Junge Leute mit hohen Schulden vor Gericht
„Ich hab` das einfach aus Liebe getan, sagte die 20 Jahre alte Hattingerin zu Richter Waab, als sie sich wegen Betruges vor dem Jugendgericht zu verantworten hatte.
Ihr früherer Freund, mit dem sie zusammenwohnte, soll sie psychisch ausgenutzt, unterdrückt und ihr das Kindergeld weggenommen haben. Um sich überhaupt etwas kaufen zu können und um ihre Wünsche zu erfüllen, bestellte sie mehrmals bei Versandhäusern Waren und ließ die Rechnung dazu einer früheren Bekannten aus Grundschulzeiten schicken. Diese wusste natürlich von nichts, reklamierte die Rechnungen und so wurde der Betrug entdeckt.
Keinen Überblick über ihre Schulden
Die Hattingerin hatte sich erst im Januar 2017 wegen Diebstahls vor Gericht zu verantworten und musste als Strafe dafür einen Geldbetrag an die Lebenshilfe bezahlen.
Nach eigenen Angaben hat sie, die sich noch in einem Praktikum befindet, überhaupt keinen Überblick mehr über ihre Schulden. Sie hofft, mit Unterstützung einer Mitarbeiterin der Caritas, die auch die Angeklagte vor Gericht begleitete, einen Termin bei der Schuldnerberatung zu erhalten. Danach will sie eine Privatinsolvenz beantragen.
Reifeverzögerung erkannt
Da das Gericht bei der Hattingerin eine Reifeverzögerung erkannte, wurde das Verfahren auf die Dauer von 2 Monaten vorläufig eingestellt. Nach Weisung der Jugendgerichtshilfe muss die Hattingerin in dieser Zeit 40 Stunden gemeinnützige Arbeit als Strafe für den Betrug leisten.
Aus der Strafhaft in den Gerichtssaal
Gerade zwei Tage aus der JVA entlassen, saß der Angeklagte aus Sprockhövel wieder auf der Anklagebank des Jugendgerichtes. Bei ebay-Kleinanzeigen hatte er Waren angeboten und dafür Geld erhalten. Allerdings besaß er die angebotenen Gegenstände überhaupt nicht und hatte somit auch nicht vor, diese zu versenden. „Das ist Betrug und der ist strafbar“ sagte die Staatsanwältin zu dem Heranwachsenden aus Sprockhövel.
40.000 Euro Schulden
Als Grund gab auch dieser finanzielle Engpässe an. Die Höhe seiner Schulden bezifferte der Sprockhöveler, gerade 20 Jahre alt, mit etwa 40.000 Euro durch Handy-Vertragsbetrug und wegen Schadenersatzforderungen aufgrund eines von ihm „gecrashten“ Polizeiwagens.
Weil er eine frühere Geldstrafe schon nicht zahlen konnte, saß er gerade zwei Monate im Gefängnis. In dieser Zeit will er sich vorgenommen haben, sein Leben zu ändern.
Vor allem will er jetzt weg von seiner Drogensucht, die ihn vollkommen gleichgültig und depressiv werden ließ. In diesem Zustand, so seine Einlassung vor Gericht, beschimpfte er sogar seine eigenen Eltern auf das Übelste.
Obwohl er in früheren Gerichtsverhandlungen schon als Erwachsener verurteilt wurde, erkannte die Jugendstrafkammer hier noch einmal eine Reifeverzögerung und unterstellte den Heranwachsenden für ein Jahr dem Jugendamt in Sprockhövel. Den Betreuungsweisungen des Jugendamtes muss er nun nachkommen und zusätzlich 100 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten. Das Jugendamt wird sich jetzt darum kümmern, einen Kostenträger zu finden, der eine stationäre Therapie für den Angeklagten übernimmt. Außerdem sollen jetzt Kontakte zum Job-Center für den Heranwachsenden hergestellt werden.
Nach dem Schuldneratlas 2016 müssen derzeit rund 1,66 Millionen junge Menschen in Deutschland (unter 30 Jahre) als überschuldet eingestuft werden. Unter dem Begriff Überschuldung versteht man den Zustand exzessiver Schulden, den der Schuldner nach menschlichem Ermessen nicht mehr aus vorhandenen Einnahmen oder Vermögen beseitigen kann.
Autor:Hans-Georg Höffken aus Hattingen |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.