sagte Richter Kimmeskamp in seiner Begründung. Somit wird das Verfahren jetzt beim Landgericht Essen fortgesetzt. Der Stadtspiegel wird weiterhin darüber berichten.

Autor:

Hans-Georg Höffken aus Hattingen

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