Junge Studentin Schuld am Tod eines Fußgängers

Manchmal müssen selbst Richter und Staatsanwalt schlucken. Das war bei der 22jährigen angeklagten Studentin der Fall, die im Sommer 2015 einen alten Mann in Hattingen auf der Grünstraße überfahren hat. Sie stand unter Alkohol, war zu schnell unterwegs und ist seit diesem Tag nur noch ein Häufchen Elend. Jetzt musste sie sich vor dem Schöffengericht für die Tat verantworten.

Damals, an diesem warmen Sommertag im August 2015, ging es der jungen Frau nicht gut. Einer Magersucht entronnen, auf der Suche nach einem Studienplatz, kassierte sie von den Universitäten eine Absage nach der anderen. In der Nacht vor dem schrecklichen Unfall schlief sie nicht, betäubte stattdessen ihre Sorgen mit dem Trinken von zwei Flaschen Wein. Am nächsten Tag sprach sie gegen Mittag mit einer Freundin. Die jungen Frauen wollten am Wochenende zu einem Musikfestival fahren, doch sie musste zunächst mit der Chefin klären, ob sie ihre Kellnerschicht verschieben konnte. Nach dem Termin schlug die Freundin vor, man könne doch nach Sprockhövel ins Freibad fahren. Sie wollte die traurige Freundin ablenken, will auch im Verhalten nichts von Alkohol bemerkt haben. Also holte man die Badesachen, stieg in der Südstadt in das Auto der Angeklagten und fuhr los. Weit kam man nicht. Auf der Grünstraße prallte das Fahrzeug mit dem die Straße gerade überquerenden 83jährigen Fußgänger zusammen. Die Verletzungen des Mannes waren so schwer, dass dieser noch am gleichen Abend im Krankenhaus starb.
Seitdem ist nichts mehr, wie es war. Die Angeklagte steht völlig neben der Spur, befindet sich in neuropsychologischer Behandlung. Blass und verweint gibt sie mit leiser Stimme Auskunft. Dass sie gefahren ist, mit mindestens 45 Kilometern zu schnell unterwegs war (in der Grünstraße ist dort Tempo 30 vorgeschrieben) und von der vorherigen Nacht noch erhebliche Mengen Alkohol im Blut hatte (gemessen wurden knapp zwei Stunden nach dem Unfall 1,35 Promille) steht außer Frage und wird auch von der Angeklagten nicht bestritten. Überhaupt versucht die junge Frau nicht, irgendeine Entschuldigung zu finden.
Zeugin des Unfalls wurde die Kusine des Opfers, die sich noch wenige Minuten zuvor mit ihm unterhalten hatte. Der 83jährige war auf dem Weg zum Friedhof, weil vor einem Jahr seine Frau verstorben war. Sie hatte sich gerade von ihm verabschiedet und war wenige Meter gegangen, als sie den Aufprall hörte. Auch sie bestätigt, dass das Auto zu schnell gefahren war.
Zwar kommt ein Gutachten zu dem Ergebnis, dass nicht nur die Angeklagte und die Beifahrerin den Fußgänger hätten sehen müssen – die Lichtverhältnisse waren gut -, sondern auch der Fußgänger das Fahrzeug hätte bemerken müssen, doch das hilft nicht mehr. Ein sichtlich betroffener Staatsanwalt Joachim Lichtinghagen fordert eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten, die nicht zur Bewährung ausgesetzt werden kann. Die Verteidigerin bittet um eine Bewährungsstrafe, Das Schöffengericht verurteilt die junge Frau zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren ohne Bewährung. Für die Dauer von 1,6 Jahren darf keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden. Das dürfte aber für die junge Frau das kleinste Problem sein.

Autor:

Dr. Anja Pielorz aus Hattingen

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