Kein Fahrverbot für Profi-Fußballer Leon Goretzka
Zum vierten Mal musste sich das Amtsgericht Hattingen am 24.6.2016 mit dem Bußgeldverfahren gegen Leon Goretzka, Profi-Fußballer beim FC Schalke 04, beschäftigen.
Am 26. Oktober 2014 soll er um 00.29 Uhr auf der A46 am Kreuz-Wuppertal Nord auf der linken Spur mit 110 statt der erlaubten 70 km/h geblitzt worden sein. Bei rechtskräftiger Verurteilung unter Berücksichtigung eines früheren Verkehrsvergehens drohen ihm dafür ein Fahrverbot von einem Monat, 120 Euro Strafe und zwei Punkte in Flensburg. Gegen den entsprechenden Bußgeldbescheid des EN-Kreises hatte er Einspruch eingelegt.
Angeklagter nutzte sein Schweigerecht
Bei allen Terminen vor dem Hattinger Amtsgericht machte der Profi-Fußballer von seinem Schweigerecht Gebrauch. Sein Verteidiger Rechtsanwalt Benecken wies in einer Erklärung das Gericht bereits am 29.10.2015 auf die für seinen Mandanten "gravierenden Folgen" eines möglichen Fahrverbotes hin, zumal der Profi-Fußballer eine "Person des öffentlichen Lebens" sei und er keinen normalen Beruf sondern einem "exponierten Beruf" mit besonderen Anforderungen nachgehe.
Im Verlauf der bisherigen Hauptverhandlungen wurde von den beiden Anwälten des Fußball-Profis die Funktionstüchtigkeit der Messanlage der Autobahn und das erstellte Bild mit den angezeigten Werten angezweifelt. Man beantragte, die Schulung der Polizeibeamten bei der Auswertung und die technische Überprüfung der Messsensoren auf der Fahrbahn gemäß Herstellervorschrift nachweisen zu lassen. Auch ein Mitarbeiter des EN-Kreises, der die Daten auf einen Datenträger speichert und zum EN-Kreis transportiert, wurde als Zeuge gehört.
Bei dem heutigen Termin, bei dem Leon Goretzka nicht mehr erscheinen musste, erläuterten noch einmal seine Rechtsanwälte Benecken und Simonis, warum nach ihrer Meinung das Gericht von einem Fahrverbot absehen könnte.
Eine Geschwindigkeitsüberschreitung zur Nachtzeit sei gefährdungsmäßig nach Ansicht der Anwälte anders zu bewerten als eine Überschreitung tagsüber im Berufsverkehr. Das drohende Fahrverbot würde ja auch nur durch die Vorbelastung begründet.
Rechtsanwalt Simonis erläuterte dann noch einmal ausführlich verschiedene Stellungnahmen des BGH und anderer Oberlandesgerichte zum standardisierten Messverfahren und der erforderlichen Erkenntnisquellen zur Beurteilung der Fehlerhaftigkeit dieser Anlagen.
Öffentlichkeit wurde vorübergehend ausgeschlossen
Dann wurde die Sitzung zur internen Besprechung unterbrochen und die Öffentlichkeit musste den Sitzungssaal verlassen.
Nach 15 Minuten wurde die Hauptverhandlung unter dem Vorsitz von Amtsgerichtsdirektor Waab fortgesetzt. Die Anwälte des Profifußballers erklärten dann überraschend, dass der Verkehrsverstoß eingeräumt und das Meßergebnis nicht mehr angezweifelt würde.
Da die Vortat vom 11.3.2013 am 22.1.2014 rechtskräftig wurde und diese Voreintragung, wie Richter Waab erklärte, in wenigen Wochen getilgt sei, müsste man dann von einem nicht Vorbelasteten ausgehen und könnte auch dann kein Fahrverbot verhängen. Da zudem das Jugendstrafrecht nicht die Bestrafung, sondern eine erzieherische Wirkung in den Vordergrund stellt, kämen andere erzieherische Maßnahmen in Frage.
Zudem hätte auch der Profifußballer durch die Begleitumstände des Prozesses in seiner exponierten Stellung gelitten.
Unter Einbeziehung des Antrages der Staatsanwaltschaft erfolgte dann der Urteilsspruch des Jugendgerichtes.
Der Profifußballer wird wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Geschwindigkeit zu einer Geldstrafe von 600 Euro verurteilt, muss die Gerichtskosten zahlen und an einem Verkehrserziehungskurs der Kreispolizeibehörde in Schwelm teilnehmen. Ein Fahrverbot wurde nicht verhängt.
Das Urteil erlangte noch im Gerichtssaal Rechtskraft. Die geladenen Zeugen wurden nicht mehr gehört.
Autor:Hans-Georg Höffken aus Hattingen |
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