Nach dem Fußball flogen die Fäuste

Faustschläge ins Gesicht bringen den jungen Mann vor das Jugendschöffengericht in Hattingen. Er gesteht, will sein Leben aber jetzt endlich ändern.

Der Hattinger wurde 1991 geboren als Einzelkind. Die Familienverhältnisse sind schwierig. Weil seine Mutter berufstätig ist und der Vater inhaftiert, lebt er bis zu seinem 10. Lebensjahr bei der Großmutter.
Die Schule ist kein Erfolgsfaktor. Schulwechsel lösen das Problem nicht. Nach der 8. Klasse verlässt er die Schule endgültig. Alkohol und Amphetamine gehören zu seinem Leben. Seine Kumpels sind, wie sein Verteidiger ausführt, „feste Gäste dieses Amtsgerichtes“. Auch sein Cousin gehört dazu. Und er selbst hat auch Erfahrungen mit dem Gericht.
In diesem konkreten Fall geht es um Körperverletzung. Kumpels hatten sich zu einem Fußballabend in einem Bistro getroffen. Dann gab es eine verbale Auseinandersetzung. Zunächst. Und anschließend folgen die Fäuste. Der Angeklagte soll dabei zwei Männer angegriffen haben.
Das Problematische: die Tat geschah drei Tage nach der Beiordnung eines Bewährungshelfers, weil der Angeklagte schon einmal straffällig geworden war.
In der Hauptverhandlung stellt sich heraus, dass der Angeklagte selbst Opfer von Körperverletzung geworden ist und seitdem seinem Hobby Boxen frönt. Zusammen mit den anderen äußeren Umständen gelingt es dem Angeklagten bisher nicht, sein Leben in den Griff zu bekommen.
Positiv: diese Tat liegt bereits ein Jahr zurück und in den letzten Monaten ist nichts mehr passiert. Die Bewährungshelferin erklärt, der Angeklagte wolle von seinen Aushilfsjobs in die Ausbildung finden. Nach dem begonnenen Anti-Aggressionstraining habe er gute Chancen, dieses Ziel auch zu erreichen. Er lebe derzeit bei seiner Mutter und nehme auch keine Drogen mehr zu sich. Auch die Arbeitsauflagen aus dem bisherigen Prozeß habe er erfüllt. Nur das Schmerzensgeld, 1000 Euro, müsse er in Raten noch an ein früheres Opfer zahlen.
Im Gegensatz zum Erwachsenenstrafrecht muss ein Gericht bei der Anwendung des Jugendstrafrechtes bei Heranwachsenden immer auch eine erzieherische Wirkung berücksichtigen. Zur Zeit hat sich der junge Mann bewährt, entsprechende Auflagen erfüllt und eine Verurteilung könnte diese Erfolge unterbrechen.
Deshalb wird das Verfahren unter deutlichen Auflagen vorläufig eingestellt. Seine Bewährungszeit wird auf Oktober 2013 verlängert. Außerdem muss er 250 Arbeitsstunden in einer gemeinnützigen Einrichtung ableisten. Schmerzensgeld werden die Opfer auch bekommen, doch weil der Angeklagte wenig Geld hat und bereits in Raten Schmerzensgeld für ein anderes Opfer zahlen muss, dürfte hier ein Täter-Opfer-Fond einspringen.
Der Vorsitzende Richter Fran Waab machte allerdings deutlich, dass dies für den Angeklagten die letzte Chance sein dürfte, sein Leben in den Griff zu bekommen. Verspielt er sie, droht eine Freiheitsstrafe.

Autor:

Dr. Anja Pielorz aus Hattingen

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