Näher dran, am Schüler und seiner Familie
In der Helios Klinik Holthausen werden jedes Jahr mehrere Hundert Kinder und Jugendliche behandelt. Teilweise sind lange Aufenthalte nötig. Damit die Jungen und Mädchen in dieser Zeit nicht den Anschluss in der Schule verpassen, gibt es in der Klinik eine staatlich anerkannte private Ersatzschule. Im Rahmen der Serie „Zu Besuch...“ zeigte Schulleiterin Elke Römer dem STADTSPIEGEL, wie sich der Alltag dieser Schule vom Alltag anderer Bildungseinrichtungen unterscheidet.
„Das Schüler-Lehrer-Verhältnis ist zum Beispiel anders als an einer normalen staatlichen Schule“, so Römer, die zuvor an einem Gymnasium Englisch und Russisch unterrichtet hat. „Wir lernen die Kinder besser kennen, gehen intensiver auf einzelne Schwächen ein und erleben natürlich auch mit, ob und wie schnell die einzelnen Therapien für Fortschritte sorgen.“ Natürlich sei es oftmals auch schwer, die einzelnen Schicksale mitzuerleben. „Man ist eben näher dran, am Schüler und seiner Familie.“
Denn auch der enge Kontakt zu den Eltern gehöre dazu, ebenso wie ein stetiger Austausch mit Ärzten, Therapeuten und Sozialarbeitern. „Ich konnte keinerlei medizinisches Wissen vorweisen, als ich hier meine Arbeit begann“, erinnert sich die Lehrerin. „Doch inzwischen kenne ich mich mit den Erkrankungen und ihren Folgen gut aus.“ Regelmäßige interne Schulungen seien der Grund dafür.
„Hier gehe ich sogar richtig gerne in die Schule, mir wird nämlich sonst sehr schnell langweilig“, sagt der 14-jährige Marc. „Am besten sind die Tage, an denen auch Laska hier ist.“ Dem stimmen Simeon (16 Jahre), Dylan (13 Jahre) und Enes (7 Jahre) zu. Denn der Schulhund, den Elke Römer zweimal wöchentlich mitbringt, ist bei allen Kindern sehr beliebt. „Spielerisch können wir mit dem Hund verschiedene Fähigkeiten wiedererlernen“, so Römer. Und auch Schachspielen oder andere eigentlich ungewöhnliche Unterrichtsinhalte sollen die kognitiven Fähigkeiten fördern. Insgesamt fünf Lehrer sorgen dafür, dass die Kinder individuell, ihrem Alter und ihren Einschränkungen entsprechend lernen können.
Die Behandlungen in der Klinik sind für die Kinder und Jugendlichen meist nach Schädel-Hirn-Trauma, Hirnblutungen, Infektionen des Gehirns oder des Rückenmarks, Durchblutungsstörungen oder Ähnlichem nötig. Und so besteht der Schulalltag eben nicht nur aus Mathematik, Deutsch, Englisch und Co., sondern auch Methodentraining und Schreibtraining gehören dazu. Wahrnehmungsstörungen, Gedächtnisstörungen, Lärmempfindlichkeit, Sprach- und Sprechstörungen - all diese und weitere Einschränkungen machen den Kindern und Jugendlichen neben ihren körperlichen Beeinträchtigungen auch oft zu schaffen. „All dem muss der Unterricht natürlich angepasst werden“, so Römer.
In Kleingruppen von zwei bis drei Schülern oder aber auch im Einzelunterricht werden die Patienten unterrichtet. „Von der Grundschule bis zur Berufsschule sind hier alle Abschlüsse möglich.“ Nicht vergessen sollte man dabei aber, dass die Kinder in ester Linie Patienten sind und erst dann die Schulpflicht ansteht.
„Mit der Erlaubnis der Eltern setzen wir uns mit den eigentlichen Schulen der Kinder in Verbindung, stimmen mit ihnen ab, ob es schon vorher Auffälligkeiten im Verhalten gab oder ob diese mit den Unfällen beziehungsweise Krankheiten zusammenhängen“, erläutert die Pädagogin den normalen Vorgang. Außerdem würde man nach Lehrmaterial fragen, mit dem man arbeiten könne, um einen reibungsloses Anschluss nach dem Klinikaufenthalt zu ermöglichen. „Rund 75 Prozent können wieder ihre alte Klasse besuchen. Die anderen 25 Prozent müssen ein Schuljahr wiederholen oder aufgrund der entstandenen Beeintrachtigungen auf eine Förderschule wechseln.“
Autor:Maren Menke aus Velbert |
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