Niederwenigern: Moralische Orientierung in Zeiten des Wandels
(von Dino Kosjak)
„Fußballgötter“ kennen wir alle. Und wir wundern uns kaum noch darüber, dass sich die Sprachen des Sports und der Religion verbinden. Ebenso vertraut sind wir mit den „Göttern in Weiß“: Ärzte, die über Leben und Tod entscheiden müssen.
Solche Beispiele zeigen, dass sich das Verhältnis von Religion und Gesellschaft wandelt. Diesem Wandel gehen fünf „Ökumenische Dorfgespräche“ in Niederwenigern nach.
„Wir möchten darüber reden, wie sich die Umbrüche in der großen Welt auf die kleinen Lebenswelten der Menschen auswirken“, sagt Peter Neysters, Begründer und Moderator der Ökumenischen Dorfgespräche.
„Diese Umbrüche führen vielfach zu Verunsicherung darüber, was moralisch geboten sei – im Sport beispielsweise, wo Höchstleistungen oftmals nur noch mit Hilfe von Doping möglich scheinen. Oder in der Präimplantationsdiagnostik, die uns zwingt, unsere Vorstellungen vom Wert des Lebens zu überdenken.“ Und so gehe es in den Dorfgesprächen auch darum, das Bedürfnis nach moralischer Orientierung ernst zu nehmen, das viele Menschen spürten.
Pastor Jochen Opitz von der evangelischen Kirchengemeinde Niederwenigern betont, dass es sich um kein innerkirchliches Vorhaben handle: „Eingeladen sind gerade auch die Menschen, die der Kirche fern stehen.“
Die Ökumenischen Dorfgespräche sind in mehrfacher Hinsicht eng mit Niederwenigern verbunden. Zu den Teilnehmern zählt beispielsweise Prof. Eberhard Passarge. Der weltweit namhafte Humangenetiker wohnt in Niederwenigern. Auch der Fußball kommt nicht zu kurz: Sportreporter Manni Breuckmann wird fragen, wie sich Fußball und Religion zueinander verhalten. Und die katholische und evangelische Kirchengemeinde verstehen ihr gemeinsames Vorhaben als Erneuerung ihrer ökumenischen Arbeit. „Selbstverständlich arbeiten wir seit jeher eng zusammen“, sagt Pastor Jochen Opitz. Doch oftmals finde diese Zusammenarbeit eher hinter den Kulissen statt, beispielsweise beim gemeinsamen Engagement in Projekten zur Abschaffung der Folter. Mit den Dorfgesprächen sei die Zusammenarbeit der Gemeinden endlich auch für die Öffentlichkeit wieder deutlich. „Das ist ganz im Sinne der Einwohner Niederwenigerns“, freut sich Pastor Mirco Quint von der katholischen Kirchengemeinde St. Mauritius Niederwenigern. „Den Wunsch nach ökumenischer Arbeit haben in den vergangenen Monaten viele Menschen an mich herangetragen.“
Der Titel „Dorfgespräche“ ist freilich kein Zufall. „Damit untertreiben wir bewusst“, schmunzelt Dr. Gerhard Rohs, Presbyter in der evangelischen Kirchengemeinde. Es handle sich um keine Abwertung, sondern die Rede vom Dorf sei durchweg positiv besetzt. Schon für die „Wennischen“ sei es ganz selbstverständlich, ihren Wohnort Dorf zu nennen.
Die Wortwahl zeigt auch, dass es um die Fragen und Sorgen des Alltags geht. „Es ist keine elitäre Veranstaltung“, fasst Pastor Jochen Opitz zusammen, „die Referenten werden allgemeinverständlich vortragen und dann genauso auf die Fragen des Publikums eingehen.“
Das erste Ökumenische Dorfgespräch findet statt am kommenden Montag, 18. März, um 20 Uhr im katholischen Gemeindehaus. Prof. Eberhard Passarge spricht zum Thema „Darf der Mensch alles, was er kann? Fragen an den Humangenetiker“.
Die weiteren Termine:
6. Mai, 20 Uhr im St. Mauritius Dom: „Der Einzug der Götter ins Stadion. Fußball als neue ‚Weltreligion‘? Fragen an den Sportreporter“ (Referent: Manni Breuckmann).
13. Juni, 20 Uhr im katholischen Gemeindehaus: „Braucht der Mensch überhaupt Religion? Fragen an den Pastoraltheologen“ (Referent: Prof. Karl Heinz Schmitt).
19. September, 20 Uhr im evangelischen Gemeindehaus: „Wenn Lebensentwürfe scheitern... Fragen an den Psychoanalytiker & Eheberater“ (Referent: Dr. Elmar Struck).
November (Tag steht noch nicht fest), 20 Uhr, im evangelischen Gemeindehaus: „Wie können Menschen heute menschenwürdig sterben? Fragen an den Mediziner & Ethiker“ (Referent: Prof. Dr. Eckhard Nagel).
Autor:Roland Römer aus Hattingen |
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