Mensa-Test im Gymnasium Waldstraße
(von Alex Winkelnkemper)
Die Diskussion um die Schulverpflegung ist momentan wieder in vollem Gange: Ungesund, eklig, zu teuer – die Vorwürfe sind vielfältig. Ein guter Grund, eine Hattinger Schul-Mensa genauer unter die Lupe zu nehmen.
Am Neubau des Gymnasiums Waldstraße ist die Farbe kaum getrocknet, die Räume glänzen – wenn das Essen genau so frisch ist, ist ja alles in Ordnung.
Ganz so unauffällig wie gedacht funktioniert mein Test natürlich nicht. Ich habe schließlich keine Maske zur Verfügung wie Christian Ulmen, der auf diese Art mal eben auf Schüler getrimmt wird. Und zwischen Neuntklässlern fällt auch ein junger Journalist wie ich durchaus auf. Trotzdem bekomme ich natürlich dasselbe auf den Teller, wie alle anderen auch.
An der Essensausgabe habe ich die Wahl zwischen zwei Menüs, vegetarisch oder mit Fleisch. Ich entscheide mich für Kötbullar mit Kartoffeln und Rotkohl, dazu Preiselbeersauce. Als Nachtisch darf ich zwischen drei Sorten Joghurt wählen. Für 3,20 Euro kann ich über die Menge schon mal nicht meckern, heiß ist es auch. Nach drei Minuten ist der Teller schon leer – leckere Sache das! Den Nachtisch bekomme ich schon nicht mehr runter, ich bin einfach vollgestopft.
Aber sehen nur Menschen das so, die an Kantinenfutter gewöhnt sind und schon ganz anderes erleben durften?
Keineswegs: „Meistens ist das Essen echt okay!“, sind sich Hanna und Rahel einig. Den beiden 14-jährigen Vegetarierinnen bleibt zwar nicht wirklich eine Menüwahl, zufrieden sind sie trotzdem.
Und auch der neunjährige Timo kann sich nicht beschweren. „Man wird satt und kann’s essen, meistens ist alles echt in Ordnung. Und der Nachtisch ist immer gut!“
Viele kommen allerdings auch mit eigenem Essen in die Mensaräume. Vom Chinamann gegenüber oder direkt von zuhause. „Meinen Eltern war die Vorlaufzeit zu lang“, erzählt zum Beispiel der neunjährige Frederik.
Denn im Gegensatz zu mir können die Schüler nicht täglich aufs Neue wählen: Mindestens vier Tage vorher müssen sie online ankreuzen, welches Menü sie essen möchten.
„Wir empfehlen den Kindern allerdings, schon direkt nachmittags anzuklicken, was sie in der nächsten Woche essen möchten, damit sie es nicht vergessen“, erklärt Anita Stolorz. Sie ist die pädagogische Leiterin der Übermittagsbetreuung in der Waldstraße.
So wissen die Mitarbeiter der Mensa auf den Teller genau, wieviel sie bestellen müssen, denn das Essen wird personengenau geliefert. Derselbe Lieferant versorgt auch Alten- und Pflegeheime. Einen Tag vorher kommt dann alles kalt an der Schule an; am nächsten Tag macht Andrea Böhnke, die Frau hinter der Theke, das Essen warm.
Hinter ihr steht eine große Gastro-Küche, blitzblank poliert. Und überdimensioniert: „Da wurde wohl ein bisschen zu viel reingesteckt“, meint Andrea Böhnke. „Zum Warmmachen jedenfalls ist die Ausstattung ein bisschen zu groß.“
Ab 13 Uhr kommen die Kinder täglich zum Essen. Sie haben eine eigene Chipkarte, die sie auf ein Lesegerät legen. So weiß Andrea Böhnke sofort, wer welches Menü bekommt. Anders geht es auch nicht:
„Ohne dieses System könnten wir die Schüler nicht vernünftig versorgen“, erklärt Anita Stolorz. „Sonst fällt den Kindern plötzlich auf, dass Hühnchen doch toller wäre als ihre ursprüngliche Wahl. Und derjenige, der Hühnchen bestellt hatte, steht dann mit leerem Teller da.“
Für Abwechslung wird indes gesorgt: Sogar Pizza kommt manchmal auf den Tisch. Und das alles auch mit Rücksicht auf jeglichen Sonderfall: Allergiker bekommen gesondertes Essen, Schweinefleisch wird nicht verwendet.
Die Gründe, in der Mensa zu essen, sind vielfältig. Anita Stolorz: „Oft sind einfach beide Eltern berufstätig und froh, dass sie ihre Kinder mittags nicht versorgen müssen. Teilweise kennen die Kinder aber von zuhause auch gar kein gemeinsames Essen.“ In dem Fall geht also mit dem Mensaessen auch noch ein sozialer Lerneffekt einher.
Fazit: Die Kinder hauen ordentlich rein, Reste gibt es nicht in der Tablettabgabe. Viele holen sogar noch einen Nachschlag.
Und sie wissen wieso.
Autor:Roland Römer aus Hattingen |
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