Kluger Kopf: Ribal Dib möchte hier leben
Ribal Dib (25) ist Syrer und Christ. In Damaskus hatte der 25jährige eine Apotheke. Doch diese wurde komplett zerstört. Wie genau, das weiß er nicht. Jetzt versucht er, sich hier eine Existenz aufzubauen.
„Ich hatte meine Apotheke etwa zwei Jahre in Damaskus“, erzählt er. Nach seinem pharmazeutischen Studium in Syrien an einer Privatuniversität hatte er sich selbstständig gemacht.
Doch der seit zweieinhalb Jahren andauernde Bürgerkrieg in Syrien veränderte alles.
„Mein Nachbar rief mich an und erzählte, meine Apotheke sei zerstört worden. Ich weiß nicht, ob man einen Anschlag darauf verübt hat, weil man meinen Namen gelesen hat und ich als Christ dort in der Minderheit bin. Vielleicht war es aber auch eine Folge der terroristischen Auseinandersetzungen. Geklärt werden wird das nicht. Es gibt keine Untersuchung.“ Und es gibt auch keine Versicherung, die den Schaden ersetzen würde.
Für Ribal Dib stellte sich allerdings die Frage, was er nun machen wollte. „Zuerst wollte ich nach Amerika gehen. Ich habe mein Studium in Englisch absolviert. Dann habe ich mit meinem Onkel telefoniert. Er ist Zahnarzt im Kreis Borken. Und dann habe ich die Deutsche Botschaft im Libanon aufgesucht. In Syrien gibt es keine deutsche Botschaft mehr. Auf Einladung aus Deutschland bin ich dann vor vier Monaten hierher gekommen. Man braucht einen Bürgen und Geld. Ich habe dann eine private Sprachschule besucht und alle meine Papiere mitgenommen, um meine Ausbildung in Syrien nachweisen zu können. Jetzt muss ich hier in Deutschland die Sprachprüfung B2 nachweisen und ein Praktikum in einer Apotheke machen, um die Approbation zu bekommen. Das mache ich hier in der Straussen-Apotheke.“
Sein Onkel, der mit einer Deutschen verheiratet ist, hat Ribal Dib unterstützt. Noch wohnt der junge Syrer in Essen, würde aber gern eine Wohnung in der Hattinger Innenstadt mieten. Dass er in Deutschland bleiben möchte, ist für ihn klar: „In Syrien gibt es keine Infrastruktur aufgrund des Bürgerkrieges. Man hat dort keine Zukunft. Ich bin sehr gut qualifiziert, aber man bekommt dort kaum Medikamente. Und es gibt viele Menschen, die die Medikamente gar nicht bezahlen können. Es gibt in Syrien keine gesetzliche Krankenversicherung. Die Menschen gehen oft direkt in die Apotheke und man ist Arzt und Apotheker in einer Person.“
„Der Bürgerkrieg hat Syrien um Jahre zurückgeworfen“, meint auch Riyad Rifaie, der die Straussen-Apotheke führt und dessen Vater Syrer ist. Er hat Ribal Dib über Internetkontakt auf der Seite der Apothekerkammer kennengelernt und bietet ihm nun eine Praktikumstelle. „Ich habe ihn angerufen. Gut ausgebildete Apotheker gibt es nicht an jeder Ecke.“
Ribal Dib hat in nur drei Monaten sehr gutes Deutsch gelernt und kämpft nun mit den vielen Verordnungen in Deutschland. „Es gibt viel mehr Medikamente. Es gibt Rabattverträge mit den Krankenkassen, was ich gar nicht kannte“, berichtet er.
Grundsätzlich hat der junge Syrer in Deutschland die besten Chancen, denn das Land braucht und will qualifizierte junge Ausländer anwerben. Angesichts des Fachkräftemangels in vielen Berufen kämpft man um kluge Köpfe und konkurriert damit vor allem mit den USA. Auch Ribal Dib wollte zuerst in die Vereinigten Staaten gehen. Doch in Deutschland gefällt es ihm gut und er will bleiben.
Per Skype hält er Kontakt zu seiner Familie in Syrien. Leben will er dort nicht mehr.
Auch Riyad Rifaie hat noch Kontakte in das Land seines Vaters. Dort zu leben – diese Frage hat sich für Riyad Rifaie nie gestellt. Er ist in Essen geboren und kennt Syrien nur als Urlaubsland, um die Familie seines Vaters zu besuchen. „Es gibt dort keine Zukunft. Selbst wenn der Bürgerkrieg irgendwann beendet ist, dauert der Aufbau des Landes Jahre“, so Ribal Dib. Zu lange für den Syrer, der sich hier eine Existenz aufbauen möchte.
Autor:Dr. Anja Pielorz aus Hattingen |
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